Nach dem Nein der Stimmbevölkerung zum CO2-Gesetz im Juni will die Umweltkommission des Nationalrats (Urek-N) nun vorwärtsmachen. Mit einem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative soll das Netto-Null-Ziel bis 2050 ohne Verbot fossiler Energien gesetzlich verankert werden.
Die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» verlangt, dass die Schweiz ab 2050 klimaneutral sein soll. Darüber hinaus sollen aber ab diesem Zeitpunkt auch keine fossilen Brenn- und Treibstoffe wie etwa Öl, Gas, Benzin, Diesel oder Kohle mehr in den Verkehr gebracht werden dürfen. Ausnahmen soll es nur noch geben, wenn keine andere technische Variante zur Verfügung steht.
Der Bundesrat will der Initiative einen direkten Gegenentwurf gegenüberstellen, wie er Mitte August bekanntgab. Konkret will die Regierung das Netto-Null-Ziel in die Bundesverfassung schreiben.
Ein faktisches Verbot fossiler Energieträger geht ihr aber zu weit. Der Bundesrat sieht im Gegenentwurf lediglich eine Pflicht zur Reduktion fossiler Brenn- und Treibstoffe vor, soweit die Verminderung wirtschaftlich tragbar und mit der Sicherheit vereinbar sei.
Gesetz statt Verfassung
Der Umweltkommission des Nationalrats (Urek-N) geht der Weg über eine Verfassungsänderung aber zu lange. Die Kommission hat deshalb mit 15 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, Massnahmen auf Gesetzesstufe zu verankern. Das teilten die Parlamentsdienste am Mittwoch mit.
Inhaltlich gleichen die Anliegen denjenigen des Bundesrats, die Urek-N möchte sie aber ins CO2-Gesetz statt in die Verfassung aufnehmen, «damit rasch eine griffige Lösung vorliegt».
Konkret will die Nationalratskommission gesetzlich verankern, dass der Verbrauch von fossilen Treib- und Brennstoffen so weit zu vermindern ist, «wie dies technisch möglich, wirtschaftlich tragbar und mit der Sicherheit des Landes und dem Schutz der Bevölkerung vereinbar ist».
Die vom Menschen verursachten und in der Schweiz anfallenden Treibhausgasemissionen müssen gemäss Vorschlag spätestens ab 2050 durch Massnahmen im In- und Ausland dauerhaft ausgeglichen werden. Dafür soll ein Absenkpfad für die Treibhausgasemissionen bis 2050 festgelegt werden. Die Zwischenziele müssen den Verpflichtungen des Pariser Abkommens entsprechen.
Moderne Technologien fördern
Zusätzlich soll im CO2-Gesetz verankert werden, dass die konkreten Klimamassnahmen «auf eine Stärkung der Volkswirtschaft und auf Sozialverträglichkeit ausgerichtet» sind. Zudem soll die Situation der Berg- und Randgebiete berücksichtigt werden. Schliesslich sollen insbesondere Instrumente zur Förderung von Forschung, Innovation und Technologie genutzt werden.
Aus Sicht der Nationalratskommission ist das Netto-Null-Ziel erst mit der aktiven und dauerhaften Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre erreichbar. Um Forschung und Entwicklung von Negativemissionstechnologien zu fördern, hat die Kommission eine Motion beschlossen.
Als Nächstes befindet die Ständeratskommission über den indirekten Gegenvorschlag. Dieser träte – nach einer allfälligen Verabschiedung durch das Parlament – in Kraft, wenn die Volksinitiative zurückgezogen oder in der Volksabstimmung abgelehnt würde.
Die Gletscher-Initiative wird nicht vor Ende 2022 zur Abstimmung kommen. Bei einem Ja zur Initiative müsste das Parlament diese in jahrelanger Arbeit auf Gesetzesstufe umsetzen. (sda/npa)