Die Karte «Baselland Mountainbike», deren Informationen samt Landkarte auch online abrufbar ist, hat eine jahrezehntelange Streit-Vorgeschichte. Oft waren Bikende von Waldeigentümern, Gemeinden und alteingesessenen Waldnutzern als Schädlinge bekämpft worden. Als es immer mehr wurden, eskalierten Konflikte, zuerst am Gempen.

«Eigentlich sind Bikeprobleme Stammtischprobleme», sagt nun René Schenker, Präsident des Vereins Trailnet.ch Region Nordwestschweiz: In der Realität komme man unterwegs meist bestens aneinander vorbei. Den Anteil Rowdies und Querwaldeinfahrenden schätzt Ueli Meier, Leiter des Amtes für Wald beider Basel auf vielleicht zwei Prozent.

«Perfekte Topografie» für MTB
Für die 98 Prozent, die friedlich und legal Baselbieter Jurahügel geniessen wollen, hat Baselland Tourismus nun die Karte gestaltet, die am Donnerstag ob Liestal den Medien vorgestellt wurde. Biken ist laut Geschäftsführer Tobias Eggimann heute beliebter Breitensport, wie auch das Bundesamt für Strassen in einer Studie festgestellt habe.

Das Baselbiet habe eine «perfekte Topografie» zum Biken, die Touren seien gut erreichbar auch mit dem ÖV, und im Gegensatz zu den Alpen könne man hier das ganze Jahr über fahren. Biken mache hungrig und durstig, und davon profitiere die lokale Gastronomie. Baselland Tourismus lege neben Wandern daher einen Akzent auf das Biken; die Karte soll explizit Leute in den oberen Kantonsteil locken.

Ein «kleiner Haken» sei das kantonale Waldgesetz, das Radfahren in der Regel nur auf Waldstrassen erlaubt. So sind die bei Wandernden wie Bikenden gleichermassen beliebten kleinen Wege nur dann legal zu befahren, wenn sie offiziell freigegeben und so ausgeschildert sind. Die Karte enthält alle derzeit legalen Wanderwegabschnitte und eigens gebauten Trails, und sie listet zahlreiche Restaurants und Sehenswürdigkeiten in deren Nähe auf.

Trailtoleranz allseits
Sie verweist auch auf zentrale Regeln für die gemeinsame Benutzung von Wegen fest, etwa Vortritt für Fussgänger, Bremsen für Tiere, keine Abseitsfahrten. Dem jüngsten für Bikes legalisierten Wanderwegabschnitt bei der Grimstelucke ob Nusshof (BL) war die Idee eines daneben neu zu bauenden Biketrails vorausgegangen, den dann aber alle Beteiligten als untaugliche Lösung erkannten.

Das Zauberwort «Trailtoleranz» für die gemeinsame Nutzung bestehender Wege soll alte Wogen glätten und neue Perspektiven aufzeigen. Der Anteil legaler kleiner Wege ist bescheiden, was Eggiman einen «Wermutstropfen» und Meier «noch unbefriedigend» nannte. Es sei aber ein Anfang, hielt Meier optimistisch fest – er sprach von einer «Generationenfrage» und erwartbarer Entspannung.

Einst hätten viele Gemeinden das Mountainbiken «wohl unterschätzt» als vorübergehende Modeerscheinung. Jetzt sei das Bedürfnis aber unübersehbar, und mit den Waldentwicklungsplänen könne man seriös auch darauf eingehen.

Meier vertraut darauf, dass nützlich geplante und eingerichtete Wege besser akzeptiert werden als Verbote und streckenbaulicher Murks. Zudem könne der unlängst vom Volk gutgeheissene Bundes-Veloartikel die Rechtslage künftig auch für Bikes offener werden lassen.

E-Bike-Welle rollt an
Ein steile Lernkurve wäre hilfreich angesichts der nächsten Welle, die bereits massiv anrollt. Nach den Strassen erobern E-Bikes zunehmend die Hügel – manche waren früher ohne Motorhilfe für viele Leute unerreichbar. Laut der Velosuisse-Statistik machten 2018 E-Bikes schon 12,5 Prozent aller Neuverkäufe aus – über 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

E-Bikes bringen indes viele Leute auf Waldwege, die sich nicht nur geografisch weniger auskennen. Die Karte listet daher auch buchbare Bikeguides auf, die einem neben Fahrtechnik auch richtiges Verhalten etwa bei Begegnungen mit Pferden lehren können, wie Schenker sagte. Trailnet wolle alle erreichen und spanne dazu nun auch Bikehändler ein. Meier lobte den kooperativen Ansatz; die Karte sei «absolut zielführend».

Schenker wünschte sich indes auch bei Gemeinden mehr Unterstützung: Sie unterschätzten den Erholungswert des Bikens und gäben teils grosse Summen für kommunale Sportanlagen wie Fussballfelder aus mit weit kleinerer Nutzerschaft. Sinnvoll wären Budgetposten, um private Waldeigentümer auch für Bike-Nutzungen zu entschädigen.

Alter politischer Auftrag
Die Kosten für Routen-Schilder samt Unterhalt nehmen übrigens laufend ab: Die Touren sind per Outdooractive-Kartensoftware auf Smartphones abrufbar, was den Markierungsbedarf am Weg reduziert, wie Eggimann sagte. Auch dank viel Fronarbeit habe man die ersten 15'000 Karten mit einem Budget unter 20'000 Franken drucken können.

Auslöser für das Bikekarten-Projekt war eine Petition von Swiss Cycling für offene Trails mit 2126 Unterschriften, die der Baselbieter Landrat 2010 als Postulat an die Regierung überweisen hatte. Sparbedingt landete der Auftrag – der auch je eine Ost-West- und Nord-Süd-Achse enthält – in der Schublade, doch der Druck wuchs.

Der Verein Trailnet war am Berner Hausberg Gurten entstanden, wo die Gurtenbahn Bikes hoch bringt. Dort wurde lange und intensiv um die Legalisierung von Abfahrtsstrecken gestritten, bis man sich zu einem kooperativen Ansatz durchrang. Dessen Erfolg machte Schule, und so entstanden Trailnet-Ableger in Biel und im Nordwesten. (sda)