«Fachkräftemangel: auch eine Frage der Führungskultur!» – unter diesem Titel lud hotelleriesuisse Mitglieder sowie Gäste aus Politik und Wirtschaft zum 10. Tag der Schweizer Hotellerie nach Luzern ein. Der Nachwuchs- und Fachkräftemangel sei ein Thema, das in Mitgliederumfragen des Verbandes regelmässig als eine der grössten Herausforderungen genannt werde. In der jüngsten Umfrage vom Mai 2017 stünden Rekrutierungsprobleme an 3. Stelle, teilte der Verband mit.

«Wir von hotelleriesuisse setzen bei der Aus- und Weiterbildung und der Talentförderung an», erklärte Präsident Andreas Züllig im Interview mit Moderatorin Marina Villa. Die Wirtschaft kämpfe um eine abnehmende Zahl von Schulabgängern. Deshalb seien für die Hotellerie Angebote wie der neu geschaffene Beruf Hotel-Kommunikationsfachfrau/-mann EFZ von grösster Bedeutung. 150 Lernende starten die neue Ausbildung im August. «Das grosse Interesse zeigt, dass der Beruf sowohl den Bedürfnissen der Branche als auch den Neigungen der Jugendlichen entspricht», so Züllig.

Höhere Stipendien für Ausbildungen in Hotellerie und Gastronomie
Um Nachwuchs- und Fachkräfte noch wirksamer zu fördern, hat die Stiftung Tschumi ihre Unterstützungskriterien überarbeitet. Neu stehen jährlich rund eine Viertelmillion Franken an Stipendien für Studierende zur Verfügung (à fonds perdu). Davon profitieren sollen u.a. Schüler der Hotel-Tourismus-Handelsschulen und Studierende der Hotelfachschulen von hotelleriesuisse, namentlich der École hôtelière de Lausanne, der Swiss School of Tourism & Hospitality Passugg und der Hotelfachschule Thun. Neu werden auch Studierende gefördert, die einen Austausch mit den Affiliate Schools von hotelleriesuisse im Ausland absolvieren. «Mit den Mitteln der Stiftung Tschumi können wir nun auch leistungsstarke Fachkräfte mit beschränkten Mitteln auf ihrem Ausbildungsweg unterstützen», hielt hotelleriesuisse-Direktor Claude Meier fest. «Damit wollen wir einen weiteren Beitrag leisten, um guten Mitarbeitenden spannende Karrierewege in unserer Branche zu ermöglichen.»

Führungskultur im Wettbewerb um Talente immer entscheidender
In seinem Gastreferat ging Prof. Dr. Christoph Clases (Fachhochschule Nordwestschweiz / AOC Unternehmensberatung) auf die aktuelle Diskussion über moderne Führungsmodelle ein. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels spiele die Führungskultur eine entscheidende Rolle. «Der Fachkräftemangel ist ein Fakt, daran ändert auch das beste Betriebsklima nichts», hielt der Experte für Fragen zu Führung und Zusammenarbeit fest. «Aber Unternehmen mit einer modernen Führungskultur haben im Wettbewerb um gute Mitarbeitende die Nase vorne.»

Doch ist eine hierarchiearme Führungsstruktur zum Beispiel in einer Hotelküche, in der jeder Handgriff genau auf den nächsten abgestimmt sein muss, überhaupt möglich? «Holacracy ist ein kontrovers diskutierter Führungsstil und nicht beliebig auf jedes Unternehmen anwendbar. Zudem muss jedes Unternehmen für sich die angemessene Umsetzung definieren», so Clases. Die Einstellung zur Arbeit habe sich deutlich gewandelt. Die Herausforderung bestehe darin, die Erwartungen und Bedürfnisse der jungen Generation und die betrieblichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen.

«Millennials fordern Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Sinnhaftigkeit. Das waren schon immer Elemente einer guten Führungskultur; jetzt werden sie schlicht noch bedeutsamer. Es braucht nicht zwingenderweise Holacracy, um diese einzulösen», so Clases. Diese Aspekte müsse die Hotellerie und der Tourismus – wie die gesamte Wirtschaft – stärker gewichten. Gleichzeitig betonte Clases auch die spezifischen Chancen der Hotellerie: «Millennials arbeiten gerne projektbezogen, teilzeit und an wechselnden Arbeitsorten. Gerade die Saisonhotellerie hat ihnen hier einiges zu bieten.» Das Mitarbeiter-Sharing von Tessiner und Bündner Saisonbetrieben ziele zum Beispiel genau in die richtige Richtung. Die Mitarbeitenden der beteiligten Hotels arbeiten im Winter im Bündnerland, im Sommer im Tessin. (htr/pt)