Das Qualitäts-Gütesiegel vom Schweizer Tourismus-Verband (STV) hat seinen Ursprung in den 1990er-Jahren. Auslöser war damals ein massiver Einbruch der Logiernächte in der Schweiz. Recherchen ergaben als Gründe:  hohe Preise, mangelnde Gastfreundschaft, wachsende Konkurrenz und neue Gästebedürfnisse.

Die Branche musste reagieren. So entwickelten Vertreter der wichtigsten nationalen Dachverbände des Schweizer Tourismus und weitere touristische Organisationen zusammen mit dem Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus FIF der Universität Bern und der Frey Akademie AG in Zürich ein Qualitätsprogramm für den Schweizer Tourismus. Im November 1997 wurde das Q-Label mit dem STV als Trägerinstitution und Prüf- und Kontrollstelle lanciert.

Die Trägerorganisationen waren sich einig, dass das Q-Programm stetig an die Herausforderungen der Zukunft angepasst wird. In den vergangenen Jahren haben sich die Bedürfnisse im Markt jedoch entscheidend verändert. Ratings auf Bewertungsportalen laufen den klassischen Zertifizierungen den Rang ab. Kundenfeedbacks sind über diese Portale sowie die Social-Media-Kanäle in grosser Zahl verfügbar, was den Unternehmern erlaubt, direkt bei den wunden Punkten anzusetzen.

Zudem hat sich gezeigt, dass der Aufwand für die Q-Zertifizierung von vielen Betrieben als hoch empfunden wird. Auch sind die Verbesserungsmassnahmen im Qualitätsbereich heute eher punktuell als ganzheitlich erwünscht.

[IMG 2]Alle diese Voraussetzungen haben zur Folge, dass die Nachfrage nach einer Q-Zertifizierung rückläufig ist und das Programm für den STV längerfristig nicht mehr finanzierbar. Darum habe der Verbandsvorstand nach sorgfältigen Abklärungen und reiflicher Überlegung entschieden, das Q-Programm in seiner jetzigen Form per Ende 2022 einzustellen, wie der Verband in einer Mitteilung an sämtliche Q-Betriebe schreibt.

Neu- oder Rezertifizierungen nicht mehr möglich
Ab sofort sollen keine Neu- beziehungsweise Rezertifizierungen mehr vorgenommen werden können. Der STV werde jedoch seine Aufgaben gegenüber den zertifizierten Betrieben bis zum Ende der Laufdauer der erteilten Zertifizierungen respektive Rezertifizierungen weiterhin nahtlos erfüllen.

Es würden auch diejenigen Auszeichnungen, die sich schon in Erarbeitung befinden, wie geplant abgeschlossen werden können, heisst es im Communiqué weiter. Bis spätestens per Ende 2022 – in wenigen Fällen per 2023 ist aber Schluss. Die die Zertifizierungen laufen aus.

Qualität bleibt zentrales Thema
Für den Verband ist die Einstellung des heutigen Q-Programms aber gleichzeitig auch eine Chance für neue Perspektiven. Jetzt sei aber neue Denkarbeit gefragt – im gleichen Stil, wie sie vor 23 Jahren für das Qualitäts-Programm getätigt wurde, schreibt die nationale Netzwerk- und Dachorganisation weiter.

«Qualität im Schweizer Tourismus wird weiterhin ein grosses Thema bei uns bleiben», bekräftigt Martina Bieler, Leitung Kommunikation STV auf Anfrage. Darum werde sich nun eine breit abgestützte Arbeitsgruppe eingehend mit den Fragen beschäftigen, was heisst heute Qualität im Tourismus? Welche Bedürfnisse hat die Branche bezüglich Qualität? Wie kann sie dabei unterstützt werden, diese zu decken? «Zum heutigen Zeitpunkt jedoch können wir noch nicht sagen, wann und ob es nach 2022 noch ein Label geben wird. Die Evaluation hat erst begonnen», sagt die STV-Kommunikationsleiterin weiter.

Man sei aber dabei neue einzelne Instrumente zu entwickeln, die auf die Anliegen der Kunden angeglichen sind. Bereits angepasst hat der STV den Bezug einzelner Instrumente des Q-Programms. Dies weil Verbesserungsmassnahmen eher punktuell als ganzheitlich erwünscht sind. Einzelne Module wie beispielsweise Gäste-/Kundenfokus oder die Mitarbeiterbefragung können – losgelöst vom gesamten Programm und einfach zu handhaben – weiterhin über den Verband bezogen werden. Dieses Angebot soll in den kommenden Wochen noch bedürfnisgerecht weiterentwickelt werden.

Der STV stellt zu seiner Mitteilung einen Frage-/Antwortkatalog, der die wichtigsten Veränderungen  des Q-Programms aufnimmt. Keine Anpassungen werden bei den übrigen Labels vorgenommen. So wird der Verband auch künftig Sterneklassierungen für Ferienwohnungen und Gästezimmer sowie die Labels «Family Destination» und «Wellness Destination» vergeben.  (htr)