Statt harte und teilweise willkürliche Verbote zu erlassen, solle der Bundesrat seine Entscheide künftig «prinzipienbasiert und abhängig von der Durchimpfung der Bevölkerung» fällen, hielten der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, der Schweizerische Arbeitgeberverband und zahlreiche andere Handelskammern, Branchenverbände und Unternehmen am Sonntag in einer Mitteilung fest.
Die insgesamt 31 Organisationen haben dem Bundesrat ein Ausstiegsszenario aus dem Corona-Lockdown in vier Schritten vorgeschlagen. Erste Lockerungen fordern sie ab dem 1. März. Dann sollten alle Läden wieder geöffnet werden. Die Regel von fünf Personen für Versammlungen sollte gelockert und die Pflicht zum Homeoffice aufgehoben werden.
Weitere Lockerungen will die Wirtschaft vom Fortschritt der Impfkampagne abhängig machen – und von der Impfbereitschaft. Sobald genug Impfstoff für alle vorhanden sei, sollten auch Grossevents wie Konzerte, Partys oder Sportanlässe wieder möglich sein, allerdings nur für geimpfte Personen.
Beschlüsse wohl erst am 24. Februar
Laut verschiedenen Berichten in der Sonntagspresse sprechen sich auch die Kantone für erste Lockerungsschritte im März aus. Im Vordergrund steht dabei die Forderung nach Wiedereröffnung von Geschäften für Waren des nicht täglichen Bedarfs.
Auch die Kultur ist zunehmend im Aufruhr: Hunderte von Kulturschaffenden haben am Samstag in mehreren Westschweizer Städten auf ihre schwierige Lage aufmerksam gemacht. In einem offenen Brief an die Behörden fordern 31 Westschweizer Dach- und Berufsorganisationen eine schrittweise Öffnung kultureller Institutionen, die seit fast vier Monaten geschlossen sind.
Der Bundesrat will am kommenden Mittwoch über allfällige Änderungen der geltenden Massnahmen diskutieren. Beschlüsse werden jedoch erst am 24. Februar erwartet. Gesundheitsminister Alain Berset hatte letzte Woche angedeutet, dass es gewisse Lockerungen geben könnte.
Zehn Kantone mit Konzept für Massentests
Unterdessen verstärken immer mehr Kantone ihre Bemühungen für präventive Massentests. Bisher haben rund zehn Stände ein Konzept beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) eingereicht, wie die Behörde einen Bericht der Tamedia-Medien bestätigte.
Die Konzepte der Kantone bedürfen keiner Bewilligung durch den Bund. Das BAG nehme sie zur Kenntnis und unterstütze die Kantone bei der Umsetzung, erklärte BAG-Sprecher Daniel Dauwalder auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zum Einsatz kommen sollen Antigen-Schnelltests oder gepoolte Speichel-PCR-Tests.
Gesundheitsminister Alain Berset hatte die Empfehlung von Massentest Ende Januar damit begründet, dass sich die epidemiologische Lage zu langsam verbessere und die Ausbreitung der neuen Virusvarianten Sorge bereite.
Intensiv getestet wurde bereits in den Waadtländer Skigebieten. Dabei wurden weniger als ein Prozent positive Fälle festgestellt. 26 von insgesamt 2650 Tests vielen positiv aus. Davon waren ein Viertel symptomlos. Das sei ein beruhigendes Resultat, teilte der Kanton am Samstagabend mit.
Fragezeichen hinter Contact-Tracing
Grundsätzlich bestätigt wurde vom BAG am Wochenende auf Anfrage auch die Existenz eines internen Dokumentes zur Wirksamkeit des Contact-Tracings. Die «Sonntagszeitung» hatte darüber berichtet. Das Dokument basiere auf klinischen Meldeformularen.
Gemäss dieser Analyse von 100'000 Ansteckungen in sechs Kantonen könne in 87 Prozent der Fälle der Infektionsort nicht bestimmt werden, hiess es in dem Medienbericht. Die Rückverfolgung laufe noch mehr ins Leere als bisher angenommen.
Das BAG hielt dazu fest, es kommentiere keine Zahlen aus diesem «Arbeitspapier». Es gebe zwar immer mehr Daten aus den Kantonen. Das Gesamtbild sei jedoch noch nicht aussagekräftig genug.
Weiter führte die Behörde aus, grundsätzlich gehörten die Familie und andere Kreise, in denen keine Schutzmassnahmen eingehalten werden könnten, zu den Hauptansteckungsorten. Im Allgemeinen sei es jedoch schwierig für eine Person, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde, den Ort der Infektion zu identifizieren. (sda og)