(sda/ots) Macht man für Unternehmen, die sich für den freien Markt entschieden haben, den Weg zurück in die Grundversorgung frei, ist das unfair für die gebundenen Kundinnen und Kunden. Denn diese und die Energieversorger tragen die Kosten und Risiken dafür. Der VSE kritisiert, dass der Bundesrat nun die Möglichkeit schafft, das Prinzip «einmal frei, immer frei» zu umgehen, und die Rückkehr in die Grundversorgung möglich macht.
Am 2. November 2022 hat sich der Bundesrat dagegen ausgesprochen, Stromgrossverbrauchern, die sich für den freien Markt entschieden haben, die Rückkehr in die Grundversorgung zu erlauben. Nach heutiger Rechtslage der Stromversorgungsgesetzgebung können Endverbraucher, die in den freien Markt gewechselt haben, nicht mehr in die Grundversorgung zurückkehren – es gilt das wichtige und richtige Prinzip «einmal frei, immer frei».
Unternehmen, die in den freien Markt gewechselt sind, haben dies aus Kostengründen getan und über Jahre deutlich weniger bezahlt als die Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung. Markt beinhaltet Chancen und Risiken. Die Spielregeln waren allen bekannt und auch ausdrücklich erwünscht. Von der Chance der tiefen Preise haben die freien Kunden jahrelang profitiert. Sobald Risiken auftauchen, wollen sie zurück unter das regulierte Regime.
Prinzip umgehen über ZEV
Der Bundesrat hat nun – in Widerspruch zu seinem Entscheid vom 2. November 2022 – eine Möglichkeit geschafft, wie Unternehmen trotzdem der Weg zurück in die Grundversorgung geebnet werden soll, und zwar über einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Heisst, die Stromgrossverbraucher können sich einem bestehenden ZEV anschliessen oder einen neuen ZEV gründen und haben so das Recht, vom lokalen Versorger grundversorgt zu werden – faktisch eine Rückkehr vom freien Markt in die Grundversorgung. Wird das ohne Vorlauffrist möglich, hat das fatale Folgen, weil dadurch eine vorausschauende, verantwortungsvolle Strombeschaffung durch die Energieversorger verunmöglicht wird.
Doch auch für die gebundenen Kundinnen und Kunden hat eine Rückkehr von Stromgrossverbrauchern in die Grundversorgung negative Konsequenzen. Ob es über ein ZEV geschieht oder nicht: Es bleibt für die anderen unfair. Auch wenn die Rückkehr in die Grundversorgung an die Bedingungen eines ZEV und somit an eine gewisse Eigenstromproduktion gebunden ist, müssen die Grundversorger trotzdem mehr Strom beschaffen, als sie für die Grundversorgung geplant und tatsächlich beschafft haben. Diesen Strom müssen die EVU am Markt zu den aktuell hohen Preisen nachbeschaffen.
Die Kosten für diese zusätzliche Beschaffung würden einerseits teilweise in den Grundversorgungstarif eingerechnet, was heisst, dass die bestehenden Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung diese Mehrkosten mittragen müssten. Andererseits würde ein Teil dieser Kosten je nach Preisberechnungsmethode vom EVU als Verlust getragen werden müssen. Dass eine Verordnung potenzielle Verluste auferlegt, widerspricht der Wirtschaftsfreiheit und ist verfassungsmässig fragwürdig.
Klare Bedingungen wären zwingend
Wird das Prinzip «einmal frei, immer frei» nun durchbrochen, hätte es Rahmenbedingungen gebraucht, um die negativen Effekte zu minimieren. Der VSE bedauert, dass der Bund es unterlassen hat, solche Bedingungen zu schaffen, die sichergestellt hätten, dass die Energieversorgungsunternehmen eine vorausschauende und verantwortungsvolle Beschaffung vornehmen können – im Interesse ihrer grundversorgten Kundinnen und Kunden. Dazu wäre ein Vorlauf zwingend gewesen. Dies, um zu verhindern, dass es zu ZEV-Gründungen kommt, die keinen anderen Grund haben, als den Zugang zur Grundversorgung zu erlangen, ohne eine massgebliche Eigenproduktion zu leisten.