Gastbeitrag von Christian Laesser, Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St. Gallen.

Die Einschränkungen zur Eindämmung der CoV-2-Pandemie werden voraussichtlich bald gelockert. Doch selbst unter optimalen Bedingungen sind wir wohl mit zwei länger dauernden Herausforderungen konfrontiert: Erstens: Eine Planbarkeit unserer Leben und wirtschaftlichen Aktivitäten ist aufgrund vieler weiterhin bestehender Unsicherheiten nur kurzfristig möglich. Zweitens: Der minimale individuelle Raumbedarf bleibt aufgrund des Social Distancing gross.

Wie kann dies nun produktiv genutzt werden? Zum ersten Punkt. Mangelnde Planbarkeit bedeutet, dass Entscheide vermehrt hinausgeschoben und näher beim Konsumzeitpunkt liegen. Anbieter im Tourismus sollten deshalb darüber nachdenken, Strafen für Annullationen wenigstens teilweise zu reduzieren. Dies ist aber nicht eine wirklich befriedigende Lösung. Alternativ könnten Buchungs- oder Reservationskontingente erst deutlich später als normal geöffnet werden, da frühe Buchungsmöglichkeiten aufgrund des zuvor beschriebenen Unsicherheitsempfindens eh nicht genutzt werden. Ultima Ratio wäre dagegen, grossmehrheitlich impulsive und damit sehr kurzfristige Buchungen zuzulassen und dieses Verhalten vielleicht sogar mit speziellen Anreizen und Vermarktungsmassnahmen zu unterstützten. Solch kurzfristige Entscheidungen sind oftmals weniger reflektiert und generieren deshalb vergleichbar höhere Ausgaben. Darüber hinaus lassen sie den Anbietern, welche ebenfalls mit Unsicherheiten zu kämpfen haben, Möglichkeiten zur kurzfristigen Angebotssteuerung. Ein Ansatz mit Impulskäufen ist derzeit besser denn je möglich: Die maximale Zahl von Buchungen ist aufgrund der neuen räumlichen Bedingungen «natürlich», weil regulatorisch limitiert und schafft deshalb ein Gefühl der Dringlichkeit.

Dies führt mich zum Thema «Raum». Dieser ist aufgrund des Social Distancing und der verlangten Mindestabstände per Gesetz ein knappes Gut. Aus diesem Grund sollte in Erwägung gezogen werden, dessen Nutzung von anderen Aktivitäten zu entbündeln, separat zu bewirtschaften und eventuell sogar auch separat zu bepreisen.

In Restaurants bedeutet dies zum Beispiel, den bislang gebündelten Kundenprozess aus Bestellung/ Bezahlung und Konsumation an einem Sitz- oder Stehplatz zu trennen in erstens «Bestellen und bezahlen der Konsumation» (wo immer diese dann getätigt wird) und zweitens «Aufenthalt und damit «Sitz-Zeit» in einem Lokal» (unabhängig, ob und was jemand hierbei konsumiert). Beides sollte vorbestellt beziehungsweise reserviert werden können, um Platz raubende Warteschlangen zu minimieren.

In Hotels können insbesondere Gemeinschaftsräume oder auch Sport- und Wellnessanlagen ähnlich bewirtschaftet werden, mit Reservationen und möglicherweise sogar Zeit-Preisen für deren Nutzung. Ein solches Verfahren wird etwa bei der Therme Vals oder bei touristischen Hotspots wie der Alhambra in Granada verfolgt.

Bei Bergbahnen besteht neu die Möglichkeit, eine extern verordnete und gesundheitlich begründete Kapazitätsbeschränkung einzuführen. Diese wird im Wesentlichen getrieben durch die reduzierten Kapazitäten in geschlossenen Transportgefässen (Luftseilbahnen und Gondeln) sowie in der Gastronomie. Dynamische Preise – sogar nach oben offene – lassen sich in einem solchen Setting einfacher implementieren und kommunizieren denn je, da die Bergbahn dies ja gezwungenermassen macht.

Kurzfristige Optionen und Raum werden also – wenigstens vorübergehend – einen Mehrwert haben. Es ist geboten, diesen Mehrwert betriebswirtschaftlich als solchen zu behandeln und entsprechend Zahlungsbereitschaft abzuschöpfen.