Wer es während des vom Bundesrat angeordneten Lockdown kurzfristig ausgeblendet hat, weiss es wieder: Die politische Schweiz gründet nicht auf einem starken Staat, sondern auf dem Fundament des Föderalismus. Die Kantone verfügen über beträchtliche Entscheidungsgewalt, und darunter fallen auch weitgehende Massnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie. Das mag einigermassen sinnvoll erscheinen, nimmt man die aktuellen Fallzahlen zum Massstab, die sich trotz der Kleinräumigkeit des Landes stark unterscheiden. Allerdings kann man sich dann fragen, ob nicht zwischen städtischen und ländlichen Regionen unterschieden werden müsste, etwa wenn es um die Maskenpflicht in Läden geht. Sollten, grundsätzlicher formuliert, die Anstrengungen im Abwehrkampf gegen Covid-19 nicht dahin gehen, differenziertere und zielgenauere Massnahmen zu treffen?

Nun, wir haben ihn nun einmal, den grob gestrickten föderalistischen Flickenteppich an Massnahmen, deren Wirkung sich noch gar nicht messen lässt. Noch unübersichtlicher wird es, weil Politik und Verwaltung, getrieben von der Urangst, der Untätigkeit beschuldigt zu werden, Sofortmassnahmen verkünden, die nur halbwegs durchdacht sind und dann auch unzureichend erklärt werden. Was gab es allein in Zürich in den letzten Tagen an Erklärungsbedarf, etwa bezüglich Maskenpflicht in Clubs oder der Registrationspflicht in den Gastronomiebetrieben! All das schürt die Verunsicherung bei den Kunden. Vor allem aber stellt es die seit Anbeginn der Corona-Krise gebeutelten Branchen wie das Gastgewerbe oder den Detailhandel vor immer neue Herausforderungen.

Es braucht in diesen Zeiten eine fast schon buddhistische Gelassenheit und damit eine Beweglichkeit, die dem Wissen entspringt, dass alles fliesst. Jeder neue Tag kann Veränderungen mit sich bringen, die wiederum Anpassungen erfordern, sei es im persönlichen Umfeld, im eigenen Betrieb, in den Kantonen. Dabei darf man über Sinn oder Unsinn von einzelnen Massnahmen diskutieren. Wir sollten es sogar, denn das gehört zu unserer demokratischen Freiheit, die verteidigt werden muss. Im besten Fall hilft es mit, im Abwehrkampf gegen Covid-19 noch effizienter zu operieren und Massnahmen zu (er-)finden, die wirksam sind, ohne dass wirtschaftliche Existenzen aufs Spiel gesetzt werden müssen.

So ist die allgemeine Stimmungslage im Moment delikat. Vielen erscheint die Bedrohung als nicht so dramatisch, wie sie von Virologen und von den auf das Herunterbeten der neuen Fallzahlen fixierten Medien heraufbeschworen wird. Andere wünschen sich erneut ein stärkeres Engagement des Bundes. Allgemein wächst die Skepsis gegenüber dem (globalen) Krisenmanagement, zeigt der während des Lockdown vorherrschende gesellschaftliche Konsens erste Risse.

Es tut gut, hin und wieder tief durchzuatmen und sich bewusst zu machen, dass nicht alles Corona ist, was die Technologien, Märkte und Gesellschaften so rasant verändert. Und dass Corona auch nicht an allem die Schuld trägt. Nur ist das Virus leider noch da, taucht immer wieder auf. Deshalb müssen Behörden, Gewerbetreibende, wir alle beständig dazulernen, um noch besser damit zu leben. Mit verfeinerten, flexibilisierten Massnahmen, mit Augenmass und Geduld.