Die Wirkungsfelder von Tourismusorganisationen unterliegen einem stetigen und dynamischen Wandel. Der Arbeitsbereich der Destinationsmanagement-Organisationen (DMO) wird immer breiter und komplexer. Damit bewegt sich die klassische Tourismusorganisation vermehrt Richtung Lebensraumorganisation. Touristiker sind heute Allrounder. Sie sind Trendsetter, Entwickler, Umsetzer und Vermarkter. Sie sind Ökonomen, Politiker und natürlich immer noch Ferienprofis.
Diese Aufgaben- und Verantwortungsvielfalt nahm das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco zum Anlass, die Rolle der Tourismusdestinationen in den Mittelpunkt des zehnten Tourismus Forums Schweiz (TFS) zu stellen. Die Diskussionen auf und neben dem Podium im Zentrum Paul Klee in Bern drehten sich um die Strukturen und Aufgaben, sowie die Herausforderungen und Perspektiven der Tourismusorganisationen heute und morgen, darunter die CO2-Bilanzierung, der Fachkräftemangel oder der Fortschritt der Digitalisierung.
Dabei wurden einmal mehr die Spannungsfelder, in welchen sich der gesamte Tourismussektor bewegt, klar . Gleich zwei Podiumsdiskussionen tangierten das Rollen- und Verantwortungsverständnis der Tourismusorganisationen. Dabei stach heraus, wie verschieden diese innerhalb des Sektors, bei den einzelnen DMO aber auch unter den Leistungsträgern und Partnern ausgelegt werden.
DMO müssen vermehrt in Dienstleistungsketten denken. Die nutzenstiftende Zusammenarbeit wird zentral.
Brigitte Küng, Projektleiterin Hanser Consulting
Regionalentwicklerin, Marketingagentur, Dienstleisterin
Eine am TFS präsentierte Umfrage der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit Hanser Consulting unter 47 DMO zeigt: Über die Hälfte (54%) der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wird für traditionelle Aufgaben wie Gästeinformation sowie Angebots- und Destinationsvermarktung aufgewendet. Rund 14 Prozent der Gelder fliessen in die Angebots- und Produkteentwicklung. Der restliche Betrag wird für zahlreiche weitere Aufgaben, wie Events, Infrastrukturweiterentwicklung, Lobbying, Vernetzung oder Qualitätsmanagement aufgewendet.
Alle Umfrageteilnehmer geben zudem an, im Bereich der Destinationsentwicklungsstrategien aktiv zu sein. Etwas, das übrigens auch von den Leistungsträgern als wichtige Aufgabe der Tourismusorganisationen gesehen wird. Eine Mehrzahl der befragten Tourismusdestinationen sieht sich zusätzlich bei der Erarbeitung von Entwicklungsstrategien ausserhalb der Destination, bei der Entwicklung von Standorts- und Wirtschaftsförderungskonzepten mit Gemeinden und Regionen, in einer Leadrolle. Das vorliegende Durchschnittsbudget wiederspiegelt ihr vielfältiges Tätigkeitsfeld aber auch die unterschiedlichen Aufgabenpriorisierungen der Schweizer DMO.
Abhängigkeiten verlangen Governance und Kooperation
Mit dem komplexen Aufgabenprofil wächst automatisch auch die äussere Erwartungshaltung an die DMO. Dieser gerecht zu werden ist für die Touristiker insofern nicht einfach, als dass ihre Handlungsmacht stark vom Konsens mit Leistungsträgern und Stakeholder aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik abhängt.
Wie soll der Tourismussektor als vorwärtsgerichteter und visionärer Wirtschaftsmotor mit diesen gegensätzlichen Kräften gerade auch in Zeiten des Kapazitäten- und Ressourcenmangels umgehen? Eine Patentlösung hierfür wurde am TFS nicht geliefert. Einerseits wurde die Notwendigkeit einer präzise und verbindlich definierten Governance in den Raum gestellt, andererseits kam vermehrt der Ruf nach Kooperationen auf. Brigitte Küng, Projektleiterin bei Hanser Consulting: «DMO müssen vermehrt in Dienstleistungsketten denken. Die nutzenstiftende Zusammenarbeit wird zentral.»