Lange musste Baden auf das neue Thermalbad warten. Seit der ersten Idee sind rund 15 Jahre vergangen. Das Projekt benötigte einen langen Atem. Die Ausgangslage war kompliziert, es gab wirtschaftliche, denkmalpflegerische und archäologische Herausforderungen zu meistern. Auch stiess der geplante Bau aus ästhetischen Gründen auf Widerstand. Doch nun ist die von Stararchitekt Mario Botta gestaltete Wellnesstherme Fortyseven – der Name ist eine Reminiszenz an das 47 Grad warme Thermalwasser – seit kurzem eröffnet.

Der 160 Meter lange, mit Naturstein verkleidete Neubau liegt direkt am Limmatknie. Mario Botta machte den Fluss zum Protagonisten der Therme: «Das neue Bad ist nicht nur eine Antwort auf die heissen Quellen, sondern auch eine Antwort auf die Landschaft und den Standort», so der Tessiner Architekt.

«Das neue Bad ist nicht nur eine Antwort auf die heissen Quellen, sondern auch eine Antwort auf die Landschaft und den Standort.»

Mario Botta, Stararchitekt

Acht Innen- und Aussenbecken mit 850 Quadratmeter Thermalwasserfläche, ein grosszügiger Saunabereich mit elf Saunaräumlichkeiten und Dampfbädern, eine audiovisuelle Erlebniswelt mit eigens von Yello-Musiker Boris Blank komponierter Musik, zahlreiche Ruheräume sowie ein umfassender Spabereich finden die Besucherinnen und Besucher im «Fortyseven». Nicht zu vergessen das Gastronomieangebot.

Die Therme soll nun jährlich 300 000 Gäste anlocken. Geschäftsführerin Nina Suma zeigt sich sehr zufrieden über den Start: «Wir konnten bereits ausserordentlich viele Buchungen bei den Treatments verzeichnen.» Bezüglich der Auslastung des Bades seien nun die nächsten Wochen und Monate entscheidend. Was die Therme-Chefin besonders freut, ist die heterogene Durchmischung der Klientel. [IMG 2]

Weitere Angebote im Gesundheitsbereich
Neben dem Thermalbad Fortyseven runden zwei weitere Einrichtungen das neue Angebot im Bäderquartier ab: die Residenz 47, die 38 bereits fertiggestellte Wohnungen umfasst, sowie ein Gesundheitsdienstleistungszentrum in den Bereichen TCM, Dermatologie und Rehabilitation, das Mitte 2022 eröffnen soll. Zudem entsteht im ehemaligen Hotel Verenahof und heute denkmalgeschützten Gebäude eine Präventions- und Rehabilitationsklinik. Aufgrund der vielen schützens- und erhaltenswerten Objekte in der Liegenschaft verzögert sich die Eröffnung des Verenahofgevierts um zwei bis drei Jahre.

Der Mann, der vor rund 15 Jahren von der Vision Bäderstadt überzeugt war, ist Benno Zehnder. Als Initiant lancierte er das Revitalisierungsprojekt und verfolgte es unbeirrt. 2006 übernahm eine Investorengruppe unter seiner Ägide die Aktienmehrheit der Verenahof AG, der grössten Grundeigentümerin im Bäderquartier. 2008 konnte die Stiftung Bad Zurzach + Baden als weitere Aktionärin an Bord geholt werden.

Es sprudelt ohne Unterbruch
Insgesamt gibt es in Baden und Ennetbaden 21 gefasste Thermalquellen. Aus diesen Quellen sprudeln pro Tag etwa 900 000 Liter rund 47 Grad warmes Thermalwasser. Der Therme Fortyseven stehen täglich 456 000 Liter Thermalwasser zur Verfügung. Davon wird nur ein Sechstel fürs Badewasser benötigt, fünf Sechstel dienen der Energieversorgung. Damit werden die Therme, die 38 Wohnungen der Residenz 47 und die anderen Bauten des Verenahof-Gevierts beheizt.

Neben der imposanten Therme, der Residenz 47 und dem Verenahof bietet das neue alte Bäderquartier weitere vier Attraktionen. Diese beleben neuerdings den öffentlichen Raum des Quartiers.

Da sind erstens als echte Hingucker die «Heissen Brunnen» an der neuen Limmatpromenade, die aus Thermalquellen gespeist werden und der Öffentlichkeit zum freien Baden zur Verfügung stehen (siehe Kasten rechts).

Zweitens ist da die interaktive Lichtinstallation «Nebula» der Künstlerin Antonina Businger an der Fussgängerbrücke Merciersteig, die des Nachts für eine mystische Atmosphäre über der Limmat sorgt.

Drittens befindet sich die Hauptquelle von 18 Thermalquellen wieder an ihrem ursprünglichen Ort am Kurplatz, dem Herzstück des Bäderquartiers. So ist die Quelle namens «Heisser Stein» für die Gäste erneut sicht- und erlebbar. Abgedeckt mit einer Steinplatte, dient sie auch als wärmende Sitzgelegenheit. Die vierte Attraktion ist die Limmatquelle. Die von Architekt Christoph Lüber neu gestaltete Quellfassung befindet sich direkt am Fluss. Kunstvoll geschützt von einem tempelartigen Gebäude und einem Glaszylinder, sprudelt das Quellwasser aus dem Boden.

Baden war einst einer der wichtigsten Kurorte Europas
Die Eröffnung des Thermalbades und die damit einhergehende Aufwertung des Bäderquartiers sind ein Meilenstein für Baden, um an die jahrtausendealte Tradition als Bäderstadt anzuknüpfen. Denn die Limmatstadt verfügt über die ältesten bekannten Thermalquellen der Schweiz und war ab dem Mittelalter für lange Zeit eine der wichtigsten Kurorte Europas.

Um Baden wieder als Bäderstadt und als attraktive Tourismusdestination zu positionieren, haben sich Vertreterinnen und Vertreter aus Hotellerie, Gastronomie, Kultur, von Wellnessbetrieben und der Stadt Baden zusammengetan und eine Strategie erarbeitet. Daraus entstand die Interessengemeinschaft (IG) Tourismus Baden & Region. Zurzeit läuft eine Werbekampagne mit Ausstrahlung in die gesamte Deutschschweiz. «Unser Ziel ist es, die Marke Baden & Region in ein bis zwei Jahren klar als Kultur- und Bäderstadt zu positionieren», sagt die Geschäftsführerin des «Fortyseven», Nina Suma, die auch in der strategischen Geschäftsleitung der IG Tourismus Einsitz hat.

«Unser Ziel ist es, die Marke Baden & Region in ein bis zwei Jahren klar zu positionieren.»

Nina Suma, Geschäftsführerin Wellnesstherme Fortyseven und Mitglied der strategischen Geschäftsführung IG Tourismus

Sei Baden in den letzten Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung hauptsächlich Industriestadt gewesen, gehe es nun darum aufzuzeigen, dass die Stadt mit der neuen Therme und dem Bäderquartier ganz viel zu bieten habe. Nicht zu vergessen auch das kulturelle Angebot. «Wir müssen die Gäste mit einem guten Marketing abholen und Extras aufzeigen», ergänzt Ruzica Dujmic, Resident Manager der beiden Häuser Trafo und Blue City Hotel sowie Mitglied der strategischen Geschäftsführung der IG Tourismus.

«Wir müssen die Gäste mit einem guten Marketing abholen und Extras aufzeigen.»

Ruzica Dujmic, Resident Manager Trafo Hotel und Blue City Hotel, IG Tourismus

Entsprechend hat die Badener Hotellerie mit der Wellnesstherme Fortyseven attraktive Packages geschnürt. Zurzeit bestehen auch Bestrebungen, mit der Badener Gastronomie eine Interessengemeinschaft zu gründen. Markus Schneider, Stadtammann von Baden, ist überzeugt, dass dadurch auf verschiedensten Ebenen Wertschöpfung generiert werden kann.

Gemäss einer kleinen Umfrage bei Badener Hotels konnten die Leisure-Buchungen für die Wochenenden bereits merklich erhöht werden. Auch die beiden Bäderhotels Limmathof und Atrium-Hotel Blume, die im Bäderquartier angesiedelt sind und über eine eigene Thermalquelle verfügen, können der neuen Wellnesstherme und der Aufwertung des Bäderquartiers nur Gutes abgewinnen. [IMG 3]

Beide Hotels sprechen mit ihrem Angebot eine andere Klientel an als das «Fortyseven», verfügen aber durch ihre Lage über einen Standortvorteil. «Wir schätzen es, dass nun wieder Leben ins Quartier einzieht», sagt Jessica Schmiederer, Direktorin des «Limmathofs», dessen Thermalbad auch für externe Gäste zugänglich ist. Patrik Erne vom Atrium-Hotel Blume begrüsst, dass nun endlich wieder klar sei, warum Baden «Baden» heisse.

Um dieses Bewusstsein auch bei den Locals zu stärken, läuft zurzeit eine Mitmachkampagne, um die Bevölkerung als Botschafterinnen und Botschafter zu gewinnen. So können Gäste von Insider-Tipps profitieren.


Das Thermalwasser ist für alle da

Wer der Badener Limmatpromenade am Limmatknie entlangschlendert, kommt irgendwann an zwei grossen Brunnen vorbei. Einer steht direkt vor der neuen Wellnesstherme Fortyseven, der andere vis-à-vis auf der Ennetbadener Seite des Flusses. Eigentlich nichts Überraschendes. Doch in diesen Brunnen räkeln sich auch bei winterlichen Temperaturen Badende. Sie sind weder besonders abgehärtet noch hartgesotten – nein –, sondern erfreuen sich an warmem Thermalwasser.

Diese «Heissen Brunnen» sind zeitgleich mit der neuen Wellnesstherme Fortyseven eröffnet worden und gehen auf die Initiative des unabhängigen gemeinnützigen Vereins Bagno Popolare zurück. Die Brunnen, gestiftet von der Gemeinde Ennetbaden und der Ortsbürgergemeinde Baden, sind täglich von 7 bis 22 Uhr mit warmem Thermalwasser befüllt.

Das «Bad zum Raben» ist nun ein Ausstellungs- und Kunstbad
Der Verein wollte damit die Tradition von gemeinschaftlichen Thermalbecken aufleben lassen, so wie diese bis vor rund 150 Jahren in Baden für alle frei zugänglich waren. Bereits während der Planungs- und Bauphase des Thermalbades Fortyseven installierte der Verein an verschiedenen Orten im Bäderquartier temporäre Freibäder, in denen alle kostenlos im Thermalwasser baden konnten.

Dieses Angebot war laut Alex Fischer vom Hotel du Parc und Vorstandsmitglied IG Tourismus auch bei Hotelgästen sehr beliebt. Voraussichtlich wird der Verein auch weiterhin bei grösseren kulturellen Anlässen temporäre Becken aufstellen. Bagno Popolare wird massgeblich unterstützt von Immobilienunternehmer und Hotelier Werner Eglin.

Ein weiteres Projekt des Vereins ist das «Bad zum Raben», das als Ausstellungs- und Kunstbad saisonal bespielt wird. Aktuell mit der Schau «The Touch of Things». bbe