Zurückhaltung klingt anders: «Wir sind die Revolution! Wir wollen das Duopol der Priceline-Gruppe und Expedia aufbrechen und gleichzeitig sowohl Hoteliers als auch deren Gästen finanziellen Nutzen bringen.» Ziel sei es, liest man weiter unten auf der Homepage von Bidroom.com, eine Win-win-Situation im Online-Buchungsmarkt zu schaffen.

Der Firmenhauptsitz von Bid­room liegt wie jener von Booking in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam. Ausser der geografischen Nähe verbindet die beiden OTAs jedoch wenig. Denn Bidroom setzt auf ein grundlegend anderes Geschäftsmodell als Booking. Anstelle von Kommissionen verlangt Bidroom von den Partnerhotels eine einmalige Registrierungsgebühr – je nach Klassifikation 149 bis 299 Euro. Weitere Gebühren gibt es für Hotels nicht. Bedingung ist jedoch, dass sie ihren Bidroom-Gästen einen Preisnachlass zwischen 5 und 25 Prozent verglichen mit anderen OTAs gewähren. Um in den Genuss dieser vergünstigten Preise zu kommen, zahlen Gäste an Bid­room eine jährliche Mitgliedschaftsgebühr von 59 Euro. Da nur zahlende Mitglieder die Seite nutzen können, verstossen Hotels nicht gegen die Preisparitätsklauseln anderer OTAs. «Wir sind eine private Plattform», erklärt Unternehmenssprecher Michael Sols.

Ein weiteres Ärgernis für viele Hoteliers ist die unter OTAs weitverbreitete Praxis, sich zwischen den Gast und das Hotel zu stellen. Die Plattformen behalten möglichst viele Gästedaten für sich und übermitteln dem Hotel nur die allernötigsten Informationen. Auch das ist bei Bidroom anders. «Die Daten werden an die Hotels weitergegeben», versichert Sols. [IMG 2]

Warum aber sollen Reisewillige für einen Service bezahlen, den sie bei Booking oder Expedia kostenlos erhalten? «Das Angebot richtet sich in erster Linie an Vielreisende», antwortet Sols. Nach drei bis vier Buchungen pro Jahr à zwei bis drei Nächte sollte man break-even sein, rechnet er vor. Wer öfters in die Schweiz reist, für den dürfte sich Bidroom aufgrund der höheren durchschnittlichen Übernachtungspreise bereits früher lohnen. Grundsätzlich gilt: Je mehr man reist, desto weniger fällt die Jahresgebühr ins Gewicht. Dies sei auch für Geschäftsreisende attraktiv, ist Sols überzeugt. Spezielle Deals für Unternehmen biete man indes nicht an. Auch für Hotelketten gebe es keine Sonderkonditionen. «Wir versuchen, gleiche Bedingungen für alle zu bieten», sagt der Sprecher. Er nennt einen weiteren Grund, warum Reisende eine Mitgliedschaft bei Bidroom eingehen. «Wir wollen nachhaltigen Tourismus fördern.» Das Bewusstsein für die Schwierigkeiten der Hoteliers mit den OTAs wachse bei den Gästen. Diese legten vermehrt Wert darauf, dass ihre Gastgeber nicht ausgebeutet werden.

Buchungen mit einem kleinen Schönheitsfehler
Obwohl erst seit Dezember 2015 live, sind schon mehr als 400 000 Nutzer bei Bidroom registriert. Das Angebot umfasst aktuell über 120 000 Hotels in 128 Ländern. In der Schweiz sollen 
17 Prozent aller Hotels vertreten sein. Die zufällige Nachfrage bei einigen Schweizer Hotels zeigt jedoch, dass nicht alle der in Bid­rooms Suchergebnissen aufgelisteten Hotels tatsächlich einen Vertrag mit der Plattform eingegangen sind. Eine entsprechende Testbuchung ergab, dass das gebuchte Hotel eine Aufforderung von Bidroom erhält, die Buchung des Gastes zu akzeptieren und ihm mindestens 8 Prozent Rabatt zu gewähren. Der Gast seinerseits erhält nach der «Buchung» eine automatische Nachricht, in der es heisst, er werde innert 48 Stunden eine definitive Ab- oder Zusage vom Hotel erhalten.

Angesprochen auf diesen Fall bestätigte Bidroom, dass auch Hotels, welche noch nicht mit dem Unternehmen kooperieren, in den Suchergebnissen auftauchen können. Laut Director of Operations Marcin Wesolowski liegt der Anteil der «echten» Angebote bei 60 bis 70 Prozent. Der erbetene Preisnachlass von 8 Prozent sei lediglich als Vorschlag zu verstehen. Dem Hotel stehe es offen, den Rabatt auf den Mindestsatz von 5 Prozent zurückzusetzen. Den Umstand, dass der Gast bis zu 48 Stunden warten muss, um zu erfahren, ob seine Buchung erfolgreich war oder nicht, falle zumindest für Frühbucher nicht ins Gewicht, ist Michael Sols überzeugt. Auch sei in der Praxis meist bereits nach zwei bis acht Stunden klar, ob die Buchung zustande kam, so Marcin Wesolowski.

Das Modell von Bidroom scheint trotz dieser Ungereimtheiten in der Branche auf Wohlwollen zu stossen. Bereits im Mai 2017 wurde Bidroom auf dem World Tourism Forum in Luzern zum Gewinner des Startup Innovation Camps gekürt. Und im Juni 2018 kündigte der ägyptische Milliardär Samih Sawiris an, in Bid­room investieren zu wollen. Zum genauen Umfang seines Engagements wollte er auf Anfrage keine Angaben machen. Er schätze jedoch die Vision der Bidroom-Gründer und den Service am Kunden und dem Hotel, den die Plattform durch den Konkurrenzgeist auf dem Markt auslöse. Dies erzeuge Druck auf die grossen Konkurrenten, wovon am Ende Gast und Gastgeber profitieren könnten.

Dieser Artikel erschien in der htr hotel revue vom 26. Juli 2018 als Teil des Schwerpunktes «Alternativen zu Booking und Expedia». Die gesamte Ausgabe in digitaler Form ist hier erhältlich.