Statt wie gewohnt in alle Welt zu reisen, bleiben die Menschen wegen des Coronavirus vorwiegend zu Hause. Von der schon bald ein Jahr alten Krise sind auch der Ferien- und der Berufsreiseverkehr ganz stark betroffen. Darunter leiden die Schweizer Flughäfen und die damit verbundenen Branchen, deren Geschäftszahlen dramatisch rückläufig sind. Am Flughafen Zürich ging die Zahl der Flugbewegungen 2020 im Vorjahresvergleich um gut 60 Prozent auf 111'328 zurück. Die Anzahl Passagiere verringerte sich gar um fast 74 Prozent auf 8,34 Millionen. Auch am Euroairport in Basel brachen die Passagierzahlen um 71 Prozent ein.

Raffaela Stelzer, Senior Mediensprecherin der Flughafen Zürich AG, bezeichnet auf Anfrage 2020 als ein herausforderndes Jahr. «Wir haben einen historischen Verkehrseinbruch erlitten und sind als Unternehmen und Verkehrsdrehscheibe massiv von der Corona-Pandemie betroffen», sagt sie.

Kurzarbeit und Entlassungen bei der Flughafen Zürich AG
Betroffen ist laut Stelzer nicht nur der Luftverkehr, sondern auch das Kommerzgeschäft. Der Shutdown, fehlende Passagiere, Pendler und Mitarbeitende sowie generell grosse Einschränkungen im stationären Handel und der Gastronomie machten dem Flughafen zu schaffen. «Die meisten unserer rund 1700 Mitarbeitenden leisten deshalb Kurzarbeit», erklärt sie. Seit Beginn der Krise habe die Flughafen Zürich AG nebst Kurzarbeit als weitere Massnahmen einen Einstellungsstopp verfügt und aufgrund der Schwere der Krise für die Aviatik-Branche und der langen Erholungszeit vereinzelt Stellen abbauen müssen. «Bis Mitte 2021 werden rund 120 Stellen wegfallen – die meisten über natürliche Fluktuationen, Nichtbesetzung von Vakanzen und Pensionierungen.» Leider liessen sich 26 Kündigungen nicht vermeiden.

Die Flughafen Zürich AG rechnet mit einer langsamen und schrittweisen Erholung des internationalen Reiseverkehrs ab Mitte 2021. «Mit Erholung meine ich hier», sagt Stelzer, «dass wieder mehr Passagiere über den Flughafen Zürich reisen.» Mehr könne man zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der grossen Unsicherheiten nicht dazu sagen. Denn ständig ändernde Reisebestimmungen und Quarantäneregeln führten bei Reisenden wie Unternehmen zu grosser Unsicherheit. «Aber sobald die medizinische Lage es erlaubt, muss Reisen unter Einhaltung von Schutzmassnahmen ohne Restriktionen wieder möglich sein.»

Viele Flughafenhotels vorübergehend zu
Für den Schweizer Tourismus und die vom Aussenhandel abhängige Schweizer Wirtschaft sei es wichtig, dass wieder ein planbarer internationaler Reiseverkehr stattfinden könne, ist Raffaela Stelzer überzeugt. Die Anerkennung von Impfungen und negativen Testresultaten, um allfällige Quarantänebestimmungen aufzuheben, werde eine wichtige Rolle spielen bei der Rückkehr zur Normalität im Luftverkehr. Wie lange es aber dauern werde, bis die Zahlen wieder auf Vorkrisenniveau sind, sei aufgrund der grossen Unsicherheiten schwer einzuschätzen.

Die Krise im Flugverkehr bekommen auch die Hotels am Flughafen Zürich direkt zu spüren, sind sie doch stark auf Meetings und Events ausgerichtet. Gemäss Aussagen von Daniel Twerenbold, General Manager des Radisson Blu Hotel am Flughafen Zürich und Regional Director Switzerland, Austria, Italy & South East Europe, ist dieser Geschäftszweig massiv betroffen. Geblieben seien eigentlich nur noch die abfliegenden einheimischen Gäste. «Die Belegung ist von einem Tag auf den anderen von 80 auf unter 10 Prozent eingebrochen», sagt er. Deshalb hätten viele Hotels rund um den Flughafen Zürich vorübergehend zugemacht, darunter seit November auch das Radisson Hotel Zurich Airport, nicht aber das Radisson Blu Hotel.

Die Hoffnungen liegen auf dem kommenden Jahr
Daniel Twerenbold plant, das Radisson Hotel Zurich Airport Mitte März wieder zu öffnen, und hofft, dass sich die Situation ab April oder Mai bessert. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien in Kurzarbeit, zu Entlassungen sei es aber nicht gekommen. «Wir haben das Glück, dass wir Mitarbeitende in andere Radisson-Hotels schicken können, wenn dort mehr Personal gebraucht wird», erklärt Twerenbold. Mit Blick in die Zukunft erwartet er ab 2022 eine stärkere Erholung. Denn der Drang zu reisen sei ungebrochen hoch, weshalb die internationale Hotellerie weiterhin gefragt bleibe. Die aktuellen Safety- und Hygienestandards sowie neue Geschäftsmodelle wie Hybrid-Meetings würden auch über die Corona-Krise hinaus angewandt.


Swissport: «Ein verheerendes Jahr»

Weniger Flüge und Passagiere wirken sich auch auf den Geschäftsgang von Swissport International aus. Der weltweit führende Anbieter von Flughafen-Bodendiensten und Luftfrachtabfertigung mit Sitz in Opfikon wickelte im Corona-Jahr 2020 rund 1,7 Millionen Flüge ab – 59 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der dabei involvierten Flugpassagiere ging von 265 auf 82 Millionen zurück, was einem Minus von gut 69 Prozent gleichkommt. Insgesamt brach der Umsatz von Swissport um etwa 50 Prozent ein. An vielen Standorten kam es zu Entlassungen, nicht so in Zürich.

Christoph Müller, Group President und interimistischer CEO der Swissport International AG, spricht von einem «verheerenden» Jahr. «Covid-19 hat die Nachfrage der Fluggesellschaften nach dem klassischen Bodenservicegeschäft zwischen März und Ende des Jahres im Wesentlichen ausgelöscht.» Eine erste Erholung erwartet er ab dem zweiten Halbjahr 2021. Da Swissport nicht von einem staatlichen Rettungspaket profitieren konnte, musste die Finanzierung neu geregelt werden. Hauptaktionäre sind nun sechs britische und amerikanische Private-Equity-Gesellschaften, die kurz vor Weihnachten die ebenfalls mit finanziellen Problemen kämpfende chinesische HNA ablösten.


The Circle: Eröffnung der beiden «Hyatt» verzögert sich

Trotz Corona-Krise ist das Dienstleistungszentrum The Circle at Zurich Airport am 5. November 2020 eröffnet worden. «Obwohl die grosse Feier abgesagt werden musste, war der Start erfolgreich», sagt Raffaela Stelzer, Senior Mediensprecherin der Flughafen Zürich AG. Der Circle ist nun für die Öffentlichkeit zugänglich, die Shops und Restaurants sowie der neue Flughafenpark wurden in Betrieb genommen.

Schon im Oktober 2020 waren das USZ Flughafen (Ambulatorium des Universitätsspitals Zürich) und die Victoria Apotheke eröffnet worden. Noch nicht stattgefunden hat dagegen die Eröffnung des Hyatt Regency Hotel mit dem dazugehörigen Convention Center. Diese ist laut Stelzer geplant, sobald die Umstände es ermöglichen. Die Eröffnung des Hyatt Place Hotel finde erst statt, wenn es die Marktlage erlaube.

«In den nächsten Wochen und Monaten werden laufend neue Angebote dazukommen und Mieter einziehen», blickt Stelzer voraus. Es fänden auch noch letzte Bauarbeiten statt. Eine schrittweise Eröffnung ab Herbst 2020 sei schon vor Corona geplant gewesen. «Aufgrund der aktuellen Situation sind weniger Menschen auf der Baustelle tätig als unter normalen Umständen – die Gesundheit hat oberste Priorität.» Zudem seien einzelne Lieferanten derzeit nicht einsatzfähig, weshalb einzelne Nutzungen mit rund 2 bis 3 Monaten Verzögerung in Betrieb gehen würden.

Die Eröffnung des Circle im November weckte grosses Interesse und hat in der Folge zahlreiche Besucherinnen und Besucher angezogen, wie Stelzer sagt. «Seit der Verschlechterung der medizinischen Lage und den weiteren Einschränkungen sowie Massnahmen der Behörden ist ein Grossteil der Restaurants und Shops zurzeit aber nur eingeschränkt geöffnet oder gar geschlossen.» Ausserdem sei die Homeoffice-Pflicht sicht- und spürbar, was sich ebenfalls auf die Besucherfrequenz im Circle auswirke.