
Dossier: Mobilität
Hin und weg
Meinung
Das Dilemma der touristischen Mobilität
Der Tourismus lebt von der Mobilität – und leidet gleichzeitig unter ihren Folgen. Wer in den Bergen Ski fährt, an einem einsamen See die Natur geniesst oder durch historische Städte bummelt, tut dies oft mit dem Gefühl, eine besondere Landschaft oder Kultur zu erleben. Doch was viele übersehen: Die grössten ökologischen Belastungen entstehen meist vor dem eigentlichen Ferienbeginn. In vielen Skigebieten werden bis zu 80 Prozent der CO₂-Emissionen durch die An- und Abreise der Gäste verursacht. Gerade die wirtschaftlich attraktiv erscheinenden Gäste aus Fernmärkten hinterlassen den grössten ökologischen Fussabdruck.
Wissen allein führt nicht zu nachhaltigerem Verhalten. Studien zeigen, dass Reisende um die klimatischen Folgen ihrer Mobilitätswahl wissen, sich aber selten entsprechend entscheiden, da andere Faktoren eine Rolle spielen. Die Ergebnisse einer im Sommer 2024 durchgeführten Umfrage unter Hotelgästen im Wallis verdeutlichen diese Dynamik. Während 65 Prozent der Schweizer Gäste aus der Deutschschweiz den Zug nutzen, greifen 68 Prozent der Romands zur privaten Autofahrt.Die Bahninfrastruktur begünstigt dabei die Reisenden aus der Deutschschweiz: Der Lötschbergtunnel bietet eine schnelle und direkte Anbindung ins Wallis, während Westschweizer Gäste im Schnitt eine Stunde länger mit dem ÖV unterwegs sind. Familien ziehen aufgrund von Kosten und Praktikabilität meist das Auto vor. Diese Differenzen zeigen, dass nachhaltige Mobilität nicht nur eine Frage des Umweltbewusstseins ist, sondern stark von Reisegewohnheiten, Convenience und finanziellen Überlegungen abhängt.
Das Auto bietet maximale Flexibilität und einfachen Gepäcktransport, Flugreisen sind ab mittleren Distanzen konkurrenzlos schnell, während der Bahnverkehr in Europa strukturelle Defizite aufweist. Die Buchung ist oft kompliziert, da die nationalen Systeme bis vor kurzem nicht optimal miteinander verknüpft waren. Flüge bleiben durch Steuerprivilegien günstig, während Bahntickets oft teurer sind. Viele Destinationen sind nur mit Umstiegen erreichbar, was die Reise verlängert und unattraktiver macht. Selbst wenn es eine direkte Zugverbindung gibt, bleibt das «letzte Meile»-Problem oft eine Barriere für den ÖV.
Nachhaltige Formen des Reisens sind bekannt, aber nicht bequem und günstig genug, um das Verhalten von Touristen grundlegend zu ändern. Ein echter Wandel braucht mehr als Appelle an die Eigenverantwortung. Solange Flüge steuerlich begünstigt und Bahntickets teurer sind, bleibt nachhaltige Mobilität ein Nischenangebot. Nachtzüge, schnelle Direktverbindungen und nahtlose Anschlüsse müssen gestärkt werden. Die Buchung sollte so einfach sein wie bei Flügen. Ein strategischer Hebel für Destinationen liegt in der Zielgruppensteuerung. Wer gezielt Besucher aus Bahn-affinen Märkten anspricht und längere Aufenthalte fördert, reduziert die CO₂-Bilanz pro Gast.
Wer mehr Gäste für nachhaltiges Reisen begeistern will, muss die Entscheidung einfach und attraktiv machen – durch intelligentes Design und digitale Lösungen. Perfekte Nachhaltigkeit gibt es nicht, aber jeder Schritt hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität trägt dazu bei, den Tourismus zukunftsfähig zu machen.
Zur Person
Roland Schegg ist Professor am Institut für Tourismus der HES-SO Wallis in Siders. Seit fast 20 Jahren befasst er sich in seiner Forschung mit dem digitalen Tourismus. Er analysiert Themen wie den Online-Vertrieb und die Einführung neuer Technologien wie KI.
Mobilitätswende
Stillstand ist keine Option: Der Umbau beginnt am Bahnhof
Mobilität betrifft uns alle – täglich. Wir wollen uns frei bewegen, schnell ans Ziel kommen und dabei nachhaltig handeln. Wer nicht mitfährt, verliert den Anschluss oder bleibt stehen.
Aus dieser ständigen Beobachtung resultiert ein riesiges Spannungsfeld mit ökologischen, technologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten. Mobilität muss nicht nur innovativ, sondern auch inklusiv, für alle zugänglich,…
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Trends
Mobilität: Smarte Lösungen für Stadt und Land
Die Mobilitätstrends sind geprägt von der flexiblen Kombination der jeweils am besten geeigneten Verkehrsmittel. Gewählt wird abhängig von der Situation statt von festen Grundsatzentscheidungen. Sharing-Konzepte reichen über die Städte hinaus und treffen auch in ländlichen Regionen auf ähnlich gelagerte Bedürfnisse. Wichtig ist ihre Integration in den öffentlichen Verkehr, sodass sie eine natürliche Ergänzung zur…
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Artikel kaufenStefan Carsten
Booster
Mehr als nur ein Zimmer buchen
Michael Huber sitzt zu Hause in München und bucht ein Hotelzimmer für seine Geschäftsreise nach Zürich. Nach Abschluss des Vorgangs erscheint ein zusätzlicher Hinweis: «Buchen Sie jetzt Ihr ÖV-Ticket für Ihren Aufenthalt.» Er kauft das SBB-Billett, und wenige Klicks später ist alles erledigt – ohne zusätzliche Apps. Dieses fiktive Beispiel zeigt, was die neue Software des Start-ups Get Local möglich macht: Sie…
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Artikel kaufenReto Vogt
Meine Meinung
Netto null: Die Mobilität zwischen Zielen und Träumen
Der Flughafen Zürich ist eine essenzielle Säule des Schweizer Tourismus. Über 30 Millionen Reisende nutzen die Drehscheibe jedes Jahr, rund ein Viertel aller ausländischen Gäste gelangt über ihn in die Schweiz. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass dieser Träger des eidgenössischen Wohlstands erhebliche Risse aufweist und nicht zukunftsfest ist.
Noch wird fleissig der glänzende Status quo mit langfristigen Wachstumsprognosen von zwei Prozent pro Jahr weiterpoliert und als Fortschreibung der Demokratisierung der Luftfahrt zelebriert. Diese Luftnummern machen jedoch die Rechnung ohne die zukünftig zu erwartende Regulierung des heute spottbilligen Lufttransports, in den die Klimaschäden bestenfalls marginal eingepreist sind. Wenn wir unsere Klimaziele ernst nehmen – und die zunehmenden Starkwetterereignisse, Klimakrisen und Migrationsströme werden uns in den kommenden Jahren immer wieder eindringlich daran erinnern, dies zu tun –, wird der Luftverkehr morgen ein anderer sein müssen. Aktuell erzeugen wir nur einen Bruchteil der Mengen an Sustainable Aviation Fuel (SAF), die wir gemäss den rosaroten Hochglanzprognosen für einen nachhaltigen Luftverkehr benötigen würden – ohne reelle Aussicht auf eine ausreichend schnelle Skalierung der Produktion. Trotzdem wird gebetsmühlenartig die Rettung der «Business (and Economy) Class as usual» durch den Einsatz von SAF beschworen. Angesichts dieser realitätsfernen Technikgläubigkeit wächst die reale Lücke zwischen Netto-null-Zielen und Branchenträumen stetig.
Die Zukunft des europäischen Tourismus liegt im terrestrischen Verkehr.
Fliegen ist eine grandiose Art des Reisens. Doch fernab aller Flugschammoralisierungen ist rational festzustellen, dass der europäische Freizeit- und Geschäftstourismus schleunigst ein alternatives Mobilitätskonzept benötigt. Insbesondere den energieseitig besonders ineffizienten Kurzstreckenverkehr werden wir uns nicht mehr leisten können, wenn wir interkontinental mobil bleiben wollen. Innereuropäische Destinationen, die jetzt ihre Bahnerreichbarkeit signifikant verbessern, werden in naher Zukunft bedeutend robuster auf die Korrekturen im Luftverkehr reagieren können. Die Schweiz muss daher schnell ihre Integration in das europäische Bahnnetz verbessern und neue Angebote im Tag- und Nachtzugsegment entwickeln. Letztlich könnte der Tourismusstandort Schweiz im Herzen Europas dann sogar gestärkt aus der alternativlosen Transformation unseres Mobilitäts- und Energiesystems hervorgehen.
Doch bislang ist der internationale Bahnverkehr ein Paradebeispiel für die Entropiezunahme in Systemen: War es zu Zeiten der Dampflok noch problemlos möglich, diese grenzüberschreitend von Amsterdam bis Bari einzusetzen, fragmentieren heute verschiedenste Strom-, Sicherungs- und Regulierungsphilosophien den internationalen Schienenpersonenfernverkehr zu einem ineffizienten Planungs- und Betriebsmonster. Alle Bestrebungen zu europaweiten Harmonisierungen haben den Flickenteppich bislang kaum beseitigen können. Von der Flexibilität, der Standardisierung und den Skaleneffekten eines A320 sind die heutigen Schienenfahrzeuge Lichtjahre entfernt – ebenso in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und Attraktivität für Start-ups und Investoren.
Die Zukunft des europäischen Tourismus liegt im terrestrischen Verkehr. Die beste Zeit der Eisenbahn liegt noch vor uns. Aber nur, wenn jetzt fleissig an einem effizienten Bahnsystem geschraubt anstatt von sprudelnden SAF-Quellen geträumt wird.
Thomas Sauter-Servaes leitet als Professor den Ingenieurstudiengang Mobility Science an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), School of Engineering. Sein Forschungsfokus liegt auf innovativen Services und Geschäftsmodellen im Bereich Mobilität.
Barrierefreies Reisen
Hürdenlos ins Hotelzimmer
Roland Bigler empfängt seine Kunden im ersten Stock des Globetrotter-Reisebüros im Liebefeld. Es gleicht einer loftartigen Wohnung, die er sich mit der Firma Rundum Ortho und Reha, Spezialisten für angepasste Rollstühle und Reha-Hilfsmittel, teilt. Dort plant Bigler Reisen für Menschen mit Handicap. Als Rollstuhlfahrer und Vielreisender weiss er: Barrierefreiheit ist nicht nur eine Frage von Rampen und Liften – sie…
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Erlebniszüge
Aussergewöhnliche Züge, durchdacht bis ins kleinste Detail
Die Betreiber von Panoramazügen sind echte Aushängeschilder der Schweiz. Sie investieren in Individualreisende und luxuriöseren Service mit eigens konzipierten Wagen. Nach der 2019 eingerichteten Excellence Class des Glacier Express setzt auch der Golden Pass Express seit 2022 auf eine Prestige-Klasse. Wagen mit Concierge-Betreuung, Service am Platz und Komfort wie in der Flugzeug-Business-Class zeichnen diese…
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Autofreie Destination
Autofreies Zermatt: Ein Modell mit Grenzen
Bereits 1947 fuhr das erste Elektrofahrzeug durch Zermatt. Heute sind es deren 570. Das autofreie Verkehrskonzept ist grundsätzlich topografisch begründet. Gemeindepräsidentin Romy Biner: «Zermatt hätte nie die Platzverhältnisse gehabt, um Autos im Dorf zu bewerkstelligen.» Heute gehört das Mobilitätskonzept zu Zermatts USP – wie das Matterhorn. Ein Vorzeigeprodukt. Die strikten Verkehrsbeschränkungen – etwa die…
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Flussreisen
Wie Schweizer auf Europas Flüssen mitmischen
Einst waren die grossen Flüsse Europas auch wirtschaftliche Lebensadern. Städte wie Lyon, Basel, Köln, Wien, Prag und viele andere sind am und mit dem Wasser zu blühenden Zentren aufgestiegen. Bis weit in die Neuzeit hinein waren die Wasserstrassen die schnellsten und sichersten Transportwege für Menschen und Güter. Auf den schlecht ausgebauten Strassen kamen Kutschen mehr schlecht als recht voran, blieben im Schlamm…
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Elektromobilität
In wenigen Schritten zur Ladestation
E-Auto-Fahrerinnen und -Fahrer schätzen einfache Lademöglichkeiten. Hotels ohne solche Angebote riskieren, zahlungskräftige Gäste zu verlieren. Ladestationen signalisieren Innovation und Nachhaltigkeit. Wer vorausschauend plant, schafft ein flexibles Angebot und vermeidet Fehlinvestitionen. HotellerieSuisse unterstützt mit einem E-Mobilitätsratgeber in Zusammenarbeit mit Swiss eMobility.
Ausgangslage erstellen…
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Hotelkooperation
Mobile Gäste dank Elektro-Carsharing
Die kleinen roten und weissen Elektroautos mit dem Logo «Green Mobility», die im Walliser Val d’Hérens unterwegs sind, machen neugierig. Der von acht Hotels im Tal sowie den Verkehrsbüros von Evolène und Nax angebotene Service ermöglicht es den Gästen, sich nach ihrer Ankunft am Zielort freier zu bewegen.
«Bereits ab der ersten Übernachtung in unserer Destination können unsere Gäste den kostenlosen Mobilitätsservice…
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