Der Luzerner Stadtrat will die Phase nach der Corona-Pandemie dazu nutzen, den Tourismus in die gewünschten Bahnen zu lenken. Mengenvorgaben für einzelne Tourismusattraktionen in der Stadt sind in der am Freitag präsentierten «Vision Tourismus 2030» dagegen nicht vorgesehen. Mit einer solchen Einschränkung, die auch rechtlich fraglich sei, würde der Erlebniswert der Stadt Luzern empfindlich gemindert, heisst es im 78-seitigen Dokument, das in einem zweijährigen Strategieprozess entstanden ist.

Der Stadtrat sei aber überzeugt, dass es mehr Steuerung brauche und die Stadt eine aktivere Rolle einnehmen müsse, damit sich Tourismusströme im Einklang mit dem Erhalt der Lebensqualität der Bevölkerung entwickeln.

Denn bis zur Coronapandemie sei der Tourismus in Luzern unverhältnismässig stark gewachsen, was sich negativ auf die Akzeptanz in der Bevölkerung ausgewirkt habe, sagte Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub (Mitte) vor den Medien. Ziel sei es, deren Bedürfnisse mit jenen der Anbieter im Tourismusbereich in Einklang zu bringen.

Differenzen beim Wachstum
Sie verhehlte allerdings nicht, dass nicht alle gleich begeistert seien von der vorliegenden Vision des Stadtrates. Differenzen gebe es etwa bezüglich der Gewichtung der Probleme. Sehr umstritten sei auch die Wachstumsfrage, der Tourismussektor habe sich hier klar gegen Vorgaben ausgesprochen. Auch ganz grundsätzlich gebe es Vorbehalte gegenüber einer stärkeren Rolle der Stadt.

Konkret stünden sich zwei Modelle gegenüber. Während sich die einen wünschten, dass Reisecars direkt ins Zentrum fahren können, stören sich die anderen an den Menschenmassen, die daraus resultieren.

Die Wirtschaftsakteure seien der Meinung, man könne dies mit einem klugen Management in den Griff bekommen. Die Umweltverbände dagegen forderten von der Stadt stärkere Steuerungsmassnahmen. «Wir konnten nicht in allen Punkten einen Konsens erreichen», sagte Bitzi. Sie hoffe aber, dass alle Beteiligten die Strategie mittragen und an der Umsetzung mitwirken.

In der Vision sind sechs Themenbereiche definiert: Touristenzahl, Gästemix, Angebote, Akzeptanz, Abwicklung sowie Mobilität und Umwelt. Dazu wurden Leitlinien formuliert. So wird etwa eine Plafonierung der Anzahl Cars und eine Reduktion der Spitzenwerte in der Innenstadt angestrebt. Dazu läuft parallel der Prozess Carregime, der dann konkrete Eckpunkte liefern soll.[RELATED]

Weniger Gäste aus Fernmärkten
Laut Bitzi herrsche Einigkeit, dass die Tourismusströme besser organisiert werden sollen. Bei der Besucherlenkung setze man etwa auf die Digitalisierung, mit der auf bereits stark besuchte Orte hingewiesen werden kann. Aber auch über Parkplatzpreise oder ein Slotmanagement könnte eine bessere Verteilung erfolgen.

Rechtlich steuern will der Stadtrat zudem die kommerziellen Kurzzeitvermietungen wie Airbnb. Ziel ist es, die Verdrängung von Wohnraum für Ortsansässige im Stadtzentrum zu minimieren. Weiter sollen neue Tourismusangebote gefördert werden. Ein laufendes Monitoring überwacht die Leitlinien.

Tourismusdirektor Marcel Perren begrüsste die neue Standortbestimmung, stamme doch das letzte Luzerner Tourismusleitbild aus dem Jahre 1986. Er wies darauf hin, dass der Tourismus nach der Pandemie nicht mehr dieselbe sein werde. So erwarte er mittelfristig rund 10 Prozent weniger Gäste aus den Fernmärkten. Zuletzt machten asiatische Touristen 30 Prozent und amerikanische Touristen über 20 Prozent aus.

Ziel sei es, Luzern noch stärker als Kulturstadt zu positionieren und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 1,7 Tagen zu verlängern. Zentral sei dafür eine gute Willkommenskultur.

Nun beginnt die politische Diskussion über die Strategie. Der Stadtrat will zudem eine Projektleitungsstelle Tourismus schaffen. Er beantragt dem Stadtparlament dafür einen Sonderkredit von 1,6 Millionen Franken verteilt auf zehn Jahre. Das Geschäft soll voraussichtlich Ende Januar ins Parlament kommen.  (sda/lm/npa)