Der Wirteverband Gastrosuisse äusserte am Mittwoch seine Erleichterung über die Aufhebung der Zertifikatspflicht. Der aktuelle Entscheid des Bundesrates sei ein grosser Schritt zurück zur Normalität, heisst es im Communiqué mit dem Titel «Auf diesen Moment haben wir lange gewartet». Die wirtschaftliche und personelle Lage im Gastgewerbe bleibe aber weiterhin ernst.
Auch die Schweizer Bar & Club Kommission findet, die Zertifikatspflicht sei eine grosse wirtschaftliche Einschränkung für die Unternehmen der Nachtkultur gewesen. Als eine der ersten Branchen habe das Nachtleben bereits im März 2020 die Türen schliessen müssen, heisst es in der Mitteilung vom Mittwoch. Und seitdem habe es keine Phase gegeben, in der im Nachtleben nicht mindestens eine Schutzmassnahme habe umgesetzt werden müssen.
Das Nachtleben lasse sich aber nicht in ein Take-Away-Angebot umwandeln, Streams und virtuelle Clubwelten ersetzten nie die Quintessenz der Nacht, in der es um soziale Nähe und um physisch wahrnehmbare Musik gehe, schreibt die Kommission weiter.
Hohe Umsatzverluste zu beklagen
Mit der Einführung von 2G und 2G+ im Dezember sei es zu massiven Umsatzeinbussen gekommen. Da das die umsatzstärkste Zeit des Jahres sei, habe es die Nachtkulturunternehmen hart getroffen, zumal die Reserven nach fast zwei Jahren Pandemie aufgebraucht seien.
Auch Gastrosuisse schreibt, die Umsätze in der Branche seien gemäss Daten des Verbands und der Konjunkturforschungsstelle KOF 2020 und 2021 gegenüber 2019 um rund 40 Prozent tiefer ausgefallen. Das entspricht laut Gastrosuisse einem wirtschaftlichen Schaden von über 20 Milliarden Franken.
Nachtleben fordert Tempo bei Härtefallverordnung
Es werde Zeit brauchen, bis sich die gastgewerblichen Betriebe erholt hätten. Während der Pandemie seien im Gastgewerbe 17'414 Covid-Kredite in Anspruch genommen worden. Viele Betriebe hätten grosse Probleme, die Kredite bereits jetzt zurückzuzahlen, habe eine Umfrage von Gastrosuisse gezeigt.
Die Schweizer Bar & Club Kommission fordert ihrerseits, es brauche jetzt bei den Kantonen Tempo und eine Umsetzung der neuen Härtefallverordnung mit Augenmass, um Konkurse im Nachgang der Pandemie zu vermeiden. Trotz Lockerungen sei unklar, wie schnell das Publikum wieder in die Clubs zurückkehren werde, heisst es in der Medienmitteilung.
«Grosse Chance» für den Tourismus
Mit der heutigen Aufhebung der Zertifikatspflicht in Restaurants, Freizeit- und Kulturbetrieben werde die Schweiz als Ferienland noch attraktiver – sowohl für Gäste aus dem In- als auch aus dem Ausland, findet derweil die Höhere Fachschule für Tourismus (HFT) Graubünden. Sie sieht die erneuten Lockerungen als «grosse Chance» für die Feriendestinationen.
HotellerieSuisse bläst ins gleiche Horn: Der Bundesrat habe heute eine Rückkehr zur vollständigen Reisefreiheit ermöglicht, schreibt der Verband. Ab morgen muss bei der Einreise kein Impf-, Genesungs- oder negativer Test-Nachweis und auch kein ausgefülltes Einreiseformular mehr vorgelegt werden. Das werde der Branche insbesondere in städtischen Regionen sowie in Orten wie Interlaken oder Davos helfen, die stark vom internationalen Reiseverkehr abhängig sind.
Doch es gibt auch Herausforderungen: Neben dem Fachkräftemangel nennt die HFT das Vertrauen der Gäste. «Jetzt stehen der Vertrauensaufbau ins Reisen sowie das Aufzeigen der Attraktivität der Tourismusbranche für den Arbeitsmarkt im Mittelpunkt», wird HFT-Rektorin Ursula Oehy Bubel in der Mitteilung zitiert.
Zürcher Opernhaus hält an Maskenpflicht vorerst fest
Um das Vertrauen der Gäste nicht zu verspielen und dem Sicherheitsbedürfnis des Publikums Rechnung zu tragen, gilt im Zürcher Opernhaus und im Bernhard Theater bis auf Weiteres bei allen Vorstellungen eine Maskenpflicht festgehalten. Der Entscheid sei in Abstimmung mit dem Tonhalle Orchester Zürich, dem Schauspielhaus Zürich und weiteren Schweizer Bühnen gefallen.
Ein Covid-Zertifikat ist für den Vorstellungsbesuch im Opernhaus und im Bernhard Theater sowie in deren Gastronomiebetrieben hingegen nicht mehr erforderlich. Dieses werde ab Donnerstag nicht mehr kontrolliert, heisst es in der Mitteilung weiter.
Einzelhandel will Masken für Personal vorläufig beibehalten
Auch die Swiss Retail Federation empfiehlt ihren Mitgliedern, an der Maske festzuhalten - zumindest beim Personal. Grundsätzlich begrüsst der Detailhandelsverband aber das Wegfallen der Maskenpflicht in den Läden. Dieser Schritt habe sich angesichts der sinkenden Fallzahlen aufgedrängt.
In Eigenverantwortung hielten die Mitglieder von Swiss Retail die übrigen Schutzmassnahmen wie Lüftungs-, Abstands- und Hygieneregeln trotzdem noch vorläufig aufrecht, teilte der Verband mit. Diese sollten erst bei einer «weiteren Entspannung der Infektionslage schrittweise» abgebaut werden.
Bis dahin empfehle der Verband dem Ladenpersonal, im Kundenbereich weiterhin eine Maske zu tragen. Und er ermuntere die Arbeitgeber, solche zur Verfügung zu stellen. Aufgehoben werden sollen ab Donnerstag jedoch die freiwilligen Kapazitätsbeschränkungen in den Geschäften.
Gewerbeverband möchte Ende Februar zur «normalen Lage» zurück
Der Schweizerische Gewerbeverband feierte die mehrheitliche Aufhebung der Massnahmen als «Sieg der Vernunft und des beharrlichen Drucks der Wirtschaft». Mit seinem Entscheid sei der Bundesrat «auf den Pfad der evidenzbasierten Politik» eingeschwenkt. Die besondere Lage müsse jedoch bereits Ende Februar aufgehoben werden. Der Bundesrat plant eine Rückkehr zur normalen Lage per 1. April.
Der wissenschaftlichen Taskforce wirft der Gewerbeverband «Fehleinschätzungen» und «manipulative Kommunikation» vor. Diese hätten die Bevölkerung stark verunsichert und den Bundesrat zur Verhängung des schädlichen Lockdowns bewegt. (sda/stü)
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