Praktisch alle Einreisenden in die Schweiz sollen fünf Tage in Quarantäne – auch wenn ein negativer Corona-Test vorliegt. Dies schlagen die Präsidenten von SVP, SP, Mitte, FDP, Grünen und GLP dem Bundesrat vor, wie am Wochenende bekannt wurde.

Inzwischen häufen sich die Stellungnahmen seitens Tourismus- und Reisebranche: Der Luftfahrtverband Aerosuisse teilte am Dienstag mit, dass der Verband zwar vermehrtes Testen bei der Einreise unterstütze. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass bei einem negativen Testresultat die Quarantäne entfällt. Die wirtschaftlichen Schäden durch Reiserestriktionen wie Quarantäneregeln würden in keinem Verhältnis zu ihrer Wirksamkeit stehen, heisst es in einer Mitteilung.

Ein negatives PCR- oder Antigentestresultat müsse ausreichen, um die Quarantäne abzukürzen oder gänzlich zu vermeiden. Der Dachverband der Schweizerischen Luft- und Raumfahrt schlägt vor, dass diese Tests vor einer Flugreise gemacht werden, um Ansteckungen während des Flugs zu vermeiden. Eine Befreiung von der Quarantänepflicht müsse auch für geimpfte Personen gelten, die den Impfschutz mit einem offiziellen Dokument nachweisen könnten.

Schliesslich fordert der Verband den Bundesrat auf, sein Vorgehen auf internationaler Ebene abzusprechen. Ohne internationale Koordination werde sich der Luftverkehr nicht erholen, heisst es in der Stellungnahme weiter.

Auch Dienstleistungsfirmen verlangen Tests statt Quarantäne
Geäussert zum Brief der Parteipräsidenten haben sich auch die Dienstleistungsfirmen an den Schweizer Flughäfen. Diese Service-Anbieter decken Bereiche wie die Flugzeug- und Gepäckabfertigung, das Frachtgeschäft sowie das Flugzeug-Catering und die Flugzeug-Reinigung ab. In diesem Bereich sind in der Schweiz rund 10'000 Personen beschäftigt.

Der Verband Swiss Aviation Services Providers Association (Sasp) schreibt in einer Stellungnahme, dass Quarantänemassnahmen im grenzüberschreitenden Verkehr kein probates Mittel seien. Vielmehr soll allen mit einem negativen Test die Einreise in die Schweiz ohne Quarantäne möglich sein. Auch würde mit der Einführung unverhältnismässiger Grenzkontrollen ein massiver Stellenabbau mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Sozialwerke drohen.

Bereits am vergangenen Sonntag reagierte die Gewerkschaft VPOD Luftverkehr auf das Konzept der Parteispitzen und zeigte sich empört über die Vorschläge: Diese seien «unverhältnismässig» und befeuerten das Risiko von Massentlassungen im Tourismussektor «in bisher unvorstellbarem Ausmass». Die Gewerkschaft fordert stattdessen ein Test-System an den Grenzen, das die Quarantänepflicht verhindere und nicht ergänze. [RELATED]

Fünftägige Quarantäne ist für Touristen ein No-Go
Auch der durch die Pandemie schwer gebeutelte Schweizer Tourismus lehnt das vorgelegte Quarantäne-Konzept vehement ab.  Verschärfte Einreisevorgaben würden die Hoffnungen der Branche auf eine Erholung im Frühjahr und Sommer zerschlagen, sagte Andreas Züllig, Präsident von HotellerieSuisse, bereits am Wochenende gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Zwar könne er nachvollziehen, dass man einen negativen Covid-19-Test von Einreisenden verlange. Aber die von den Parteien geforderten fünftägige Quarantäne habe starke und negative Auswirkungen auf den Tourismus in der Schweiz. Laut Züllig würde niemand mehr in die Schweiz reisen, wenn er weiss, dass er fünf Tage nichts machen kann. «Die Quarantäne ist ein Signal: Kommt gar nicht erst in die Schweiz», befürchtet der oberste Schweizer Hotelier.

Touristen fünf Tage in die Quarantäne zu stecken sei ein absolutes No-Go, erklärt der Präsident auch gegenüber «SRF». «Wenn das jetzt auch noch eingeschränkt wird, dann haben wir überhaupt keine Geschäfte mehr. Dann macht es auch keinen Sinn mehr, die Hotels offen zu halten», so Züllig.

Grenzkantone: «Klassisches Eigentor»
Kritik gibt es auch von den Grenzkantonen. In einem Brief an den Bundesrat zeigte sich am Dienstag der Aargauer Regierungsrat besorgt über entsprechende Forderungen von sechs Parteipräsidentinnen und -präsidenten.  Der Kanton wehrt sich gegen Einschränkungen des Grenzverkehrs wegen der Corona-Pandemie. Von den mehr als 17'000 Grenzgängerinnen und Grenzgängern, die täglich im Kanton Aargau arbeiten würden, seien viele im Gesundheitswesen tätig

Der Regierungsrat sei davon überzeugt, dass nicht Abschottung, Grenzschliessungen, Grenzkontrollen oder Testregimes zur Eindämmung der Pandemie beitragen würden. Vielmehr führe die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und eine Koordination der Massnahmen zum Erfolg.

Wenn die Schweiz einseitig den Grenzverkehr einschränke, würde dies nicht nur das Verhältnis zu den Nachbarländern belasten, sondern sich als «klassisches Eigentor» herausstellen, schreibt der Regierungsrat.

Auch die Nordwestschweizer Regierungskonferenz (NWRK) sprach sich in einem Brief an den Bundesrat gegen schärfere Einreisebedingungen aus. Neben Aargau, warnten auch die Regierungen von Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura und Solothurn in dem Schreiben vor negativen Folgen für die Grenzkantone. (sda/htr/npa)