In vielen Schweizer Berggebieten wurde der Tourismus wieder hochgefahren, so auch im Berner Oberland. Ursprünglich war geplant, dass 28 Gleitschirmflieger mit sämtlichen Kantonsfahnen, der Schweizerfahne und der Fahne von Interlaken Tourismus am Samstag auf der Höhenmatte landen sollten. Der böige Wind machte dieser Idee aber einen Strich durch die Rechnung. Trotzdem konnten zwei Gleitschirme beim «Neustart-Knopf» landen.
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Mit der symbolischen Aktion zusammen mit der Outdoor-Branche wollte Interlaken Tourismus die «Adventure-Hauptstadt Europas» bewerben und den Tourismus in der Region wieder ankurbeln. Der Lockdown im Frühling traf Interlaken mitten im Boom: 2019 wurden in der ganzen Ferienregion fast 3 Millionen Logiernächte verzeichnet – ein Rekord.
Kaum Gedränge auf dem Jungfraujoch
Auch die Jungfraubahnen begingen den Neustart am Samstag nach fast drei Monaten Stillstand mit einem Event auf dem Jungfraujoch. Eine grosse «Welcome-Back-Fahne» wurde am Felsen unterhalb der Sphinx-Aussichtsterrasse ausgerollt.[IMG 2-4]
Begleitet von Alphornklängen durchschnitt CEO Urs Kessler zusammen mit den Markenbotschaftern Francine Jordi und Marc Trauffer das rote Band. Nun könne die Schweizer Bevölkerung das geniessen, «was sie sich schon lange gewünscht» habe, sagte Urs Kessler laut Mitteilung: «Das Jungfraujoch gehört für den Moment nur den Schweizern.»
Das schlechte Wetter vom Wochenende bremste aber vorerst die Lust auf Ausflüge in die Berge. Der Betrieb sei «ruhig, aber gut angelaufen», sagte Jungfraubahnen-Sprecherin Kathrin Naegeli am Sonntag auf Anfrage.
Auf der höchsten Bahnstation Europas auf über 3400 Metern über Meer drängten sich vor dem Lockdown täglich tausende Ausflügler. Über eine Million Touristinnen und Touristen reisten letztes Jahr zum «Top of Europe» – 70 Prozent von ihnen stammten aus Asien. Mit einem «Corona Jungfrau Pass» setzt man vorab auf Einheimische.
In Bergbahnen gelten die gleichen Regeln wie im öffentlichen Verkehr. Kann der Abstand von zwei Metern nicht eingehalten werden, wird den Gästen empfohlen, Masken zu tragen. Teilweise begrenzen die Bahnen ihre Passagierzahl freiwillig.
Nachtleben ohne grössere Probleme
In den Städten nahm am Wochenende das Nachtleben Fahrt auf. Bars und Ausgehlokale durften wieder öffnen. Laut der Polizei verlief dieser Lockerungsschritt im Kanton Bern ohne grössere Vorkommnisse. Ausrücken mussten die Ordnungshüter einige Male wegen Streitereien oder auch Tätlichkeiten.
Es sei spürbar, dass das Nachtleben zunehmend wieder aktiver sei, teilte die Berner Polizeisprecherin Jolanda Egger auf Anfrage mit. Trotz des schlechten Wetters seien zahlreiche Nachtschwärmer unterwegs gewesen, die sich vielfach auch im Freien aufhielten.
Meldungen, wonach Restaurants, Bars und Nachtlokale die Schliesszeiten nicht einhielten, hätten sich in der Regel nicht bestätigt. Man habe generell festgestellt, dass die Regeln eingehalten würden.
Langstrasse in Zürich «geflutet»
Der Stadtpolizei Zürich fiel auf, dass es zu mehr Lärmklagen kam, als an «normalen» Wochenenden, an denen die Clubs länger geöffnet haben, wie es auf Anfrage hiess. Die Stimmung sei jedoch gut gewesen und die Leute hätten Freude gehabt, dass sie wieder ausgehen können.
Wie Alexander Bücheli, Mediensprecher der Schweizer Bar und Clubkommission (SBCK) sagte, war die Polizeistunde um Mitternacht eindrücklich. «Um Mitternacht will noch niemand nach Hause», so Bücheli. Die Leute hätten sich zwar an die Anweisung gehalten, die Clubs und Discos zu verlassen. Doch sei es danach im öffentlichen Raum zu grösseren Menschenansammlungen gekommen. Die Leute hätten die Langstrasse «geflutet».
In der Stadt Zürich fand laut Bücheli etwa ein Zehntel der üblichen 200 bis 250 Veranstaltungen an einem Wochenende statt. Die reduzierten Kapazitäten seien voll ausgeschöpft worden. Die Abgabe der persönlichen Daten in den Clubs in Zürich sei indes kein Problem gewesen. Teilweise hätten die Gäste wegen der eingeschränkten Kapazitäten auch den Vorverkauf genutzt, wo sie ihre persönlichen Angaben bereits gemacht hatten.
In Basel habe es keine grossen Probleme gegeben, dies auch wegen des schlechten Wetters, da weniger Leute unterwegs gewesen seien, sagte Toprak Yerguz, Sprecher des Justiz- und Polizeidepartements Basel-Stadt. Das Problem, dass sich die Menschen nach der Schliessung von Clubs und Discos auf der Strasse ansammeln, bestehe jedes Wochenende. Nun sei dies lediglich früher als üblich der Fall gewesen, zudem hätten die Betriebe gleichzeitig geschlossen.
Zurück in die Kinos und Zoos
Vermisst wurde während des Lockdowns offenbar auch der Kino-Besuch. Positiv überrascht zeigte man sich in Biel, wo allein im Cinevital mit seinen drei Sälen und reduziertem Platzangebot wegen Corona-Schutzmassnahmen am Wochenende rund 400 Besucher gezählt wurden, wie Edna Epelbaum gegenüber Keystone-SDA sagte. Ähnlich sei die Situation in Bern und der Romandie gewesen.
Eine positive Bilanz konnten auch der Zoo Zürich und Basel ziehen, trotz des schlechter Wetters. Man sei sehr zufrieden mit dem Wochenende, sagte Markus Rege, Marketingleiter von Zoo Zürich. Wartezeiten habe es teilweise bei den Tierhäusern und am Samstagmorgen vor der Öffnung gegeben.
Mit den Schutzmassnahmen seien momentan 5800 Personen im Zoo Zürich zugelassen, sagte Rege, ansonsten seien es 8000 Personen. Im ganzen Zoo wurden 50 Desinfektionsspender verteilt und Wartebereiche eingezeichnet. Nur eine Minderheit der Besucher habe Masken getragen, es seien vor allem ältere Personen gewesen. «Die Leute waren sehr diszipliniert und geduldig», so Rege.
Auch die Tiere hätten sich rasch wieder an die Besucher gewohnt. Vor allem die Menschenaffen seien erfreut gewesen, dass wieder mehr Betrieb im Zoo herrscht, sagte Rege.
Auch der Zoo Basel hat trotz des schlechten Wetters den Betrieb gut wiederaufgenommen. teilweise gab es Wartezeiten vor den Tierhäusern oder dem Eingang, wie die Mediensprecherin auf Anfrage sagte. Doch die Besucher seien sehr verständnisvoll gewesen. Nur wenige hätten Schutzmasken getragen.
300 Personen erlaubt
Am Samstag konnten Bergbahnen, Campingplätze, Discotheken und Kulturlokale den Betrieb ebenso wie Schwimmbäder, Zoos, Kinos oder Theater erneut aufnehmen. Vielerorts war daher das Wiederhochfahren der Geschäftsaktivitäten bei Bergbahnen sowie Schifffahrtsgesellschaften geplant.
Der Bundesrat lässt zudem spontane Versammlungen von bis zu 30 Personen und Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen wieder zu. Für letztere ist zudem ein Schutzkonzept vorgeschrieben; die Distanz- und Hygieneregeln müssen eingehalten werden. (sda)