Christian Laesser ist Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St. Gallen.

Seit den Zeiten des prädigitalen Marktversagens hinsichtlich touristischer Vermarktung konzentrieren sich DMOs auf die touristische Promotion und – erweitert – allenfalls auf Standortpromotion. In einigen Fällen kann man auch produktgestalterische Aktivitäten beobachten, wobei solche meistens mit der thematischen Promotion bestehender natürlicher, kultureller oder geschaffener Ressourcen gleichgesetzt werden. Zuletzt besteht eine Vertriebsförderung auf Basis einer professionellen digitalen Aufbereitung und Verteilung von Informationen, komplementiert mit eigenen Buchungsmöglichkeiten.

Das Spiel und damit die Voraussetzungen haben sich verändert. Obiges Marktversagen ist nicht mehr. Dann darf man nicht vergessen: Tourismus ist ein soziales Phänomen, basierend auf der Nachfrage nach Erlebnissen in Attraktionspunkten. Gäste holen Gäste, indem sie Geschichten über diese Erlebnisse verbreiten und damit Interesse wecken; Social Media skaliert die Reichweite dieser Art der Promotion massiv. Im Tourismus sind wir damit im Geschäft der «Befähigung zum Storytelling».

Welche Aufgaben haben DMOs in dieser neuen, so drastisch veränderten Welt? Auch in Zukunft wird es notwendig sein, gemeinsame, destinationsübergreifende Prozesse zu führen oder zu ermöglichen. Hier ein paar beispielhafte Stossrichtungen.

DMOs helfen bei der Erstellung und Führung von Attraktionspunkten. Es sind Attraktionspunkte, welche Nachfrage erzeugen; wenn es keine Anziehungspunkte gibt, gibt es keine Nachfrage. Viele weltberühmte Reiseziele sind mit herausragenden Natur- oder Kulturattraktionen ausgestattet; viele hingegen nicht, was sie zwingt, künstliche Anziehungspunkte zu schaffen. Diese können zeitlich unbegrenzt (z. B. Themenpark) oder begrenzt (z. B. Veranstaltung) sein. Gerade bei Veranstaltungen kann die DMO eine führende Rolle übernehmen, sei es als Moderator der entsprechenden Prozesse oder als eigenständiger Produzent.

DMOs unterstützen als Moderatoren die Steigerung der lokalen Produktivität. Hierzu ist es angebracht, vermehrt noch in Form von räumlichen Synergien und Public-Private-Partnerships zu denken. Arealsynergien sind gleichbedeutend mit der Möglichkeit, unterschiedliche, sich aber ideal ergänzende Raumnutzungen am gleichen Standort zu konsolidieren (strukturiert entlang von Besucherströmen).

DMOs operieren als Dienstleistungszentren für Gäste. Dienstleistungen sind hierbei auf die klare gemeinschaftliche Reduktion von «Pains» oder das Schaffen von «Gains» für Besucher auszurichten. Dazu gehören z. B. weiterhin Informationsdienste, logistische Unterstützung (bspw. Personen- und Gepäcktransport bis hin zu Co-Working-Spaces mit Kinderbetreuungseinrichtungen) und jede weitere Art von Vor-Ort-Unterstützung für Personen, die sich nur vorübergehend an einem Ort befinden.

DMOs beteiligen sich verstärkt an der Produkt- und Angebotsgestaltung. Hier beginnt eigentlich die Marketing-Logik(!), und hier werden auch in Zukunft Koordinationsfähigkeiten und -prozesse benötigt. Diese Produkt- und Angebotsgestaltung sollte sich jedoch weniger an austauschbaren Themen, sondern mehr an Bedürfnissen differenzierter Besucherströme und den damit verbundenen Storypotenzialen orientieren (man nehme die durch die Gäste zu erzählende Geschichte als Grundlage für das Design). DMOs moderieren idealerweise die damit verbundenen Prozesse. Sie können aber auch einen Schritt weitergehen und im Einzelfall zu Incoming Operators werden, welche entweder via Schaffung eines Preis- (Bündel preisgünstiger als Einzelleistungen) oder eines Leistungsvorteils (Bündel mit ausserordentlichen Leistungselementen) zusätzliche Attraktionskraft für die Destination schaffen.

DMOs unterstützen Leistungsträger in deren Marketingentscheidungen (idealerweise entlang von Besucherströmen strukturiert). DMOs wandeln sich in diesem Bereich zunehmend von einer entlastenden zu einer befähigenden Organisation. In Zukunft wird der «Erfolg» weniger auf direkten DMO-Massnahmen basieren, sondern auf indirekten.