«Weltwoche» und «Blick» eröffneten das Feuer, die «SonntagsZeitung» fuhr am vergangenen Sonntag noch gröberes Geschütz auf: Jürg Schmid, seit 16 Jahren Direktor der öffentlich-rechtlichen Marketingorganisation Schweiz Tourismus und in der Wahrnehmung vieler Journalisten längst so etwas wie der Tourismusminister des Landes, steht plötzlich und ziemlich unerwartet unter Beschuss.
Was ist los? Was hat Schmid getan, um vom begehrten Gesprächspartner zum Buhmann zu werden? Begonnen hat es mit der hochgekochten Empörung über seinen Lohn. Dieser ist sicherlich hoch – er stieg im letzten Jahr dank einem praktisch vollständig bezogenen, erfolgsabhängigen Bonus auf rund 425 000 Franken. Über die Höhe von Gehältern darf man diskutieren, zumal es in diesem Fall einen bundesnahen Betrieb betrifft. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ein grosszügiges Bonussystem für das Marketing allgemein der Weisheit letzter Schluss ist, lassen sich Erfolge doch nicht so einfach bemessen.
Nur: Es gab und gibt bei Jürg Schmids Lohn keine Unrechtmässigkeiten. Er wurde festgelegt und als gerechtfertigt bewilligt vom dreizehnköpfigen Vorstand, wovon sieben Mitglieder vom Bund bestimmt sind. Wie mir versichert wird, sei die Zustimmung nach sachlicher Diskussion unisono erfolgt. Vehement bestritten wird der mitunter geäusserte Verdacht, der Vorstand verhalte sich als Führungsgremium passiv und neige dazu, die Anträge des Direktors abzunicken.
Ginge es also um den Lohn, müssten die Kritiker ihren Fokus auf den Vorstand richten und letztendlich die nationale Politik bemühen. Aber es geht offenbar um mehr. Eben noch hat der oberste Touristiker in der öffentlichen Wahrnehmung alles richtig gemacht, jetzt macht er alles falsch. Und um dies zu belegen, wird die ausgeprägte Heterogenität unserer Branche weidlich ausgenutzt.
Es findet sich nämlich für jede These die passende Quelle. Will man Schmid vorwerfen, in China den Massentourismus zu vernachlässigen, ist Urs Kessler von den Jungfraubahnen zur Stelle. Will man belegen, dass der chinesische Individualtourist zu wenig bearbeitet wird, tritt der Walliser Hotelierpräsident auf den Plan. Und werden die ausbleibenden deutschen Gäste bemüht, findet sich der Kritiker im Appenzellerland.
Man darf und soll über Kampagnen unserer nationalen Marketingorganisation kontrovers diskutieren. Aber mit derlei Argumenten lässt sich nicht belegen, dass Schweiz Tourismus unter der Führung von Jürg Schmid eine ungenügende Leistung erbringe und dass es, wie suggeriert, in der Tourismusbranche insgesamt rumore. In diesem Jahr kooperieren 1140 grosse und kleine Partner mit Schweiz Tourismus und investieren 27 Millionen Franken in gemeinsames Marketing. Das sind Rekordwerte – und keine Spekulationen, sondern Fakten. So wie auch die von der «SonntagsZeitung» beschworene schlechte Stimmung am Hauptsitz ziemlich spekulativerscheint. Zumindest wird das Argument von den aktuellen Resultaten der jährlich von der Firma icommit durchgeführten Umfrage zur Mitarbeiterzufriedenheit deutlich widerlegt.
Ich stehe nicht in Jürg Schmids Diensten. Wir führten nach Berichten in der htr, die sich kritisch mit Schweiz Tourismus auseinandersetzten, schon intensive Diskussionen. Wer gerne im Rampenlicht steht – und ein professioneller Vermarkter muss es wollen, sonst ist er fehl am Platz –, macht sich nicht nur Freunde. Er wird genauer beobachtet als andere und muss mit Widerspruch oder Widerstand leben können.
Aber hier geht es nicht um Kritik, sondern um den fast faktenfrei gestarteten Versuch einer Demontage. An den Spekulationen über die Gründe und mögliche Drahtzieher der Medienkampagne will ich mich nicht beteiligen. Es liegt am Vorstand von Schweiz Tourismus, der sich diesen Freitag zu einer ordentlichen Sitzung trifft, endlich Stellung zu beziehen. (Gery Nievergelt)