Die Hotels in Graubünden haben im letzten Winter fast 6 Prozent mehr Übernachtungen als im Vorjahr erzielt. Wenn die leichte Erstarkung des Euros anhält, darf man auch dem Sommer mit Optimismus entgegenschauen. Also alles im grünen Bereich? Leider nicht. Der Bündner Tourismus hat aufgrund der Frankenstärke und der einseitigen Abhängigkeit von den Märkten Schweiz und Deutschland zehn schwierige Jahre hinter sich. Die Hotellerie büsst seit 2008 über 1,4 Mio. oder 20 Prozent Übernachtungen ein. In der gleichen Zeit liegen über die ganze Schweiz betrachtet positive Ergebnisse vor, in den teuren Städten bis zu 40 Prozent. Diese positive Entwicklung abseits von Graubünden ist primär auf die Fernmärkte, die Lust nach Städtereisen und den wachsenden Geschäftstourismus zurückzuführen.


Jürg Domenig ist Geschäftsführer von hotelleriesuisse Graubünden und VR-Präsident der SSTH Passugg.

Vor zwei Jahren hat hotelleriesuisse Graubünden das Projekt «Effektiveres Marketing im Bündner Tourismus» lanciert mit der Zielsetzung, die Sales- und Marketingaktivitäten der verschiedenen Player im Tourismus zu untersuchen und Lösungen vorzuschlagen. Nach Workshops und vielen Gesprächen mit Hoteliers ist das Ergebnis klar: Es sind neue Kooperationsformen zu suchen, weil es in Graubünden zu wenige Hotels gibt, die einen Plan haben, wie sie ihr Haus ausserhalb des Schweizer Marktes füllen wollen. Zudem machen die Tourismusorganisationen nur sehr selten Sales mit buchbaren Angeboten. Sales-Projekte scheiterten zudem meistens an zu tiefen Budgets und am Durchhaltewillen der Beteiligten, was auch mit Finanzen zu tun hat.

Die Lösung kann nur in die Richtung gehen, dass gleichgesinnte Hotels unabhängig der Destinationsgrenzen überregional zusammen mit interessierten Tourismusorganisationen Mittel und Kräfte poolen. Organisatorisch braucht es einen Projektleiter mit internationaler Sales-Erfahrung und einen Sales Repräsentanten vor Ort. Die Abklärungen haben ergeben, dass Individualtouristen aus den Golfstaaten, China (maximal kleine Gruppen) und USA am meis-ten Potenzial für eine Ergänzung im Sommer haben.

Das Sales-Projekt «Golfstaaten» ist bereits weit fortgeschritten. 20 Hotels im oberen Segment beabsichtigen neben der Destination Davos-Klosters und Graubünden Ferien eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit einem finanziellen Engagement während fünf Jahren. Diese Projektanlage schafft Ressourcen für eine nachhaltige Bearbeitung dieses lukrativen Markts. Das Projekt «China» steht vor der Lancierung, nachdem die Branche grosses Interesse bekundet.

Der Weg über das Pooling der interessierten ­Stakeholder ist die einzige Chance, um endlich auf Fernmärkten substanziell und rasch Fuss zu fassen. Zu diesem Schluss kommt auch Professor Christian Laesser von der Uni St. Gallen in seinem Gastkommentar in der htr vom 19. April 2018. Es geht jetzt darum, organisatorisch die richtigen Schritte zu wählen. Graubünden Ferien als touristische Dachorganisation ist prädestiniert für die Projektleitung. Mit dem Know-how und dem grossen Netzwerk von Jürg Schmid an der Spitze hat Graubünden die einmalige Chance, die Lücken bei den viel zu lange vernachlässigten Fernmärkten endlich zu schliessen. Für ein Sales-Projekt in Fernmärkten braucht es Spezialisten, weshalb sich Graubünden Ferien personell verstärken muss, um die notwendigen Sales-Kompetenzen aufzubauen. Im Hinblick auf die Stärkung des Sommer-Tourismus sind das gut investierte Ressourcen, um den Anschluss an die Spitze wieder zu finden.