Insgesamt sei der Umsatz im Ende Oktober abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/20 um 65 Prozent eingebrochen, sagte Hotelplan Suisse-Chef Tim Bachmann am Dienstag vor den Medien in Glattbrugg. Dabei habe das Jahr gut angefangen: «Bis Mitte März waren wir sogar besser unterwegs als im Vorjahr.»
Dann kamen der Corona-Lockdown und die Reisebeschränkungen. «Der ganzen Reisebranche wurde durch die Pandemie die Geschäftsgrundlage entzogen.» Im Frühling seien praktisch alle Buchungen annulliert worden oder hätten umgebucht werden müssen. In den traditionell lukrativen Monaten im Sommer habe man nicht einmal mehr 20 Prozent des Geschäfts gemacht.
Absolute Umsatzzahlen nannte Bachmann keine. Ein Jahr zuvor hatte die Migros-Tochter noch einen Umsatz von 572,9 Millionen Franken gemacht. Die Zahl der Passagiere sei ebenfalls markant zurückgegangen, wenn auch nicht ganz so stark wie der Umsatz. Im Vorjahr hatte Hotelplan Suisse noch 486'000 Passagiere befördert.
Riesenaufwand – kein Ertrag
«Wir hatten wahnsinnig viel Arbeit, aber sehr wenig Ertrag. Wir haben mit dem Aufwand teilweise nicht einmal die Grenzkosten gedeckt», sagte Bachmann. Es habe so viele berechtigte Kundenanfragen, so viele Umbuchungen und Änderungen von Flugplänen und an den Destinationen gegeben, dass es nicht möglich gewesen sei, Geld zu verdienen.
So habe beispielsweise die Ferienwohnungssparte Interhome/Interchalet von insgesamt 342'000 Buchungen etwa 134'000 umbuchen oder annullieren müssen, sagte der abtretende Chef der Hotelplan Gruppe, Thomas Stirnimann. Damit haben sich die Umbuchungen und Annullationen gegenüber dem Vorjahr verdreifacht.
Nach den Lockerungen im Juni habe die Nachfrage wieder angezogen.In der vorletzten Juli-Woche hätten die Buchungen fast wieder das Vorjahresniveau erreicht, sagte der Touroperatingverantwortliche für die Marke Travelhouse, Sebastian Kickmaier.
Doch dann habe das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Quarantäneliste veröffentlicht. «Ab dann ging es drastisch nach unten», sagte Kickmaier. Getroffen wurde vor allem die Nachfrage nach dem spanischen Festland, den Balearen, Portugal und Tunesien.
Zudem habe die Planungssicherheit gefehlt: Manchmal habe das BAG die Quarantäneliste am Mittwoch publiziert, manchmal erst am Freitagnachmittag kurz vor Arbeitsschluss. Viele Airlines hätten ihre Flüge aufs Wochenende konzentriert. Wenn die BAG-Quarantäneliste am Freitagnachmittag um 16 Uhr veröffentlicht werde und die Flieger am Samstag starten würden, müsse man viele Umbuchungen in wenigen Stunden vornehmen. Gewisse Dossiers habe man mehrmals in die Hand genommen.
Grösster Verlust der Geschichte
Damit rutschte Hotelplan Suisse tief in die roten Zahlen. «Das Resultat war der grösste Verlust der Geschichte», sagte Bachmann: Mehrere Jahresgewinne seien verloren gegangen. Dank der Unterstützung der Migros habe man sich die raschen Rückerstattungen an die Kunden für ausgefallene Ferien leisten können.[RELATED]
Dazu habe man sich schwer beim Mutterkonzern verschuldet, sagte Hotelplan-Gruppenchef Stirnimann, ohne Zahlen zu nennen. Vom Bund gesicherte Corona-Notkredite habe der Reiseveranstalter keine gezogen.
Um Gegensteuer zu geben, hat die Gruppe im Juni den Abbau von 425 der gesamthaft 2'277 Jobs angekündigt. Davon fallen in der Schweiz rund 170 der knapp 1'200 Stellen zum Opfer. Zudem hat die Gruppe Kurzarbeit verhängt.
Weitergehende Einschnitte seien derzeit nicht geplant, sagte Bachmann. «Wir sind immer noch in der Bandbreite von unserem Szenario.» Intern habe man sich Zeit gegeben bis zu den Sportferien. Dann schaue man weiter. «Wir haben die Luft zum Abwarten» dank dem Migros-Mutterkonzern. Aber es gebe keine Garantie, dass es keinen weiteren Abbau gebe.
Weitere Verluste
Die Erholung dürfte noch einige Zeit auf sich warten lassen. Ab dem Frühling erwarte man eine spürbare, schrittweise Erholung. Im neuen Geschäftsjahr 2020/21 rechne man mit der Hälfte des Umsatzes von 2019. Hotelplan Suisse werde einen weiteren Verlust einfahren, sagte Bachmann am Rande im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
2022 dürfte das Minus noch 20 Prozent betragen. Dann gebe es ein Szenario, in dem Hotelplan Suisse die Gewinnschwelle erreichen könne. Eine vollständige Erholung werde etwa drei Jahre dauern. (awp/sda)