Artikel von Gerhard Lob

Seit geraumer Zeit sorgt das Projekt für ein Luxusresort im Quartier Monte Brè ob Locarno für Zündstoff. Nur häppchenweise waren bisher offizielle Infos an die Öffentlichkeit gelangt. Bekannt wurde das Vorhaben vor allem, weil die Bürgergruppe «Salva Monte Brè» dagegen mobil machte; zudem war 2019 eine kommunale Volksinitiative lanciert worden, um den Zonenplan in dem auf 1000 Meter Höhe gelegenen Weiler zu regulieren und vor überdimensionierten Projekten zu schützen.

Aedartis AG 
Gemäss dem Handelsregister des Kantons Schwyz bezweckt die Gesellschaft Aedartis AG mit Sitz in Pfäffikon «die operative Leitung von Hotels sowie die Projektierung, Realisierung und Verwaltung von Immobilienprojekten auf eigene oder fremde Rechnung. Ferner bezweckt sie die Erbringung von Management- und Beratungsdienstleistungen für Dritte.» Verwaltungsratspräsidentin ist Tibor Müller, CEO Marc Sontag. Ausgeschieden ist im Jahr 2019 Oliver Wolfensberger, der für mehrere Hotelinvestments bekannt ist.

Diese Woche ist nun die zuständige Immobilienentwicklerin Aedartis AG in die Offensive gegangen. Im Palacinema von Locarno präsentierte die Gesellschaft mit Sitz in  Pfäffikon (SZ) ihr Hotelprojekt der Öffentlichkeit. Aedartis ist der neue Name der Augurinvest AG, welche ursprünglich das Projekt vorangetrieben hatte (Nachzulesen in der htr hotel revue vom 10. Januar 2019). 

5-Sterne-Luxusresort soll wie ein «authentisches Tessiner Bergdorf» aussehen
Gemäss Geschäftsführer Marc Sontag ist unter dem Namen «Borgo Miranda» geplant, ein 5-Sterne-Hotel mit 17 Hotelsuiten, 53 Hotelapartments im Stockwerkeigentum, zwei Restaurants, eine Bar, zudem einen Wellness-Bereich mit Innen- und Aussenpools, Bäckerei/Café-Bar, Konferenzräumen und Kids Club zu verwirklichen. «Mit dem Hotelprojekt wollen wir die Attraktivität der touristischen Destination nachhaltig steigern», so Sontag, der zum grossen Ärger des anwesenden Tessiner seinen Vortrag auf Deutsch hielt, weil er kein Italienisch spricht. Immerhin wurde eine Simultanübersetzung angeboten. 

In den Entwürfen für das Resort sieht man viele kleine Häuser, die unterhalb des neuen Hotels wie Würfel am Hang kleben. Patrice Gruner, CEO und Gründer des Basler Architekturbüros Gruner & Friends, das für den Entwurf verantwortlich zeichnet, erklärte: «Wir wollen eine Ganzjahresdestination schaffen, die sich wie ein authentisches Tessiner Bergdorf in die Landschaft integriert und nebst den Hotelgästen auch externen Besuchern offensteht. Das Design nimmt die Sprache der lokalen Architektur in Material und Form auf.» Tatsächlich hat man sich von den Rustici im Bavonatal inspirieren lassen; dabei wird neben Granit auch auf Holz und Glas gesetzt. Das Resort soll nachhaltig und ressourcenschonend gebaut werden.

Stadtregierung blieb dem Anlass fern
Insgesamt ist die Überbauung eines 1,4 Hektar grossen Areals geplant. Es handelt sich nur um zirka die Hälfte des Terrains, das von der Gesellschaft bereits erworben wurde. Was mit den anderen Ländereien geplant ist, wurde nicht gesagt. Innerhalb von 10 Tagen soll das Baugesuch bei der Stadt Locarno eingereicht werden. 

Laut Marco Sontag ist die Planung dieses Bauprojekts konform mit dem aktuell rechtsgültigen Zonenplan und unterliegt dem üblichen Baubewilligungsverfahren. Bei den Gegnern des Projekts sieht man dies anders, insbesondere weil die eingereichte Volksinitiative zu einer Anpassung des Zonenplans vom Gemeinderat noch nicht behandelt ist. Die Stadtregierung von Locarno blieb dem öffentlichen Anlass fern und verwies in einer Medienmitteilung darauf, dass Monte Brè und Cardada für die nächsten fünf Jahre unter Schutz stehen. 

Grosse Skepsis beim anwesenden Publikum
Beim Publikum war anlässlich des Info-Abends grosse Skepsis zu spüren, wohl auch, weil  konkrete Fragen unbeantwortet blieben, etwa zur Wasserversorgung und zur Problematik des Materialtransports auf den hoch gelegenen Weiler. Denn nur ein schmales und steiles Bergsträsschen, das auf den letzten fünf Kilometern einspurig ist, führt nach Monte Brè. «Wir werden schon Lösungen finden», beteuerte Marc Sontag und verwies etwa auf die Seilbahn Cardada, welche auch Materialtransporte bewerkstelligen soll. Über die Seilbahn sollen dereinst auch die Gäste zum Resort reisen; denn sie macht auf der Höhe von S. Bernardo einen Zwischenstopp. Von dort sind es zirka 10 Gehminuten nach Monte Brè. Allerdings gibt es an der Talstation in Orselina keinerlei Parkplätze. 

Geschätzt wird von der Aedartis AG, dass dereinst zirka 70 Personen im Resort Arbeit finden. Nach Fertigstellung sollte das Hotel von einem internationalen Hotelbetreiber – einer internationalen Kette - geführt werden. Angeblich gibt es Interessenten. Allerdings muss die Aedartis AG nun erst einmal kaufkräftige Investoren finden, die am Erwerb des Stockwerkeigentums interessiert sind. Die präsentierten Renderings der Häuschen mit dem Blick auf den Lago Maggiore wirken sicherlich einladend, doch Fotos von der schmalen Bergstrasse nach Monte Brè sind nicht Teil der Kundenpräsentation. 

Gerhard Lob