Ab etwa 2030, wenn die neue Röhre gebaut und die alte renoviert ist, werden zwei Tunnels durch den Gotthard führen. Die Kapazität soll aber nicht erhöhtwerden: Der Bundesrat will im Gesetz festschreiben, dass nur eine Fahrspur pro Richtung betrieben werden darf – auch wenn sich die Autos kilometerlang vor den Tunnelportalen stauen. Die zweite Spur in jeder Röhre soll als Pannenstreifen dienen.
Verkehrsministerin Doris Leuthard spricht denn auch stets von einer «reinen Sanierungsvorlage». Die Mehrheit der KVF-S sieht in ihrem Vorschlag die besteLösung: Damit sei die Anbindung des Tessins gewährleistet. Die für die Schweiz und Europa wichtige Gotthard-Verbindung könne auch während der Sanierung offen bleiben.
Gemäss KVF-S kann nach der Fertigstellung des zweiten Tunnels die Sicherheit erhöht werden, weil die Gefahr von Frontal- und Streifkollisionen mit zwei getrennten Röhren gebannt ist, wie es in einer Mitteilung der Parlamentsdienste vom Dienstag heisst. Zudem würde die Variante des Bundesrats auch spätere Sanierungen ermöglichen.
Ruf nach Öffnung
Eine Kommissionsminderheit hat Zweifel an der Verfassungsmässigkeit der Vorlage. Sie ist überzeugt, dass nach der Sanierung zwangsläufig Forderungen nach einer vollständigen Öffnung der vorhandenen Fahrspuren gestellt würden.Diesen könne auf längere Sicht wohl schwerlich widerstanden werden. Die Minderheit ist überzeugt, dass eine Sanierung auch mit einer Röhre möglich ist.
Die Kommission lehnte mehrere Rückweisungsanträge ab. Diese verlangten etwa eine vertiefte Prüfung der Verfassungsmässigkeit oder der Vereinbarkeit mit dem Landverkehrsabkommen mit der EU. Am Entwurf des Bundesrats hat die KVF keine Änderungen vorgenommen. Die Vorlage soll in der Frühjahrssession vom Ständerat behandelt werden.
Der Bundesrat möchte sie dem fakultativen Referendum unterstellen. Es wäre das dritte Mal nach 1994 (Alpenschutzinitiative) und 2004 (Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative), dass das Volk direkt oder indirekt über den Bau eines zweiten Tunnels durch den Gotthard befinden würde. Bisher lehnte es solche Bestrebungen ab.
Sanierung ohne zweite Röhre
Der Bundesrat hatte auch eine Sanierung des Gotthard-Strassentunnels ohne zweite Röhre zur Diskussion gestellt. Dies würde eine Sperrung der Gotthard-Röhre nötig machen, allenfalls mit einer Öffnung im Sommer. Insgesamt bliebe der Tunnel während 980 Tagen geschlossen.
Gegen diese Variante setzt sich das Tessin zur Wehr: Die Regierung befürchtet, dass der Kanton mehrere Jahre lang vom Rest der Schweiz isoliert wäre. Zu den Befürwortern einer zweiten Röhre gehören auch Verkehrs-, Transport- und Wirtschaftsverbände.
Auch hotelleriesuisse spricht sich für den Bau einer zweiten Strassenröhre aus. Eine vorübergehende Sperrung hätte in den betroffenen Kantonen erhebliche negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und insbesondere auf den Tourismus, hält der Unternehmerverband der Schweizer Hotellerie fest.
Eine Volksabstimmung über den Bau einer zweiten Gotthard-Röhre ist so gut wiesicher: Die Gegner – darunter SP, Grüne und Alpen-Initiative – haben ein Referendum angekündigt. Eine Abstimmung könnte 2015 stattfinden.(npa/sda)