Im vergangenen Sommer hat die Schweiz mit 23,5 Millionen Logiernächten eine Rekordzahl verzeichnet – trotz einer sich abschwächenden Inlandsnachfrage im Vergleich zum starken Vorjahr.
Besonders bemerkenswert ist der anhaltende Anstieg amerikanischer Gäste, die deutlich mehr Logiernächte als vor der Pandemie verzeichneten. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten blieb die Nachfrage aus Europa erstaunlich stabil. Besonders viele Gäste reisten aus dem Vereinigten Königreich an. Insgesamt steuert der Schweizer Tourismus im Tourismusjahr 2023 auf ein Rekordergebnis zu und wird voraussichtlich erstmals die Marke von 40 Millionen Übernachtungen in einem Jahr überschreiten.
Ausländische Gäste können den Rückgang der Inlandsnachfrage im Winter auffangen
Die zentrale Frage für den kommenden Winter ist, ob der Rückgang bei den einheimischen Gästen durch eine steigende ausländische Nachfrage ausgeglichen werden kann. BAK Economics erwartet im kommenden Winter eine leichte Zunahme der Logiernächte um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorwinter. Obwohl die aktuelle Inlandsnachfrage nach wie vor hoch ist und BAK Economics auch in Zukunft ein Niveau erwartet, das rund 10 Prozent über den Vorkrisenzahlen von 2019 liegt, ist doch mit einer gewissen Abschwächung zu rechnen. Dies liegt einerseits an der Normalisierung der Reisegewohnheiten, andererseits an der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik.
Insgesamt dürfte die Nachfrage der Schweizer Gäste im Winter um 2,2 Prozent sinken. Die Nachfrage aus Europa dürfte die positive Dynamik des Sommers teilweise in den Winter übertragen. Nachdem der vergangene Winter noch schwach war, ist eine Annäherung an das Vorkrisenniveau zu erwarten. Deshalb prognostiziert BAK Economics einen Anstieg der Logiernächte aus Europa von 2,2 Prozent. Exemplarisch ist der Herkunftsmarkt Deutschland. Dieser lag in den letzten beiden Sommern klar über den Vorkrisenzahlen, im vergangenen Winter diese Werte jedoch noch nicht erreichen konnte.
Bei den Fernmärkten präsentiert sich ein uneinheitliches Bild. China bleibt trotz hohen Wachstumsraten deutlich hinter dem Niveau von vor der Krise zurück. Neben der zögerlichen Erholung von China gibt es auch im restlichen asiatischen Raum Herausforderungen. Anhaltende Visa-Probleme dämpfen beispielsweise die Aufholbewegung des ansonsten so dynamischen Herkunftsmarktes Indien. Da sich diese Probleme in absehbarer Zeit lösen sollten und noch erhebliches Aufholpotenzial vorhanden ist, erwartet BAK Economics auch im kommenden Winter ein kräftiges Wachstum der Fernmärkte von 5,4 Prozent.
Die positive Dynamik im Sommer setzt sich auch 2024 fort
Für den Sommer 2024 prognostiziert BAK Economics ein Wachstum von 0,7 Prozent – ein Plus von 166'000 – auf 23,7 Millionen Logiernächte. Die inländische Nachfrage wird im nächsten Sommer um 2,2 Prozent sinken, jedoch immer noch auf hohem Niveau sein. Der Herkunftsmarkt Europa wird mit einem Minus von 4,6 Prozent die hohen Werte aus dem Sommer 2023 nicht halten können. Die Zahlen werden jedoch ähnlich zu 2019 sein.
Die starke Nachfrage aus den USA wird im nächsten Jahr voraussichtlich leicht abkühlen. Dies ist vor allem auf die unsicheren wirtschaftlichen Aussichten und das Auslaufen der Nachholeffekte zurückzuführen. Demgegenüber dürfte aus den anderen Fernmärkten ein deutliches Wachstum kommen. Damit sorgen die Fernmärkte mit einem Plus von 13,5 Prozent für einen kräftigen Wachstumsimpuls. Über den nächsten Sommer hinaus dürften sich alte Muster wieder zeigen. Der Anteil der europäischen Gäste wird abnehmen, während die Fernmärkte an Bedeutung gewinnen. BAK Economics erwartet, dass die inländische Nachfrage sich auf einem hohen Niveau stabilisieren wird.
Der Geschäftstourismus ist ein entscheidender Faktor bei der Erholung der Städte
Während der Pandemie litten insbesondere die Städte und der Geschäftstourismus unter starken Einbussen. Bei letzterem gab es aufgrund der technischen Fortschritte und des Nachhaltigkeitstrends ernste Zweifel an seiner Zukunft. Heute zeigt sich, dass sich dieser Bereich weitgehend erholt hat. Vor allem Veranstaltungen, bei denen der persönliche Austausch und Networking im Mittelpunkt stehen, verzeichnen ähnliche oder sogar höhere Besucherzahlen als vor der Pandemie.
Im Gegensatz dazu bleiben individuelle Geschäftsreisen, die primär dem Informationsaustausch dienen, weiterhin aus. Daher schätzt BAK Economics, dass 5-10 Prozent der Geschäftsreisenden dauerhaft fernbleiben werden. Dieser Rückgang ist eine Herausforderung für die Städte, in denen Geschäftsreisen für mehr als die Hälfte der Übernachtungen verantwortlich sind. Doch die Städte haben sich erfolgreich neu positioniert und ziehen verstärkt Freizeitreisende an. Die meisten urbanen Destinationen haben das Vorkrisenniveau bereits wieder erreicht und sind mit den alpinen und übrigen Regionen gleichgezogen. In der Vergangenheit hat der Städtetourismus stärker zugelegt als andere Tourismussegmente, und es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt. (mm)