«Schlimmer geht's nimmer», werden sich in diesem Frühjahr wohl alle Campingplatz-Betreiber gesagt haben. Nach der Vollbremsung mit der Schliessung aller Campingplätze Mitte März, erfolgte der Startschuss in die Saison erst am 6. Juni – neun Wochen später als üblich.
Um über 90 Prozent brachen die Logiernächte in der Winterperiode von Januar bis April beim TCS ein, dem grössten Campinganbieter der Schweiz. Dies sagt Daniel Graf, Sprecher des Touringclubs TCS, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Mit der Wiedereröffnung der eigenen 24 Plätze Anfang Juni schoss die Nachfrage gleich in die Höhe. Im Juni lagen die Logiernächte beim TCS nach eigenen Angaben um 20 Prozent über dem Vorjahresstand. Und von Juli bis Mitte August sind die Plätze nahezu ausgebucht.
Fast ausgebucht
Ein Blick auf die Liste der freien Campingplätze des Verbandes Swisscamps, dem 175 Campingplätze in allen Landesteilen angehören, bestätigt, dass schweizweit Campingplätze im Juli weitgehend ausgebucht sind und im August nur noch einzelne freie Plätze verfügbar sind.
Marcel Zysset, Campingbesitzer in Brienz und Zentralpräsident von Swisscamps, bestätigt in einem Videointerview mit Keystone-SDA, dass derzeit die Nachfrage schweizweit durchs Band weg sehr gut sei. Alle Hotspots seien auch dank des guten Wetters voll, und die Camper würden jetzt vermehrt in die Regionen ziehen.
Sein eigener Platz habe im Juni eine sehr hohe Auslastung von 80 Prozent erzielt. Auch für die Sommerferien seien die Buchungen sehr gut. Zysset erinnert daran, dass letztendlich das Wetter der Branche eine gute oder schlechtere Saison beschert.
Die Aufholjagd der letzten Wochen dürfte allerdings beim TCS nicht ausreichen, um an die eigenen Rekordzahlen des Vorjahres anzuknüpfen, obwohl für Juli und August die Umsatz- und Übernachtungszahlen auf dem Vorjahresniveau liegen.
«Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir die Umsätze und Logiernächte der Frei- und Brückentage im Frühling nicht kompensieren können», sagt Graf. Für den Herbst lägen die Buchungsanfragen zwar über dem Vorjahr. Es sei aber noch zu früh, um bereits klare Aussagen darüber zu machen, ob 2020 ein Verlustjahr werde oder nicht. «Es wird jedoch unmöglich sein, die gesamte Campingsaison auf dem Niveau des Vorjahres abzuschliessen», sagt Graf.
Markanter Rückgang
Zysset hatte nach eigenen Angaben im Frühling noch für das Gesamtjahr für die Branche mit einem Corona-bedingten Rückgang von 30 Prozent gerechnet. Nach den guten Juni-Zahlen und den guten Aussichten für den Herbst zeigt er sich nun optimistischer. Insgesamt geht er inzwischen von einem Minus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Es werde aber regionale Unterschiede geben.
Das vergangene Jahr war allerdings ein sehr gutes Campingjahr, wie Zysset betont. Die Übernachtungen auf Schweizer Campingplätzen stiegen insgesamt auf 3,5 Millionen. «Wenn wir dieses Jahr 3 Millionen schaffen, ist das sehr gut», stellt Zysset jetzt fest.
Der Zentralpräsident, der seit 1980 im Camping-Geschäft tätig ist, betont, dass die Branche in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr oder weniger stetig gewachsen sei. Auch beim TCS heisst es, Camping bleibe im Trend, und daran werde sich so schnell nichts ändern. Wenn das Wetter mitspiele, gehe man davon aus, dass das Jahr 2021 ein gutes Jahr werden könne.
Inländische Gäste dominieren
In der laufenden Campingsaison werden mehr denn je auf den heimischen Campingplätzen Schweizerinnen und Schweizer unter sich sein. Beim TCS sind normalerweise rund drei Viertel der Kunden Schweizer. Aufgrund der durch das Coronavirus ausgelösten Reisebeschränkungen und Unsicherheiten schätzt Graf den Schweizer Anteil in diesem Jahr auf 95 Prozent. Auch auf dem Campingplatz von Zysset in Brienz hat sich der Anteil inländischer Gäste von üblicherweise 70 Prozent auf 92 Prozent erhöht.
Sehr populär sind in diesem Jahr Wohnmobile. Der Swisscamps-Zentralpräsident bedauert, dass derzeit für Vermietungen viel zu wenig Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Beim TCS heisst es, dass bei den ganzjährigen Stellplätzen für Wohnmobile das Angebot auf Campingplätzen derzeit kleiner sei als die Nachfrage.
«Wir begrüssen es, dass gewisse Gemeinden an touristischen Hotspots zusätzlichen Raum für Wohnmobile geschaffen haben», sagt TCS-Sprecher Graf. Zysset weist darauf hin, dass in vielen Gemeinden derzeit nach pragmatischen Lösungen für Wohnmobile gesucht wird. (Alexa Clemenz Berger/sda)