In der zweiten und somit letzten Lesung des Gesetzes entschied der Grosse Rat am Dienstag auch, dass die Läden an Samstagen und vor Feiertagen wie bisher um 17 Uhr schliessen müssen. Sie dürfen nicht bis 18 Uhr offen sein.

Das Kantonsparlament kippte damit einen Beschluss der ersten Gesetzeslesung und folgte einem Antrag seiner vorberatenden Kommission, welche von einem «Kompromissvorschlag» sprach.

Noch ist aber offen, ob diese Gesetzesänderung so in Kraft tritt. Schon kurz nach den Schlussabstimmungen im Grossen Rat kündigte die Gewerkschaft Unia an, gegen den Grossratsbeschluss das Referendum zu ergreifen. Sammelt Unia 10'000 gültige Unterschriften, kommt es zu einer Volksabstimmung.

Auch Ja zu Eventualantrag
Falls es zu einem Urnengang kommt, wird dem Volk neben einem Hauptantrag auch ein Eventualantrag vorgelegt. Auch das beschloss der Grosse Rat. Die Verfassung des Kantons Bern ermöglicht solche Eventualanträge.

Konkret würde das Berner Volk bei dieser Abstimmung nicht nur gefragt, ob es das revidierte Handels- und Gewerbegesetz – und damit vier Sonntagsverkäufe – akzeptieren will. Der Souverän würde auch gefragt, ob er im Fall eines Neins zum Gesetz eine unbestrittene Anpassung gutheisst: die Ausdehnung des Jugendschutzes bei den Tabakwaren auf E-Zigaretten. Der Grosse Rat sprach sich für diesen Eventualantrag aus, weil dieses Verkaufsverbot von E-Zigaretten an Minderjährige im Kantonsparlament unbestritten war. 

Stimmt das Volk der Hauptvorlage zu, sagt es Ja zu mehr Sonntagsverkäufen und zur Ausdehnung des Jugendschutzes. Stimmt es dem Eventualantrag zu, sagt es nur Ja zum Verkaufsverbot von E-Zigaretten, aber Nein zur Ausdehnung des Sonntagsverkaufs. Das sagte am Rand der Grossratsdebatte der Sprecher der Mehrheit der vorberatenden Kommission, Grossrat Hans-Rudolf Saxer, auf Anfrage. Dem Volk wird auch eine Stichfrage vorgelegt, welche der beiden Vorlagen bei einem doppelten Ja zur Anwendung kommen soll.

40'000 Personen betroffen
Am Dienstag drehten sich die Diskussionen im bernischen Grossen Rat vor allem um die Frage, ob eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten fürs Personal zumutbar sei. 40'000 Personen arbeiteten im Kanton Bern im Detailhandel, hiess es.

Links-grüne Volksvertreter sagten, das Verkaufspersonal sei schon belastet genug; es wolle keine zusätzlichen Sonntagsverkäufe. Auch die EDU und die EVP waren gegen eine Liberalisierung. Nicht die Umsätze der Geschäfte stiegen, sondern lediglich die maximal zulässige Öffnungszeit.

Die Befürworter längerer Öffnungszeiten hingegen sagten, die Ladenbesitzer würde nicht gezwungen, ihre Geschäfte länger zu öffnen. Sie könnten sie nach der Gesetzesrevision länger offen halten. Längere Öffnungszeiten hülfen ihnen im Kampf gegen den Onlinehandel und verschaffe ihnen Flexibilität.

Auch der Kantonsregierung erschienen die mit den zwei zusätzlichen Sonntagsverkäufen verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitszeiten akzeptabel. Schliesslich könnten die Angestellten nur mit deren Einverständnis zur Sonntagsarbeit herangezogen werden. Auch verändere sich die wöchentliche Arbeitszeit des Personals durch die zusätzlichen Sonntagsverkäufe nicht.

Bern im Mittelfeld
Im gesamtschweizerischen Vergleich befindet sich der Kanton Bern mit seiner heutige Regelung der Ladenöffnungszeiten nach Angaben der Kantonsregierung etwa im Mittelfeld der Kantone. Er würde es diesen Angaben zufolge auch bleiben, wenn die Zahl der Sonntagsverkäufe auf vier erweitert würde.

Es gibt Kantone, welche keine Regelung kennen, aber auch Kantone, welche nur einen bewilligungsfreien Sonntagsverkauf zulassen. (sda)