Gastkommentar von Jürg Domenig, Geschäftsführer von HotellerieSuisse Graubünden.

Im Jahr 2013 herrschte in der Hotellerie richtige Katerstimmung – die Olympia-Abstimmung ging am 3. März knapp bachab, und der Euro war auf einem historischen Tiefstand. In dieser schwierigen Zeit war für die Branche ein positiver Impuls gefragter denn je. Im Frühling 2013 startete HotellerieSuisse Graubünden das Projekt «Leuchtturm» mit dem Ziel, so viele Hotelbetriebe wie möglich zu motivieren, ihren CO2-Ausstoss zu senken und die Energieeffizienz zu steigern. Innerhalb weniger Monate konnten über 90 4- und 5-Sterne-Hotels gewonnen werden, die mehr als 60 Prozent der Übernachtungen in Graubünden generieren. [IMG 1]

Dieser Erfolg erstaunte auch die Fachwelt, und manch einer fragte sich, weshalb sich die Hoteliers so zahlreich zu diesem Projekt bekannten. Heute wissen wir, es war ein Mix zwischen erkanntem Gästebedürfnis an nachhaltigem Umgang mit Energie und Sensibilität des Hoteliers für Umweltthemen. Haupttreiber war zugegebenermassen die ökonomische Sicht, nachdem Energiekosten drei bis fünf Prozent des Umsatzes ausmachen, was bei einem grösseren Hotel schnell einmal eine halbe Million Franken sein kann. Natürlich gab es innerhalb und ausserhalb der Branche Skeptiker, die nicht an die bis Ende 2020 in Aussicht gestellten Einsparungen von 20 Millionen Franken glaubten, zumal das Projektteam keine gesicherten Zahlen hatte und sich auf Modellrechnungen über 8 Jahre abstützen musste.

Wie ist der Stand heute nach sechs Jahren? Von den ursprünglich 98 Bündner Tourismusbetrieben sind noch 89 dabei. Mit sehr wenigen Ausnahmen erfüllen alle Unternehmungen die mit dem Bundesamt für Umwelt abgeschlossenen Zielvereinbarungen dank intensivem Coaching von professionell agierenden Energieberatern. Und der wirtschaftliche Nutzen wird sogar über den im 2013 formulierten Zielen liegen! Ende der Verpflichtungsperiode im Jahr 2020 wird der Ertrag aufgrund der zurückerstatteten CO2-Abgabe und der eingesparten Energie über 25 Mio. Franken betragen. Das bedeutet eine Einsparung von 8 Millionen Litern Heizöl bzw. Gas, was dem Energieverbrauch von 5400 Einfamilienhäusern pro Jahr entspricht. Der CO2-Ausstoss wird um 20 000 Tonnen reduziert – so gross sind die Emissionen von 12 000 Autos mit 10 000 km pro Jahr bei einem Durchschnittsverbrauch von 8 Litern auf 100 Kilometer.

Mit diesem Erfolg hat die Bündner Hotellerie lange vor den aktuellen, sehr emotional geführten Klimadiskussionen den Tatbeweis für nachhaltigen Umgang mit fossilen Brennstoffen erbracht. Die Klimadiskussion ist in der Schweiz angekommen, und das ist gut so. Nicht gut ist, wenn mit grünen Themen Parteipolitik auf dem Buckel der Bevölkerung gemacht wird. Ich bin überzeugt, dass das neu besetzte Parlament das Regulatorium und die Abgaben auf Treibstoffen und Flugtickets noch massiv verschärfen wird, was letztendlich den Konsumenten belastet. Ich frage mich, weshalb die Politik nicht aus guten Beispielen wie dem Projekt «Leuchtturm» lernt und sehr konsequent auf lohnende Anreize setzt, die zum Energiesparen motivieren. Die Schweizer Bevölkerung wird sich auch bei neuen Abgaben und Auflagen die Mobilität nicht nehmen lassen. Leider werden die Folgen letztlich wieder an der Wirtschaft hängen bleiben, nachdem aufgrund der vorhersehbaren neuen Kosten ein zusätzlicher Lohndruck entsteht, was alles andere als gut für die Schweizer Wirtschaft ist.

Die htr hotelrevue berichtete am 31. Oktober unter anderem zum «Leuchtturm»-Projekt (S. 3, E-Paper-Zugang für Abonnenten).

Jürg Domenig