Der Bundesrat hat am Mittwoch den Einsatz des Covid-Zertifikats konkretisiert. Mit diesem Nachweis für geimpfte, genesene und negativ getestete Personen sollen auch Grossveranstaltungen wieder möglich werden und Orte mit erhöhtem Ansteckungsrisiko wie Diskotheken und Clubs wieder öffnen können.

Wer sich nicht impfen lassen kann oder will, kann auch mit einem Corona-Test ein Zertifikat erhalten. Selbsttests genügen wegen der zu geringen Genauigkeit allerdings nicht, um ein Zertifikat zu erhalten. Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahre soll ein genereller Zugang ohne Covid-Zertifikat gewährt werden.

Vor den Medien betonte Bundesrat Alain Berset am Mittwoch, dass das Zertifikat nicht alle Probleme löse, die sich mit der Beschränkung des öffentlichen Lebens stellen. «Es ist nur eine Übergangslösung, um weitere Lockerungsschritte zu ermöglichen», so der Gesundheitsminister.

Wenn es die epidemiologische Lage zulasse, könne es bald Öffnungen für alle geben, sagte Berset weiter. «Das Covid-Zertifikat ist deshalb nicht für die lange Frist vorgesehen.»

Neben diesen Eckpunkten präsentierte der Bundesrat am Mittwoch den Fahrplan für die Umsetzung des Zertifikats, das vom Parlament in Auftrag gegeben worden war. «Die Arbeiten schreiten planmässig voran», heisst es in einer Mitteilung. Aktuell sei das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) daran, das Zertifikat EU-kompatibel, sicher und möglichst einfach umzusetzen.

«Es ist nur eine Übergangslösung, um weitere Lockerungsschritte zu ermöglichen.»

Alain Berset, Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern EDI

Noch keine automatisch Reisefreiheit für Europa
In der EU ringen die Staaten und das Parlament noch über die Details. In den vergangenen Tagen wurde unter anderem darüber diskutiert, welchen Status frisch Getestete haben sollen und wer für die Kosten der Tests aufkommt. Ausserdem ging es um die Frage, ob das Zertifikat automatisch Reisefreiheit in Europa bedeutet oder ob und wie die EU-Staaten einschränken können.

Ebenfalls nicht abschliessend geklärt ist die Frage, welche Erleichterungen künftig in Ferienländern an die Einführung des einheitlichen Nachweises geknüpft sein sollen. Sollte es in dieser Woche zu einer Einigung zwischen den Unterhändlern von Rat und Parlament kommen, müsste die Entscheidung noch formell von den EU-Ländern und dem Parlament abgesegnet werden.

Rechtliche Basis bis Mitte Juni
In der Schweiz soll die genaue Umsetzung mit den entsprechenden Verordnungsanpassungen am 11. Juni 2021 in Konsultation bei den Kantonen, den Sozialpartnern und den Parlamentskommissionen geschickt werden, wie es in einer Mitteilung des Bundesrats heisst.

Der Entscheid sei für den 18. Juni 2021 vorgesehen. Gleichzeitig sollen nach den Plänen des Bundesrats bereits erste Zertifikate ausgestellt werden.

Der Bundesrat sieht einen differenzierten Einsatz des Covid-Zertifikats vor. Nicht zum Einsatz kommen soll das Zertifikat an alltäglichen Orten, wie im öffentlichen Verkehr, an Schulen, in Läden, am Arbeitsplatz sowie an privaten und religiösen Veranstaltungen. Hier handle es sich «um staatliche Aufgaben oder elementare Freiheits- und Grundrechte», schreibt die Regierung.

Obligatorisch ein Covid-Zertifikat vorweisen soll man im internationalen Personenverkehr und an Orten, «die aus epidemiologischer Sicht heikel sind, wie Grossveranstaltungen oder Diskotheken». Der Bundesrat will das Zertifikat nach eigenen Angaben «nur so lange wie nötig» einsetzen.[RELATED]

Bei Zertifikat keine Schutzkonzepte in Restaurants
An weiteren Orten ist der Einsatz des Zertifikats freiwillig. Zu diesem «orangen Bereich» gehören laut dem Bundesrat Bars und Restaurants, Veranstaltungen mit weniger als tausend Personen, Freizeit-, Sport- und Unterhaltungsbetriebe, Sport- und Kulturvereine oder der Besuch von Spitälern und Heimen.

So sollen zum Beispiel ein Restaurant, ein Kino oder ein Fitnesscenter den Zugang auf Personen mit Covid-Zertifikat beschränken und dadurch auf Schutzkonzepte, Kapazitätsbeschränkungen oder Vorgaben wie die Maskenpflicht verzichten können. Den jeweiligen Betreibern steht eine solche Praxis aber frei.

Sollte sich die epidemiologische Lage verschlechtern und eine Überlastung des Gesundheitssystems drohen, dann sollen Schliessungen im «orangen Bereich» verhindert werden, indem der Zugang auf Personen mit einem Covid-Zertifikat beschränkt wird. Im Moment besteht laut dem Bundesrat «begründete Hoffnung, dass dies dank der fortschreitenden Impfung nicht notwendig sein wird». (sda/npa)


Stufen Grün – Orange – Rot

Der Bundesrat will das Zertifikat nur so lange wie nötig einsetzen. Ziel ist die Vorgaben für die Schutzkonzepte gemäss dem Drei-Phasen-Modell schrittweise zu reduzieren und dann aufzuheben. Für die Anwendung des Zertifikats unterscheidet der Bundesrat drei Bereiche.

Grüner Bereich: Wo das Zertifikat ausgeschlossen ist
Der erste, grüne Bereich umfasst Orte des alltäglichen Lebens und Kontakte mit Behörden. Hier ist das Zertifikat explizit ausgeschlossen, weil es sich um staatliche Aufgaben oder elementare Freiheits- und Grundrechte handelt. Beispiele sind private und religiöse Veranstaltungen, der öffentliche Verkehr, Läden, der Arbeitsplatz oder Schulen.

Oranger Bereich: Wo das Zertifikat Schliessungen verhindert oder freiwillig ist
Der zweite, orange Bereich umfasst Orte, die nicht ganz alltäglich sind, aber von sehr vielen Menschen aufgesucht werden. Beispiele sind Bars und Restaurants, Veranstaltungen, Freizeit-, Sport- und Unterhaltungsbetriebe, Sport- und Kulturvereine oder der Besuch von Spitälern und Heimen. Hier ist der Einsatz des Zertifikats nicht vorgesehen. Sollte sich allerdings die epidemiologische Lage verschlechtern und eine Überlastung des Gesundheitssystems drohen, dann sollen Schliessungen verhindert werden, indem der Zugang auf Personen mit einem Covid-Zertifikat beschränkt wird. Im Moment besteht begründete Hoffnung, dass dies dank der fortschreitenden Impfung nicht notwendig sein wird.

In diesem Bereich, in dem es um Rechtsbeziehungen unter Privatpersonen geht, soll zudem das Zertifikat auf freiwilliger Basis eingesetzt werden können, bis die Vorgaben für die Schutzkonzepte aufgehoben werden. So sollen zum Beispiel ein Restaurant, ein Kino oder ein Fitnesscenter den Zugang auf Personen mit Covid-Zertifikat beschränken und dadurch auf Schutzkonzepte, Kapazitätsbeschränkungen oder Vorgaben wie die Maskenpflicht verzichten können.

Roter Bereich: Wo das Zertifikat Öffnungen ermöglicht
Der dritte, rote Bereich umfasst den internationalen Personenverkehr und Orte, die aus epidemiologischer Sicht heikel sind, wie Grossveranstaltungen oder Diskotheken. Es ist davon auszugehen, dass viele Staaten ein Covid-Zertifikat bei der Einreise verlangen werden. Für Grossveranstaltungen sowie Clubs und Diskotheken ist der Einsatz des Zertifikats in der Öffnungsstrategie des Bundesrats vorgesehen. Auch hier soll der Einsatz zeitlich beschränkt bleiben. Bei Grossveranstaltungen sieht der Bundesrat eine Öffnung mit einer schrittweisen Erhöhung der maximalen Anzahl Personen vor.