Der bisherige Direktor von Ticino Turismo, Elia Frapolli, hatte im November 2018 seinen Rücktritt angekündigt, weil er für die CVP in die Staatsratswahlen eingestiegen war. Nach einem halben Jahr hat der Verwaltungsrat von Ticino Turismo am Dienstag den Schleier gelüftet und nach einem längeren Auswahlverfahren Angelo Trotta als neuen Direktor vorgestellt. Der 54-jährige Manager mit Tessiner Wurzeln und internationaler Berufskarriere wird sein Amt am 1. Juli 2019 antreten.
Die Präsentation von Trotta war kommunikationstechnisch allerdings suboptimal. Während einer Medienkonferenz in Giubiasco hielt Trotta zwar eine kurze Rede, doch waren direkte Fragen von Journalisten an den neuen Direktor auf Geheiss des Verwaltungsrats unter Präsident Aldo Rampazzi nicht erlaubt. Erst im Laufe des Nachmittags krebste der Verwaltungsrat zurück und teilte per Mail mit, Trotta könne doch interviewt werden. Alle Tessiner Medien machten davon umgehend Gebrauch. Im Fernsehen RSI war er am Abend sogar Studiogast in der Sendung «Quotidiano».
Berufliche Karriere war vorerst schleierhaft
Ebenfalls unglücklich war die Formulierung in der offiziellen Medienmitteilung, wonach «sein Lebenslauf verschiedene Führungspositionen an der Spitze internationaler Konzerne in der Schweiz, Italien, Frankreich, Brasilien, Deutschland und Spanien aufweist», ohne diese Konzerne namentlich zu nennen. Erst durch insistierendes Nachfragen kamen einige Namen auf den Tisch, insbesondere Zurich Versicherung, Tag Heuer und Michelin. Trotta hat sich auf Marketing im Luxusgütermarkt spezialisiert, leitete aber auch die Kommunikation für die Swatch-Gruppe. Zuletzt war Trotta «Managing director» für Gucci Luxury Timepieces in Spanien, das heisst für die Sparte Schmuck und Uhren.
Insbesondere sein Engagement für Gucci hat im Tessin in ersten Reaktionen für Stirnrunzeln gesorgt, denn Gucci steht als Teil des Konzerns Kering und die Luxury Goods International im Fokus eines Steuerskandals, der das Tessin tangiert. Soeben konnte sich der Konzern mit den italienischen Behörden in einem Vergleich aussergerichtlich einigen und bezahlt 1,25 Milliarden Euro (1,4 Milliarden Franken). Trotta betonte mehrmals, von dieser Geschichte nur aus der Zeitung erfahren zu haben. «Ich war nur einer von 16'000 Angestellten», so der neue Direktor. Mit den Finanzgeschäften des Konzerns habe er nichts zu tun gehabt.
Ein gestandener Marketing-Profi
In den ersten Interviews schlug sich Trotta im Übrigen brillant und ehrlich. Es bleibt unverständlich, warum der Verwaltungsrat ihm anfänglich ein Verbot für Interviews auferlegt hat. Jetzt wird einige Zeit Funkstille herrschen, denn Trotta will sich erst nach den ersten 100 Tagen seiner Tätigkeit wieder äussern. Das wird Anfang Oktober sein.
Trotta ist eindeutig ein Marketing-Profi. Seine Wahl stellt in gewisser Weise einen Kontrapunkt zu seinem Vorgänger Frapolli dar. Dieser war mit nur 31 Jahren zum Direktor gewählt worden, damals noch unter VR-Präsident Marco Solari, nachdem er zuvor ein Masterstudium beendet hatte und im Tessin in der Beratung tätig war. Er stand noch am Anfang seiner Karriere und kam aus der Tourismus-Branche. Trotta hat hingegen seine ganze Berufskarriere nach dem Studium an der Universität St.Gallen ausserhalb des Tessins – in der Deutsch- und Westschweiz – sowie im Ausland absolviert, in Branchen, die nicht direkt mit Tourismus zusammenhängen. Nun muss er das Produkt Tessin verkaufen. Er zeigte sich zuversichtlich. «Jetzt komme ich sozusagen nach Hause – und darauf freue ich mich sehr», sagte er.