(Keystone - SDA) Einen Winter mit so hohen Temperaturen gab es noch nie: Der Schnee ist in den Bergen vielerorts verschwunden. Die grünen Hänge und die Schliessung von tiefergelegenen Skigebieten haben für viele Schlagzeilen gesorgt.
Doch die Hoffnung schmilzt zuletzt: Trotz der immer wärmeren Winter haben auch tiefergelegene Skigebiete eine Zukunft, wenn sie eine leistungsfähige Beschneiungsanlage haben. «Rein von der technischen Seite sind die Grenzen der Beschneiung in der Schweiz noch lange nicht ausgereizt», sagt Martin Hofer, der Verkaufsleiter von Technoalpin Schweiz, die zum Südtiroler Weltmarktführer von Beschneiungsanlagen gehört. Mit einer modernen Beschneiungsanlage sei ein Skigebiet in drei bis vier Tagen voll beschneit.
Noch grosses Potential
Alleine mit einer Beschneiungsanlage sei es aber nicht getan. Es stelle sich immer auch die Frage, wie stark die Anlage sei, wie viel Beschneiung sie bei welcher Temperatur in welcher Zeit schaffe. «Da hat die Schweiz noch enormes technisches Potential», sagt der Manager des Schneekanonenherstellers aus Bozen.
Gegenwärtig braucht es mehrere Zeitfenster mit kalten Temperaturen für die Beschneiung der Pisten hierzulande. Denn für die Herstellung von Kunstschnee ist eine Lufttemperatur von -10 bis +1 Grad sowie eine möglichst niedrige Luftfeuchtigkeit nötig. Dafür müsse man die Kälteperioden nutzen, die es weiterhin geben werde, auch wenn der Klimawandel zu höheren Temperaturen führe, sagt Hofer.
Wenn die Piste mal beschneit sei, halte sie auch bei Temperaturen über Null Grad, sagt Hofer. Dies auch, weil Kunstschnee weniger schnell schmilzt als Naturschnee.
«Wasserversorgung zu gering»
In der Schweiz sind auch tiefergelegene Skigebiete noch nicht am Ende ihrer Möglichkeiten. Mit einer leistungsfähigeren Anlage könnten sie die Beschneizeit noch halbieren, sagt Hofer. Damit könnten sie die Pisten offen halten, auch wenn die Zahl der kalten Tage wegen des Klimawandels abnimmt.
Bei vielen Anlagen in der Schweiz erreiche man das aber nicht, weil die Wasserversorgung zu gering sei, sagt Hofer. Diese könnten nicht alle Pisten gleichzeitig beschneien. Dann dauert die Beschneiung des Skigebiets länger. «Wenn man dann mit der letzten Piste noch nicht fertig ist und schon die erste Piste wieder nachbeschneien sollte, hat man ein Problem, wenn es lediglich drei bis vier Kälteperioden für die Beschneiung gibt», sagt der Experte.
Es fehle bei vielen Schweizer Skigebieten an Wasserspeichern und Pumpstationen. Das bedingt Investitionen. Als Faustregel ist laut Hofer 1 Million Franken pro Pistenkilometer nötig.
Kritik zurückgewiesen
Kritik gibt es am Wasser- und Strombedarf der Beschneiungsanlagen. Forscher der Universität Basel hatten berechnet, dass der Wasserverbrauch für Kunstschnee bei ungebremstem Klimawandel erheblich steigen wird.
Für das gesamte Skigebiet Andermatt-Sedrun-Disentis prognostizieren sie bis Ende des Jahrhunderts einen um rund 80 Prozent höheren Wasserverbrauch. Bei anderen Skigebieten sei der Bedarf teilweise um ein Mehrfaches höher.
Heute komme ein Teil des Wassers für die Beschneiung des grössten Teilgebietes von Andermatt-Sedrun-Disentis aus dem Oberalpsee. «Hier werden wahrscheinlich Konflikte zwischen dem Wasserbedarf für das Skigebiet und jenem für die Stromerzeugung entstehen», hiess es in der Studie der Uni Basel.
Hofer kritisiert diese Berechnungen: Die Wasserkraftwerke hätten die x-fach höhere Wassernutzung als die Beschneiungsanlagen. Zudem werde das Wasser nicht verbraucht, sondern in einem anderen Aggregatszustand als Schnee am Berg deponiert. Mit der Schneeschmelze im Frühling fliesse dann das Wasser wieder zu Tal. Die Verdunstungsverluste seien bei der Beschneiung gering, sagt Hofer.
Und der Stromverbrauch der Beschneiungsanlagen mache nur rund 0,1 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs aus. Zudem hätten modernere Beschneiungsanlagen eine höhere Effizienz: «In Davos wird der Überlauf der bergbahneigenen Speicherseen genutzt, um Energie zu produzieren. Damit sind wir in der Lage, 63 Prozent unseres Strombedarfs der Beschneiung abzudecken», sagt Hofer.