Eine äusserst zentrale Frage, die eine ganze Industrie nicht erst seit der pandemiebedingten Personal- und Fachkräftekrise umtreibt. Und Grund für Ueli Schneider, Geschäftsleitungsmitglied von HotellerieSuisse, und mich, die Teilnehmenden des letztjährigen NextGen. Hospitality Camp, das im Rahmen des Hospitality Summit 2021 durchgeführt wurde, mit dieser Frage zu konfrontieren. Eine Schlüsselantwort wurde nicht geliefert. Aber ein lebendiger und teilweise emotionaler Austausch mit den engagierten Jungen zeigte, dass Wertschätzung eine zentrale Rolle bei der Lösung dieser Herausforderung spielt.

«So what …?», mögen manche jetzt vielleicht denken. Auch uns hat diese doch eher «banale», aber klare Erkenntnis im ersten Augenblick überrascht. Gleichzeitig haben wir jedoch in weiterführenden Diskussionen realisiert, dass es so einfach dann doch nicht ist.

Liegt es daran, dass wir, die Generation der Babyboomer und der Generation X, ein differenzierteres Verständnis von Wertschätzung haben als die Generation Next? Oder ist uns Wertschätzung im Laufe der Zeit und unserer beruflichen Weiterentwicklung schlicht abhandengekommen? Was bedeutet Wertschätzung grundsätzlich? Was bedeutet sie uns (Älteren); was bedeutet sie den Jungen?

«Wertschätzung bezeichnet die positive Bewertung eines Mitmenschen. Sie gründet auf einer inneren allgemeinen Haltung andern gegenüber und betrifft immer den Menschen als Ganzes, unabhängig von seinen unmittelbaren Taten und Leistungen», so die gängige Definition. Wertschätzung ist verbunden mit Respekt und Wohlwollen und drückt Interesse und Aufmerksamkeit aus. Die letzten beiden Punkte sollten wir (Babyboomer und Generation X) uns zu Herzen nehmen. Da gilt es anzusetzen, wenn wir die Jungen – die Lernenden in unseren Betrieben – nachhaltig für unsere Branche gewinnen wollen.

Die Generation Next möchte stärker in den betrieblichen Alltag «eingebunden» sein.

Wer heute ins Berufsleben eintritt, ist wohl grösstenteils sorgenfrei und behütet aufgewachsen. Geldnöte kennen diese Menschen nicht. Auch ihre Eltern dürften nicht (nur) des Verdienstes wegen arbeiten. Entsprechend sind junge Menschen mit klaren Wertvorstellungen gross geworden. Und sie wissen, was sie sich vom Leben wünschen und wie sie dieses gestalten wollen. Im Erlernen eines Berufs suchen Jugendliche heute einen Teil ihrer Sinnhaftigkeit. Der Beruf soll später, neben Familie, Freunden und Freizeit, ein wichtiger Treiber für die angestrebte mentale Gesundheit sein.

Wir wollten es noch etwas genauer wissen und haben unsere Generation-Next-Vertreterinnen und -Vertreter gefragt, was Aufmerksamkeit für sie im Berufsalltag ausmacht.

Neben Respekt für einfache, oftmals selbstverständliche Arbeiten, die Auszubildende tagtäglich ausführen, werden Einblicke in die Tätigkeiten, den beruflichen Alltag von Vorgesetzten gewünscht. Die Generation Next möchte stärker in den betrieblichen Alltag «eingebunden» sein. Sie möchten verstehen, was ihre Vorgesetzten umtreibt. Sie möchten «Teil des Puzzles» sein. Und Interesse an ihrer Person und für ihr Potenzial spüren. Beides ist leider oftmals zu wenig der Fall.

Warum? Fehlt es uns im mittleren und oberen Management schlicht an der Zeit, auf diese «weichen» Bedürfnisse einzugehen? Nehmen wir diese Bedürfnisse im Alltag wirklich wahr? Fehlt es uns am nötigen Verständnis für das, was gefordert wird? Können wir uns diese Fragen überhaupt leisten? Berechtigt sind sie bestimmt! Tatsache ist, dass wir das, was diese jungen Menschen fordern, ernst nehmen sollten.

Aufgrund der eindrücklichen Präsentation von Ursula Renold, Professorin für Bildungssysteme an der ETH Zürich, am Summit 2021 wissen wir, dass unsere Branche in vier, fünf Jahren wieder hoch attraktiv sein wird. Dies aufgrund der gesellschaftlichen Bewegungen. Viele digitalisierte und technologische Berufe, die in den letzten Jahren entstanden sind, werden den Bedürfnissen und Wertvorstellungen der Jungen nicht gerecht. Es werden künftig wieder häufiger Berufe gewählt, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Berufe, in denen Dienstleistungen erbracht werden müssen, die es den Menschen ermöglichen, in Teams zu arbeiten, Projekte gemeinsam voranzutreiben.

Bereits heute können wir einen kritischen Blick auf unsere Unternehmenskultur und unser eigenes Verhalten richten. Dies wird uns etwas Zeit kosten. Zeit, die uns sehr sinnvoll und zielführend investiert scheint. Denn sie wird uns für den Umgang miteinander verstärkt sensibilisieren und unseren Blick für das grosse Ganze schärfen.

Nicoletta Müller, Inhaberin und Geschäftsführerin, Innovation, Sales & Marketing GmbH

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