Der Entscheid fiel mit 100 zu 87 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Die grosse Kammer folgte damit ihrer vorberatenden Rechtskommission, welche bereits beantragt hatte, nicht auf die Vorlage einzutreten. Ende Oktober hatte der Nationalrat noch hauchdünn für Eintreten gestimmt. Nach der Detailberatung lehnte er die Vorlage nun aber ab.

Durchgesetzt hat sich eine Allianz aus SVP-, FDP-, der Mehrheit der Mitte-Fraktion und einigen GLP-Vertreterinnen und -Vertretern. Zu den Verlierern gehören die SP, die Grünen und die zur Mitte-Fraktion gehörende EVP.

Bekannte Argumente
Die bürgerliche Mehrheit argumentierte, dass mit dem Gesetz rückwirkend in private Vertragsverhältnisse eingegriffen werde. Die nun vorliegende Lösung würde ausserdem zu Rechtsunsicherheit führen und der unterschiedlichen Betroffenheit der einzelnen Betriebe nicht Rechnung tragen.

«Privatrechtliche Angelegenheiten sollen privatrechtlich gelöst werden», sagte Pirmin Schwander (SVP/SZ). Christa Markwalder (FDP/BE) rief die Mietparteien stattdessen zu einer gütlichen Einigung auf. Philipp Matthias Bregy (CVP/VS) gab zu bedenken, dass Gastronomiebetriebe und andere KMU bald mit der Härtefallregelung im Covid-Gesetz geholfen werden könne.

Eine linke Minderheit empfahl das Gesetz zur Annahme. Sie bezeichnete die Vorlage als überlebenswichtig für zahlreiche Unternehmen – insbesondere in der Gastronomie. Das Gesetz bringe immerhin ein wenig Linderung für arg gebeutelte KMU, sagte Min Li Marti (SP/ZH). «Wir müssen die Existenzängste der Gewerbetreibenden ernst nehmen», hielt Florence Brenzikofer (Grüne/BL) fest.

Nichtige Änderungen
Die Vorlage des Bundesrats, welcher das Gesetz gegen seinen Willen ausarbeiten musste, sieht vor, dass Mieter und Pächter, die im Frühjahr von einer behördlichen Schliessung oder starken Einschränkung betroffen waren, für diese Zeit nur 40 Prozent des Mietzinses bezahlen müssen. 60 Prozent sollen zulasten der Vermieterinnen und Vermieter gehen.

Vor der Gesamtabstimmung hatte der Nationalrat verschiedene Änderungen an der Vorlage angebracht. So beschloss er, Mieterinnen und Mietern nicht 60, sondern nur 50 Prozent der geschuldeten Miete zu erlassen. Das Gesetz sollte zudem keine Anwendung finden, wenn die Parteien bereits eine Lösung gefunden haben.

Gleichzeitig weitete der Nationalrat den Geltungsbereich des Gesetzes aus. Laut der grossen Kammer sollte das Gesetz auch für die Zeit der nachfolgend ergangenen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus anwendbar sein. Zudem sollte die Regelung auch dann gelten, wenn die Beeinträchtigung nicht durch Massnahmen des Bundes, sondern durch solche der Kantone oder der Gemeinden verursacht wurde.[RELATED]

Schwierige Ausgangslage
All diese Änderungen wurden schliesslich nichtig, weil die Vorlage am Schluss abgelehnt wurde. Verschiedene links-grüne Rednerinnen und Redner kritisierten die Nationalratskommission dafür, dass diese eine praktisch neue Vorlage gezimmert habe, die sie schliesslich doch ablehnte. Baptiste Hurni (SP/NE) sprach von einer «Perversität».

Auch im Ständerat dürfte das Gesetz einen schweren Stand haben. Die vorberatende Kommission empfiehlt mit 8 zu 5 Stimmen, nicht darauf einzutreten. Die kleine Kammer entscheidet am Mittwochvormittag darüber. Auch der Bundesrat ist gegen die Vorlage und verweist auf einen kürzlich erschienenen Bericht, wonach derzeit wenige Hinweise für umfassende Schwierigkeiten bei Geschäftsmietern bestehen. (sda)