Nicole Brändle Schlegel ist Leiterin Arbeit, Bildung, Politik bei HotellerieSuisse

Angesichts der demografischen Herausforderungen sowie des schwierigen Zinsumfelds befinden sich die etablierten schweizerischen Vorsorgewerke zunehmend in Schieflage. Dies betrifft nebst der AHV insbesondere auch die berufliche Vorsorge (BVG) als zentralen Pfeiler des 3-Säulen-Prinzips. Eine Reform ist seit vielen Jahren nicht gelungen, obwohl die Zeit drängt: Als Folge der Demografie wird eine Revision umso teurer, je länger sie auf sich warten lässt. Unbestritten ist daher die Notwendigkeit, das BVG den veränderten demografischen Begebenheiten anzupassen. Auch die Beherbergungswirtschaft anerkennt die Dringlichkeit des Reformvorhabens und bekennt sich zum Willen, lösungsorientiert an der Kompromissfindung mitzumachen – so weit die Interessen von arbeitskräfteintensiven KMU-Branchen mit vergleichsweise bescheidenen Margen in genügendem Masse berücksichtigt werden.

Nachdem sich die Dachverbände der Sozialpartner nach langen Verhandlungen auf einen Reformvorschlag im BVG geeinigt hatten, schickte der Bundesrat ebendiesen in die Vernehmlassung. Das Modell von Arbeitgeberverband und Gewerkschaften beinhaltet die dringend nötige Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent sowie eine Halbierung des Koordinationsabzugs und einen solidarisch finanzierten Rentenzuschlag zur Kompensation drohender Renteneinbussen. Mit knapp 3 Milliarden Franken an Kostenfolgen für die Betroffenen fällt die Rechnung aus KMU-Sicht jedoch zu hoch aus. Gemäss Berechnungen führt das vorgeschlagene Reformmodell in der Beherbergungswirtschaft zu einem happigen Lohnkostenzuwachs von 2,8 Prozent. Kritisch ist auch der solidarisch finanzierte Rentenzuschlag einzustufen, der unbefristet ein systemfremdes Element in die zweite Säule einbringen soll und damit bei jeder zukünftigen Reform als Stellschraube für Kompensationen instrumentalisiert werden kann.

Während die Politik bei der BVG-Reform die Prämisse einer vollständigen Kompensation ins Zentrum stellt, ist für ertragsschwächere KMU-Branchen mit engem Kostenkorsett naturgemäss das Preisschild entscheidend. Mit Blick auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Tourismuswirtschaft – insbesondere im Berggebiet – sollte ein kostenschonendes Modell gewählt werden, um die Betriebe nicht zusätzlich vor schwer lösbare Aufgaben im Finanzierungsbereich zu stellen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass gesetzlich laufend Leistungsausbauten im Sozialbereich beschlossen werden, die kumuliert zu einer hohen Mehrbelastung an Abgaben führen.

Aus diesen Gründen präferiert HotellerieSuisse ein Reformmodell, das sich auf eine Kompensation der Übergangsgeneration beschränkt. Via Sicherheitsfonds sollen die von der Senkung des Mindestumwandlungssatzes hauptsächlich betroffenen 15 Jahrgänge eine Leistungsgarantie für ihre Rente erhalten. Zudem soll der Koordinationsabzug moderat um 25 Prozent gesenkt werden, damit die Rentenansprüche von Teilzeitbeschäftigten und Personen mit tiefen Einkommen künftig aufgebessert werden können. Eine Senkung des Abzugs um 50 Prozent, wie es der Bundesrat vorschlägt, käme die Beherbergungsbranche hingegen teuer zu stehen: Aufgrund ihrer Beschäftigtenstruktur mit einem hohen Anteil an jüngeren Teilzeitarbeitskräften müssten die Unternehmen auf einen Schlag für viel mehr Beschäftigte BVG-Leistungen entrichten. Davon ist eine beschäftigungsintensive Tieflohnbranche wie die Hotellerie ungleich härter betroffen, als es Hochlohnbranchen sind.

Als nächster Schritt wird der Bundesrat seine Botschaft zur Reform voraussichtlich im Sommer an das Parlament überweisen. Den Räten obliegt es dann, aus dem Fundus an konkurrierenden Modellen, die sich im Umlauf befinden, eine möglichst mehrheitsfähige Vorlage zu zimmern. Dabei steht die Politik vor dem schwierigen Dilemma, einerseits Rücksicht auf die Leistungsträger im BVG – sprich: Beschäftigte, Kassen und insbesondere Arbeitgeber – zu nehmen und andererseits genügend Sukkurs von künftigen Rentenbezügern zu erhalten. Der Schweiz steht definitiv ein heisser Sommer bevor.