Das Ende des Notstands bedeute die langsame Rückkehr zur Normalität, sagte Regierungspräsident Norman Gobbi an einer Medienkonferenz in Bellinzona. Durch den verlängerten Notstand könne die Regierung die für die Krise geschaffenen Strukturen bis Ende Juni aufrecht erhalten. Das sei wichtig, betonte Gobbi. Auch der Zivilschutz habe aufgrund des Notstandes noch aktiv bleiben können. Doch am 1. Juli kehre der Kanton Tessin zu einer «neuen Normalität» zurück.

Der Regierungspräsident zeigte sich insgesamt zufrieden mit dem Agieren des Bundesrats und der Tessiner Behörden während der Krise. «Natürlich haben wir auch Fehler gemacht», hielt Gobbi fest. Auf die Nachfrage eines Journalisten erklärte er, bei einer allfälligen zweiten Welle müsse man «noch präzisere Massnahmen» verhängen. Als Beispiel nannte Gobbi die Massnahmen für die Gruppe der über 65-Jährigen, die sehr heterogen sei. Auch wäre ein erneuter kompletter Lockdown sozial wie auch wirtschaftlich wohl kaum mehr tragbar, sagte Gobbi.

Krisenstab auf Standby
Stabschef Matteo Cocchi erklärte, dass der Tessiner Krisenstab jederzeit bereit sei, sich wieder einzuschalten. Das Monitoring gehe weiter, sei aber nun wieder Sache des Kantonsarztes. «Wir sind jedoch bereit, schnell reagieren zu können», versicherte Cocchi. Er wies darauf hin, dass die Bewegungen an der Südgrenze wieder deutlich zugenommen hätten und man aufmerksam bleiben müsse.

Auch Kantonsarzt Giorgio Merlani unterstrich, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. «Es geht sehr schnell und alles beginnt wieder vor vorne», mahnte Merlani. Das sehe man nun in einigen weit entfernten Ländern.

«Es gehört zu den Aufgaben eines Kantonsarztes, pessimistisch zu sein», fuhr Merlani fort. Er müsse die Zeichen erkennen, die eine zweite Welle ankündigten. Dies sei zwar im Moment nicht der Fall, aber in der letzten Woche seien wieder einige neue Ansteckungen – unter anderem von Rückkehrern aus Brasilien und Mexiko – gemeldet worden.

Auf die Frage eines Journalisten, ob man wieder ins nahe Italien reisen könne, sagte Merlani, dass die Quote der Infizierten in jeder italienischen Region höher sei als im Tessin. «Folglich müsst ihr dort noch mehr aufpassen als hier.»

Bei welchen Anzeichen der Krisenstab wieder in Aktion trete, wollte ein anderer Medienschaffender wissen. Darauf gebe es keine klare Antwort, hielt Merlani fest. Aber falls sich die Fälle neuer Infektionen wieder verdoppelten und sich gleichzeitig wieder mehr Personen mit Symptomen in die Notaufnahmen begäben, seien das sicher wichtige Alarmzeichen. «Die Situation wird jeden Tag neu evaluiert», resümierte Merlani. (sda)