Im Landhaus Liebefeld (BE) wird nun auch gedruckt – und nicht nur gekocht. Dank dem 3D-Drucker erhalten vegane Gerichte Formen, die sich mit den herkömmlichen Techniken nicht herstellen lassen. Für den Geschäftsführer Tom Christen ist das «Caveau» Experimentierfeld und Versuchslabor zugleich, um die zur Verfügung stehenden technologischen Hilfsmittel zu testen.

Denn er ist überzeugt, dass 3D-Drucker in nicht allzu weiter Ferne ihren fixen Platz in der Küche haben werden, wie ein Paco Jet oder ein Holdomat: «Ich gehe davon aus, dass der Drucker vor allem in der Gourmetküche Einzug halten wird. Eventuell sogar in den allgemeinen Gastroküchen als zusätzliches Hilfsmittel», so der Geschäftsführer weiter.

Der 3D-Drucker biete grosse Vorteile, müsse aber noch einfacher zu bedienen sein. Bis es so weit ist, tüftelt die «Caveau»-Crew weiter und testet die Möglichkeiten des 3D-Druckers mit Pürees, Pasten und Bindemitteln immer wieder neu. Das Ziel von Tom Christen und dem Küchenchef Yaki Gallardo ist es, den 3D-Drucker fix ins Küchensortiment aufzunehmen. Die Gäste reagieren jedenfalls schon jetzt sehr interessiert auf die «Maschine».

«Der Aufwand ist hoch und rechnet sich finanziell nicht»
Die Compass Group Schweiz – in der Gemeinschaftsgastronomie und im Eventcatering tätig – arbeitet ebenfalls mit einem 3D-Drucker. Dies jedoch ausschliesslich für den Bereich Fine Dining, um dort essbare Dekorationen wie Logodrucke aus Püree oder essbare Formen aus Schokolade herzustellen und so einen besonderen Effekt zu erzeugen.

«Der Aufwand ist hoch und rechnet sich finanziell nicht. Wir betrachten den Einsatz jedoch im Gesamtkonzept», erklärt Silvia Zysset, Manager Marketing und Kommunikation. Für die Gemeinschaftsgastronomie sei der 3D-Drucker in seiner aktuellen Technologie nicht geeignet. «Wir verfolgen jedoch jegliche Weiterentwicklung aufmerksam und sind offen für Innovationen.»

Preis
3D-Food-Drucker bewegen sich preislich zwischen 1000 und 5000 Euro. Mittlerweile gibt es diverse Drucker für den professionellen Gebrauch auf dem Markt.
Einsatz
Der Lebensmittel-3D-Drucker verarbeitet pastenartige Zutaten zu feinen und filigranen Formen, indem er die Pasten schichtweise aufbaut. Die notwendigen Druckvorlagen können mittels CAD-Programmen (Computer Aided Design) erstellt werden.
Nische
In vielen Branchen wie der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt sowie der Medizin- und Zahntechnik hat diese Technologie mittlerweile ihren festen Platz. In der Gastronomie ist Food-Printing jedoch noch ein Nischenmarkt.

Wenn alles aus dem 3D-Food-Drucker kommt
Auch wenn der 3D-Drucker in der Gastronomie noch nicht sehr verbreitet ist und durchaus als USP genutzt werden kann, beschäftigt er die Foodbranche schon seit längerem. So sorgte 2016 das Konzept «Foodink» für Furore. Ein Restaurant, in dem alle Speisen mit dem Drucker zubereitet werden.

Der Unternehmer Antony Dobrzensky lancierte das Konzept mit einem interdisziplinären Team in London und gastierte danach in Paris, New York, Tokio und Berlin. Der Clou an der Sache: Nicht nur die neun Gerichte, sondern auch das Interieur stammte aus dem 3D-Food-Drucker.

Einer, der sich ebenfalls seit Jahren mit der Technologie beschäftigt, ist der spanische Spitzenkoch Paco Morales. Er war massgeblich in die Entwicklung des 3D-Druckers Foodini – mittlerweile in Profiküchen rund um den Globus im Einsatz – des spanischen Unternehmens Natural Machines involviert.

An der diesjährigen Kulinarikmesse Madrid Fusión gewährte der 2-Sterne-Koch Einblick in seine neusten Forschungsergebnisse. Sein erklärtes Ziel: Er will Kreationen aus dem Drucker in seinem Gourmetlokal Noor in Córdoba servieren. Jedoch erst, wenn die kulinarischen Druckerzeugnisse seinen hohen Qualitätsanforderungen gerecht werden.

Der Drucker kann repetitive, hochpräzise Arbeiten erledigen
Christine Schäfer vom Gottlieb-Duttweiler-Institut sieht im Einsatz von 3D-Food-Druckern durchaus Möglichkeiten. Nicht nur in der Spitzengastronomie, wo der Drucker repetitive, hochpräzise Arbeiten übernehmen könnte, sondern auch in der Patisserie – für Feines und Filigranes. Weitere mögliche Einsatzbereiche ortet die Forscherin aber auch in der Spital- und Heimgastronomie, um Gerichte für Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden in Form zu bringen.

Der Technologie gegenüber skeptisch eingestellt ist Ivo Adam. «Meines Erachtens ist der 3D-Drucker eher eine Spielerei. Vielleicht kann man damit in der Spitzengastronomie Akzente setzen», so der Gastrounternehmer. In seiner Wirkungsstätte, dem Casino Bern, steht jedenfalls kein 3D-Drucker in der Küche. Ähnlich sieht es Renato Wüest, Executive Chef im Grand Hotel Hof in Bad Ragaz. Er bezweifelt, dass der 3D-Drucker in der Lebensmittelbranche je zu einem fixen Bestandteil werden wird.

Der 3D-Food-Drucker am Pass als Ergänzung zur Küchencrew
Sebastian Titz, Küchenchef im Restaurant Verve by Sven in Bad Ragaz, könnte sich den Einsatz in Verbindung mit Schokolade durchaus vorstellen. «Ich denke da an personalisierte Amenities für unsere Gäste.» Zudem sieht er ganz neue Möglichkeiten bei der Herstellung von Formen, um darin Komponenten eines Gerichts anzurichten.

Als grosses Manko betrachtet er jedoch die Tatsache, dass ein 3D-Drucker nur Püriertes drucken kann. Denn Essen hat für den 1-Sterne-Koch ganz viel mit Haptik und Emotionen zu tun. «Aber wer weiss, vielleicht haben wir dereinst am Pass einen Drucker, der Pürees in schönen Ornamenten auf den Teller bringt, und wir Köche richten die anderen Komponenten dazu an», so Titz.

Ob reine Spielerei oder probates Hilfsmittel – den Lebensmittel-3D-Drucker gilt es sicherlich im Auge zu behalten. Über den Einsatz in der Gastronomie hinaus ist die Forschung in der Lebensmittelindustrie bereits weit fortgeschritten. Etwa im Bereich der personalisierten Nahrung oder bei der Herstellung von pflanzlichen Fleischalternativen.