Bisher verlangte die kleine Kammer einen Unterbruch der Tätigkeit. Nachdem sich der Nationalrat am Dienstag jedoch stillschweigend für eine Unterstützung für eingeschränkte Selbstständige ausgesprochen hatte, lenkte der Ständerat bei seiner zweiten Beratung des Covid-19-Gesetzes ein.
Bei den Details gehen die Meinungen noch auseinander. Laut dem Nationalrat sollen eingeschränkte Selbstständigerwerbende sowie Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung mit einem Einkommen bis 150'000 Franken anspruchsberechtigt sein. Sie sollen täglich maximal 196 Franken entschädigt erhalten.[RELATED]
Nur bei hohen Umsatzeinbussen
Der Ständerat verzichtet im Gegensatz zum Nationalrat auf eine Einkommensgrenze und einen Maximalbetrag. Der Bundesrat soll über die Höhe und die Bemessung der Entschädigung entscheiden. Entschädigungen sollen auf der Grundlage des selbstdeklarierten Erwerbsausfalls ausgerichtet werden.
Präzisiert hat die kleine Kammer die Spielregeln: Geht es nach ihr, sollen nur Personen Erwerbsausfallentschädigung erhalten, die mit einer Umsatzeinbusse von mindestens 60 Prozent im Vergleich zu den Jahren 2015 bis 2019 zu kämpfen haben. Die Regelung soll nahtlos die am (heutigen) Mittwoch auslaufende Notverordnung ablösen und bis Ende Juni 2021 gelten.
«Innovative Gesetzgebung»
Im Covid-19-Gesetz soll zusätzlich eine Härtefallklausel für Unternehmen der Event-, Reise- und Tourismusbranche und für Schausteller verankert werden. Möglich sind auch À-fonds-perdu-Beiträge.
Kommissionssprecher Paul Rechsteiner (SP/SG) sprach von einer «innovativen Gesetzgebung», weil vieles von der konkreten Umsetzung abhänge. «Wir machen mit diesem Artikel vielen sehr grosse Hoffnungen», sagte Daniel Fässler (CVP/AI). Er habe seine Bedenken, ob wirklich allen geholfen werden könne, die das nun erwarteten.
Es sei noch viel zu klären, sagte auch Bundeskanzler Walter Thurnherr. Beispielsweise fehle es noch an einem Finanzierungsgefäss. Die Verwaltung stehe vor einer grossen Herausforderung.
Definition von Härtefällen präzisiert
Geht es nach dem Ständerat, soll der Bund nur Unternehmen unterstützen, wenn sich die Kantone zur Hälfte an der Finanzierung beteiligen und eine Hilfe beantragen. Ein Härtefall liegt nach Ansicht der kleinen Kammer dann vor, wenn der Jahresumsatz unter 60 Prozent des mehrjährigen Durchschnitts liegt. Zu berücksichtigen sei auch die Gesamtvermögenssituation.
Anspruchsberechtigt sollen Unternehmen sein, die vor der Krise profitabel und überlebensfähig waren und nicht bereits andere Finanzhilfen des Bundes erhalten haben. Ausgenommen sind Kurzarbeits- und Erwerbsausfallentschädigungen sowie Covid-Bürgschaftskredite. Die Details soll der Nationalrat noch klären.
Einschränkungen bei Arbeit auf Abruf
Der Nationalrat wird sich voraussichtlich am Donnerstag mit den Entscheiden des Ständerats befassen. Neben den Präzisierungen beim Erwerbsausfall und bei den Härtefällen gibt es noch eine Differenz bei den Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung.
Laut dem Nationalrat sollen wie bisher Mitarbeitende auf Abruf oder mit einem befristeten Arbeitsvertrag sowie Lernende Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben. Der Ständerat will Kurzarbeitsentschädigungen dagegen nur für Mitarbeitende auf Abruf in unbefristeten Arbeitsverhältnissen zulassen.
100 Millionen Franken für die Kultur
Ausgeräumt haben die Räte weitere Differenzen. So will der Ständerat für das nächste Jahr 100 Millionen Franken zur Unterstützung von Kulturunternehmen bereitstellen. In der ersten Beratung war er noch auf Bundesratslinie und befürwortete 80 Millionen Franken.
Einen Konsens gibt es bei den Spielregeln für die Darlehen für Sportvereine. Der Nationalrat will, dass der Bund dafür Rangrücktritte gewähren kann. Mit diesem Instrument kann eine kurzfristige Überschuldung überbrückt werden. Der Ständerat ist nun auch einverstanden damit.
Klar war bereits, dass die Darlehen künftig nicht an die Ligen, sondern direkt an die Klubs vergeben werden sollen. Diese sollen dabei eine Sicherheit von 25 Prozent des betrieblichen Aufwands der Saison 2018/2019 leisten müssen.
Höhere Hürden für den Bundesrat
Beim Covid-19-Gesetz handelt sich um ein sogenanntes dringliches Bundesgesetz, das am Samstag kommender Woche in Kraft treten soll und in weiten Teilen Ende 2021 wieder ausläuft.
Das Parlament will mit der Vorlage die Corona-Notverordnungen, die der Bundesrat seit dem Frühjahr erlassen hat, wo notwendig in ordentliches Recht überführen. Die Notverordnungen treten sonst ersatzlos ausser Kraft. Zudem erhält der Bundesrat mit dem Gesetz etwas mehr Kompetenzen beim Gesundheitsschutz.
Die Räte haben dem Bundesrat jedoch verschiedene Grenzen gesetzt. Es verpflichtet die Regierung zur Konsultation des Parlaments und der Sozialpartner, bevor neue Massnahmen erlassen werden. Der Bundesrat wollte nur die Kantone explizit miteinbeziehen. (sda)