Neue Attraktionen sorgen für Aufmerksamkeit und beleben das touristische Geschäft, wie Lausannes Kunstquartier «Plateforme 10» zeigt. Das Ensemble aus Museen, Sammlungen, Restaurants, Buchhandlungen und Arkaden wurde in der Empfehlungsliste «52 Places to Go in 2023» der «New York Times» lobend erwähnt. Lausanne war dort als einzige Schweizer Destination aufgeführt. Auch französischen Touristen gefällt das neue Viertel am Bahnhof gut. «Neben der Lage unserer Stadt zwischen Genfersee und Bergen zählt es für sie zu den Hauptreisegründen», sagt Olivia Bosshart, Press Relations Manager von Lausanne Tourisme.
1,76 Nächte blieben die Gäste aus Frankreich 2019 durchschnittlich im Hotel.
Ruhe nannten 7,9 Prozent der französischen Gäste als Hauptgrund für ihre Reise.
7,0 Prozent nannten die Berge und 6,1 Prozent die Aussicht.
130 Franken gaben die französischen Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.
30,8 Prozent der Franzosen übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
Lausanne positioniert sich im Markt Frankreich als authentische kleine Stadt, die aber alle Vorteile einer grossen Metropole besitzt. Die meisten Gäste kommen aus Paris und Umgebung sowie aus den Regionen Rhône-Alpes und Burgund. Sie finden das Kulturangebot und die abwechslungsreiche Gastronomie mit vielen lokalen Produkten gut. Auch die Ruhe und Entspannung sowie die 350 Hektaren Park- und Gartenfläche kommen gut an. Ausserdem würden die kurzen Wege geschätzt, so Bosshart. «Vom Bahnhof aus in die Altstadt oder an den See braucht es zu Fuss nur 15 Minuten. Alles ist schnell erreichbar.»
Was Unterkünfte, Service und Gastronomie angeht, zeigen sich französische Gäste anspruchsvoll. «Von Frankreich sind sie eine sehr hohe Qualität gewohnt. Bei uns erwarten sie die gleichen Standards.» Besonders, weil sich die berühmte EHL Hospitality Business School in Lausanne befinde. Auf die Pünktlichkeit öffentlicher Verkehrsmittel legen die Gäste ebenfalls Wert. Bosshart: «Unsere Metro ist nicht nur effizient, sondern auch einzigartig.»
Die geografisch nahe gelegenen Regionen Rhône-Alpes und Burgund sowie die Agglomeration Paris sind die Kernmärkte innerhalb Frankreichs. Bei ihnen liegt auch der Schwerpunkt der zum Sommer hin startenden City-Break-Kampagne. Diese stellt die Anreise auf Schienen in den Mittelpunkt, mit Betonung des Faktors Klimafreundlichkeit. Dieser sei bei Zugfahrten inzwischen wichtig, beobachtet Bosshart. Die Kampagne stellt die gute Erreichbarkeit Lausannes heraus. Von Paris aus sind es drei Stunden und 40 Minuten ohne Umstieg, was Lausanne für die Hauptstädter zur idealen Wochenenddestination mache, so Bosshart. Ab Dijon, der Hauptstadt des Burgund, braucht der TGV sogar nur etwas mehr als zwei Stunden. Beworben wird auch die Anfahrt aus Städten wie Lyon, die weiter weg liegen und bei denen ein Umstieg in Genf nötig ist.
Bei den Vermarktungskanälen geht Lausanne Tourisme digital vor. Im Rahmen der Sommerkampagne sind Banner und Videos auf der Website der Tageszeitung «Le Monde» geplant. Zudem werden die digitalen Kanäle der Werbeplattformen Powerspace und Invibes genutzt. «Die Zielgruppenansprache dort ist genauer», erklärt Bosshart. Die Werbebanner sind dann bei den Onlineauftritten der Zeitschriften «Marie-Claire» und «Gala» zu sehen.
Stärken hervorheben und Kommunikation dem Markt anpassen
Biel Seeland, Grand Chasseral, Jura und Neuenburg – diese Destinationen treten im Markt Frankreich gemeinsam unter der Marke Jura & Trois-Lacs auf. «So können wir unsere Stärken – zum Beispiel kleine Städte am Wasser – viel besser hervorheben», so Carole Rossé, Marketingleiterin der Dachorganisation. Zudem lasse sich die Kommunikation besser dem Markt Frankreich anpassen. Der Fokus liege auf Kultur und regionalen Spezialitäten. «Denn wir wissen, dass französische Gäste für diese Themen sehr empfänglich sind. Entsprechend gehört ein Street-Art-Rundgang durch die Uhrenstadt Le Locle zum Angebot oder ein kulinarischer Streifzug durch die Bieler Altstadt. Auch Gastfreundschaft und Authentizität werden in den Mittelpunkt gerückt.
Die französischen Gäste sind für Kultur und regionale Spezialitäten empfänglich.
Carole Rossé, Marketingleiterin Jura & Trois-Lacs
«Dafür stellen wir Menschen aus der Region vor: einen Fischer, einen Käser oder einen Bergführer.» Dass die Tourismusregion französischsprachig sei, bringe natürlich Vorteile. Und im Vergleich zu anderen Regionen der Schweiz sei man preislich für französische Gäste auch recht attraktiv. «Wir argumentieren aber nie, dass Urlaub bei uns billig ist. Wir betonen vielmehr, dass wir mehr anbieten können.» Zum Beispiel im Jura: Dort gibt es ab einer Übernachtung einen Ausritt und die öffentlichen Verkehrsmittel gratis dazu. Und im Neuenburgerland sind Transporte, Fahrradverleih, Schifffahrten und Museumseintritte für Übernachtungsgäste kostenlos.
Passende Kommunikation für Junge
Die Kommunikation in Richtung Markt Frankreich ist innerhalb des Marktes noch einmal in bestimmte Gruppen unterteilt. Sie richtet sich vor allem an Personen über 50 mit einem mittleren bis hohen Einkommen und an sogenannte Dinks, also kinderlose Paare, bei denen beide im Beruf sind. Diese Gästegruppen würden gerne gut essen, sagt Rossé. Und sie schätzten Vorschläge für geführte Touren oder Aktivitäten. «Wir bieten ihnen das Passende: geführte Stadtbesichtigungen in La Chaux-de-Fonds, Neuchâtel oder Saint-Ursanne. Und begleitete Fahrradtouren im Schweizer Jura.»
In den kommenden Jahren soll auch ein jüngeres französisches Publikum zwischen 25 und 35 Jahren mehr in den Fokus rücken. «Dieses scheint ebenfalls für unsere Angebote empfänglich zu sein.» Geplant sind dynamische Inhalte in den sozialen Netzwerken, eine für diese Zielgruppe passende Kommunikationsform. «Der Markt Frankreich gehört für uns zu den Top 3 der internationalen Märkte», sagt Urs Zurbriggen, CEO My Leukerbad AG. Die meisten französischen Gäste kommen aus Paris und Umgebung, Auvergne-Rhône-Alpes und Grand Est. Sie legen besonderen Wert auf Naturnähe, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und die französische Sprache. «Deshalb ist unsere Kommunikation entlang der Customer Journey durchgängig auch auf Französisch verfügbar.» Das bei einem Markt wie Frankreich unbedingt notwendig.
Um die Vermarktung kümmert sich My Leukerbad nicht selbst. Diese Aufgabe übernimmt, wie bei allen internationalen Nah- und Fernmärkten, die Valais Matterhorn Region AG als Handelsarm von Valais/Wallis Promotion. So seien «eine effiziente Vermarktung und der Verkauf sowohl im B2C- als auch B2B-Kundensegment» sichergestellt. Speziell zwei französische Zielgruppen spricht die Destination Leukerbad an: Gäste auf der Suche nach Natur- und Outdoor-Erlebnissen und Gäste mit hoher Affinität für Kultur und Gastronomie. Letztere fühlen sich zum Beispiel vom Internationalen Literaturfestival Leukerbad angesprochen. Das natürliche Thermalwasser von Leukerbad sieht Zurbriggen als «klaren USP». Wobei die französischen Gäste besonders Thermalbaden/Wellness in Kombination mit weiteren Aktivitäten nachfragten.
Jetzt im Sommer etwa Wanderungen auf dem Thermalquellen-Steg oder Biken auf dem Flow Trail. Es sei wichtig, für die Bedürfnisse das Passende zu haben. «Entsprechend verknüpfen wir die wesentlichen Destinationsangebote Thermalbäder und Bergbahnen. Unsere Produkte sind mehrheitlich so strukturiert, dass Gäste beides kombinieren können.» Beispiel: Mit der Summer Card gibt es an ausgewählten Tagen unbeschränkten Zutritt zu Bergbahnen und Thermalbädern. Die integrierte Organisationsform der My Leukerbad AG, zu der sich die lokalen Tourismusanbieter 2017 zusammengeschlossen haben, helfe beim Markt Frankreich, weil sie wertvolle Synergien im Betrieb, bei der Vermarktung, Produktentwicklung und Positionierung schaffe. Zudem sei so ein übergreifendes Destinationsmarketing unter dem Claim «Source de bonheur» möglich.
Nachgefragt
Wiedererkennbarkeit und besondere Erlebnisse
Antoine Dubois hat den genauen Blick auf Gästeerwartungen. Bei Accor ist er Senior Vice President Marketing,Communication & Guest Experience für die Märkte Europa und Nordafrika. [IMG 2]
Antoine Dubois, was ist an französischen Gästen typisch französisch?
Alle Gäste, egal aus welchem Land, erwarten Servicequalität und Fachwissen von unseren Mitarbeitenden. Da gibt es keine allzu grossen Unterschiede zwischen den Nationalitäten. Bei französischen Gästen beobachten wir jedoch ein paar Kleinigkeiten, die durchaus speziell sind. Stammgäste erwarten zum Beispiel, dass die Mitarbeitenden sie wiedererkennen. Sie legen auch Wert darauf, dass sich das Personal um ihre Wünsche oder Probleme kümmert – und zwar nicht in zehn Minuten oder in einer Stunde, sondern sofort.
Was ist beim Thema Essen zu beachten?
Ein überzeugendes gastronomisches Konzept darf nicht fehlen. Natürlich kommt es allgemein auch auf die Qualität an, aber nicht nur darauf. Französische Gäste wollen jederzeit essen und trinken können – das Hotel sollte also einen 24/7-Service haben. Diese Gästegruppe weiss auch Lokalität zu schätzen. Wie bei unserem Brand «greet»: Jedes Hotel offeriert ein Frühstück mit lokalen Produkten. Konfitüre, Brot, Käse – alles stammt aus der Region.
Das Hotel sollte unbedingt einen 24/7-Service haben.
Sollte ein Hotel im kulinarischen Bereich auch etwas Besonderes bieten?
Durchaus. Verfügt es über eine Dachterrasse, sollte es das unbedingt ausnutzen. Denn französische Gäste lieben es, einen Drink zu sich zu nehmen oder zu dinieren – und dabei die schöne Aussicht auf die Stadt zu geniessen. Mit so etwas kann das Hotel leicht ihre Herzen gewinnen.
Womit punktet ein Hotel noch bei französischen Gästen?
Mit einem starken Design, welches sich durchs ganze Hotel zieht. Nehmen wir unsere Greet-Hotels mit den Upcycling-Möbeln. Da zeigt sich das Designkonzept überall. Ähnlich bei den Mercure-Häusern mit dem lokal inspirierten Design und bei MGallery mit dem Boutiquehotel-Vibe. Französische Gäste sprechen positiv auf die Wiedererkennbarkeit an. Dann haben wir noch den Punkt Fitnessräume. Diese sollten eine grosse Auswahl an modernen Geräten bieten. Was mir noch aufgefallen ist: Französische Gäste lassen sich gerne überraschen.
Was meinen Sie damit? Wie sehen diese Überraschungen aus?
Wir bieten im Rahmen unseres Treueprogramms «Accor Live Limitless» exklusive Erlebnisse an. Zum Beispiel ein Abendessen in den Mercure-Hotels in Partnerschaft mit der französischen TV-Show «Top Chef». Diese Kochshow ist sehr bekannt in Frankreich. Darin reisen Kandidaten durchs Land und kochen mit unseren Mercure-Chefs. Die Gäste können einen Tisch buchen, gut essen und die Chefs persönlich kennenlernen. Es geht hier im Kern um Folgendes: Wir schaffen so Erlebnisse, die sich mit Geld nicht kaufen lassen – was französischen Gästen ausgesprochen gut gefällt.
Gibt es so etwas noch woanders?
Ja, ähnlich läuft es in den Ibis-Hotels, die ja im Bereich Musik stark positioniert sind. Wir organisieren Konzerte von Kandidaten der französischen Musikshow «The Voice». Eine super Partnerschaft, denn die Show passt perfekt zur Dynamik des Ibis-Brands. Französische Hotelgäste sind bei solchen Events voll dabei.
Welche Social-Media-Aktivitäten im Markt Frankreich sind Erfolg versprechend?
Zum Beispiel bringt es etwas, die Vorteile von Treueprogrammen via Social Media zu kommunizieren. Wir zeigen unseren französischen Gästen, wie sie ihre gesammelten Punkte in Hotels, Restaurants oder in Form von Erlebnissen einlösen können. Viele wissen davon nichts – es ist an uns, auf sie zuzugehen und es ihnen zu erklären.
Geben Sie via Social Media auch Anregungen, die über das Hotelangebot hinausgehen?
Ja. Wir posten Tipps zu Städten, Aktivitäten und Restaurants. So lässt sich Social Media nutzen, um den Kreis grösser zu ziehen als nur ums Hotel. Dieser Ansatz zeigt Wirkung: Französische Gäste werden motiviert, zu uns zurückzukehren – weil sie eben genau diesen Input und das Engagement zu schätzen wissen.
Spielt auch der Bleisure-Trend eine Rolle?
Ja, seit ein paar Jahren schon. Und Hotels sollten darauf auch reagieren.
Wie genau?
Indem sie immer mehr zu sozialen Zentren werden und nicht mehr nur Orte zum Schlafen sind, sondern zum Arbeiten, zum sich Treffen und Austauschen. Hier ist es sinnvoll, Partnerschaften mit lokalen Firmen einzugehen. Wir kooperieren mit dem Co-Working-Space-Anbieter Wojo. Uns gelingt es damit nicht nur, das Angebot für unsere französischen Hotelgäste zu vergrössern. Wir ziehen auch die lokale Bevölkerung an. Wir bringen sie darauf, dass sie ja auch mal unsere Bars und Working-Spaces besuchen könnten.
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