Der Entwurf, welchen der Bundesrat am Mittwoch ans Parlament weitergeleitet hat, deckt sich weitgehend mit der Vernehmlassungsvorlage. Dem Grundsatz nach ist der Neubau von Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent zwar verboten. Nicht betroffen sind Wohnungen für Wochenaufenthalter, Personalwohnungen oder Asylunterkünfte.

Viele Ausnahmen – auch für die Hotellerie
Vom Grundsatz gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen. So soll etwa der Bau touristisch bewirtschafteter Wohnungen weiterhin möglich sein. Dies ist dann der Fall, wenn ein hotelähnliches Betriebskonzept mit Infrastrukturen wie beispielsweise einer Rezeption vorhanden sind.

Eine Baubewilligung für eine Ferienwohnung soll es auch dann geben, wenn diese in der Hauptsaison weitgehend verfügbar ist und auf einer kommerziellen Plattform zur Vermietung angeboten wird. Das Gesetz lässt dabei viel Spielraum.Vorgesehen ist, dass der Bundesrat die genauen Anforderungen in einer Verordnung festlegen würde.

Mit einer weiteren Ausnahme will er der Hotellerie entgegenkommen: Hotels sollen in Zweitwohnungen umgewandelt werden können, falls der Betrieb bereits seit 25 Jahren besteht und anders nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt werden kann. Der Bundesrat schlägt sogar vor, unrentablen Hotels den Bau von Zweitwohnungen zu erlauben, falls diese nur so wirtschaftlich weiterbetrieben werden können. Die Fläche des bestehenden Betriebs darf dafür um 20 Prozent erweitert werden.

Schutz für Rustici
Auch in ortsbild- und landschaftsprägenden Bauten sollen neue Ferienwohnungen gebaut werden dürfen. Bedingung ist, dass das Gebäude selber oder das Ortsbild unter Schutz stehen. Der Bundesrat geht davon aus, dass geschützte Bauten häufig nur auf diese Weg erhalten werden können. Dies soll aber nicht für jedes «allein stehende ehemalige Stallgebäude» gelten, wie der Bundesrat in der Botschaft präzisiert.

Anders sieht es aus, wenn der Stall von einer kantonalen Behörde unter Schutz gestellt wird: Im Rahmen des geltenden Raumplanungsrechts wäre die Umnutzung in eine Zweitwohnung gemäss Entwurf weiterhin zulässig. Damit geht der Bundesrat auf die Forderung ein, Rustici oder als Ferienwohnungen genutzte Maiensässe weiterhin zu erlauben.

Auch den Promotoren touristischer Grossprojekte wie in Andermatt oder im Wallis kommt der Bundesrat entgegen. Falls der Sondernutzungsplan bei Annahme der Initiative bereits bewilligt und die Anlage in ihren Grundzügen geplant war, dürfen weiterhin Zweitwohnungen gebaut werden. Auf eine Frist für die Umsetzung des Projekts verzichtet der Bundesrat.

Eine zentrale Frage der Umsetzungsgesetzgebung betrifft die Umnutzung von Erstwohnungen in Ferienwohnungen mit kalten Betten. Der Bundesrat hatte in der Vernehmlassung eine restriktive und eine liberale Variante vorgelegt und sich nun für eine Zwischenlösung entschieden: Wohnungen, die am Tag der Annahme der Initiative schon bestanden oder rechtskräftig bewilligt waren, dürfen frei vonErst- in Zweitwohnungen umgenutzt werden. Erweiterungen sind aber nur erlaubt, wenn sie unter eine der Ausnahmen fallen.

Reaktionen
Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone verlangt Nachbesserungen am vom Bundesrat vorgelegten Gesetzesentwurf zu den Zweitwohnungen. Die Bergkanone befürchten, dass bereits bewilligte oder bestehende (altrechtliche) Zweitwohnungen an Wert verlieren.
Denn das neue Gesetz verbietet es, diese zu vergrössern.

Die Initianten der Organisation Helvetia Nostra hatten schon in der Vernehmlassung von einer «Ohrfeige an die Mehrheit des Schweizer Stimmvolkes» gesprochen und mit einem neuen Urnengang gedroht.

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die  Berggebiete (SAB) stellt jedoch «mit Genugtuung» fest, dass ihre wesentlichsten Anliegen im nun vorliegenden Gesetz aufgenommen wurden. 

Die Initiative «Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!» ist am 11.März 2012 von Volk und Ständen angenommen worden. Gemäss einem Entscheid des Bundesgerichts vom letzten Mai gelten die darin vorgesehenen Baubeschränkungen ab diesem Datum, neue Bewilligungen dürfen nicht mehr erteilt werden. Seit Anfang 2013 ist eine Umsetzungs-Verordnung in Kraft, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes gilt. (npa/sda)