Die Stromkosten steigen dramatisch. In der Grundversorgung wird Elektrizität kommendes Jahr um durchschnittlich 27 Prozent teurer. Auf dem freien Markt, der für Unternehmen ab 100'000 Kilowattstunden seit 2009 offensteht, hat sie sich bereits verzehnfacht. Der unabhängige Strombroker Mauro Renggli von der Renergy GmbH ist überzeugt, dass viele Unternehmen den Ernst der Lage noch nicht realisiert haben: «Die Situation ist existenzbedrohend, auch in der Bergbahnenbranche.» Er rechnet vor, dass die jährlichen Energiekosten bei einer mittleren Bergbahn bei einem Verbrauch von einer Million Kilowattstunden bisher bei 60 000 Franken lagen. Dieser steigt nun auf einen Schlag auf 600'000 Franken an.
Die Lage ist existensbedrohend, auch in der Bergbahnenbranche.
Verträge gegen Preissprung
Für die Bergbahnen ist die Liquidität laut Berno Stoffel von den Schweizer Bergbahnen (SBS) ein grosses Thema. Alle Bahnen, die ihre Verantwortung wahrnähmen, seien sich der aktuellen Strompreisentwicklung bewusst. Aber nicht überall sei die Lage dramatisch. Viele Unternehmen hätten den Strom bereits vor der Energiekrise zu tieferen Preisen eingekauft. Diese Verträge laufen bis Ende 2023, zum Teil sogar bis Ende 2024. «Bergbahnen mit langfristigen Verträgen sind auf der sicheren Seite», sagt Stoffel. Er bestätigt aber Rengglis Einschätzung, dass es eine Anzahl von Seilbahnen gibt, deren Verträge Ende dieses Jahres auslaufen und die deshalb von der Verzehnfachung der Strompreise direkt betroffen sind. Wie hoch die Zahl ist, kann er nicht beziffern. Für die Planungssicherheit hat ihnen Seilbahnen Schweiz bereits im vergangenen Juni geraten, den freien Markt zu verlassen und in die Grundversorgung zurückzukehren , was jedoch schwierig ist.
Tranchenweise einkaufen
Anspruchsvoll ist die Lage für Bahnen, die den Strom auf dem freien Markt einkaufen. Das langjährige Mittel von 6 Rappen pro Kilowattstunde ist seit Herbst 2021 Geschichte. Die Preise schnellten im vergangenen August gemäss Renggli sogar auf sagenhafte 105 Rappen hoch. Inzwischen sind sie auf rund 60 Rappen zurückgekehrt. Die Entwicklung in den kommenden Monaten ist jedoch unvorhersehbar, deshalb empfehlen Renggli wie auch Stoffel, den Einkauf in Tranchen zu tätigen und damit den Preis zu glätten.
Billettpreise steigen moderat
Je nach Beschaffungsmodell und Strompreisentwicklung können die Stromkosten für die kommende Skisaison tief liegen oder auch existenzbedrohend werden. Aufgrund der Beschneiungskosten hängen sie auch von Witterung und Temperatur ab. Reto Schläppi von den Bergbahnen Meiringen-Hasliberg sagt: «Im Idealfall gibt es im November einen Meter Naturschnee und es bleibt kalt.» Aber auch hier lässt sich nicht in die Glaskugel schauen. Trotz der Strompreisunsicherheiten steigen die Ticketpreise in vielen Skigebieten nur moderat: Hoch-Ybrig plus 3,6 Prozent, Meiringen-Hasliberg plus 3 bis 5 Prozent und die Flumserberge 3 Prozent. Die dynamischen Preise in Laax starten wie im Vorjahr ab 55 Franken. Im Vergleich zur Inflationsquote von 3,5 Prozent kann das als fair bezeichnet werden.
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Sparpotenzial der Bahnen
Um zu vermeiden, dass Verbote ausgesprochen werden, stehen die SBS im engen Austausch mit dem Bund. Sparmassnahmen sollen helfen, die Mangellage zu bewältigen. Der Verband bereitet derzeit einen Katalog vor, der die Sparwirksamkeit pro Anlagetyp auflistet. Darunter fallen verkürzte Betriebszeiten und gedrosselten Geschwindigkeiten. Damit bietet er den Bergbahnen Ende Oktober eine faktenbasierte Planungsgrundlage.
Einige Bergbahnen haben bereits einen eigenen Massnahmekatalog zusammengestellt. Beispielsweise die Flumserberge. Mit einer kleineren Fahrzeugbestückung auf den Anlagen sowie Geschwindigkeits- und Betriebszeitenanpassungen sollen dereinstige Sparziele erreicht werden. Da der Bergbahnenanteil am gesamtschweizerischen Stromverbrauch bloss 0,3 Prozent beträgt, fordern die Flumserberge eine gewisse Solidarität. Nicht nur die Bergbahnen, sondern alle Schweizer – Haushalte, Industrie, öffentliche Hand – sollen helfen, den Verbrauch zu optimieren.
Beschneiung nicht in Gefahr
Die Beschneiung wird von der Strommangellage voraussichtlich nicht tangiert. SBS-Geschäftsleiter Berno Stoffel sagt: «Die Beschneiung macht bloss 0,1 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs aus, hier wäre am falschen Ort gespart.» Sollte die Beschneiung wegfallen, könnten viele Skigebiete nicht öffnen. Stoffel warnt: «Dann fehlt die Grundlage für den gesamten Wintertourismus, der wirtschaftliche Schaden wäre immens.» Da die Mangellage erst im März 2023 erwartet wird und die Beschneiungsanlagen hauptsächlich Ende 2022 in Betrieb sind, würde das Energieproblem laut Stoffel damit nicht gelöst.