2023 war für die Rhätische Bahn ein Rekordjahr. Noch nie transportierte die Bündner Schmalspurbahn so viele Fahrgäste und Autos. Zum Corona-Nachholeffekt gesellten sich weitere positive Faktoren. Dafür kämpfte die Bahn mit einem Mangel an Lokomotivpersonal.

Die bisherigen Spitzenwerte aus dem Jahr 2019 seien teilweise deutlich übertroffen worden. Das erklärten die Verantwortlichen der Rhätischen Bahn (RhB) anlässlich der Präsentation der Jahresbilanz vor den Medien in Chur.

Erstes Jahr ohne Corona-Restriktionen
2023 war das erste Jahr ohne Corona-Restriktionen und brachte mit fast 16 Millionen Fahrgästen einen Rekord im Personenverkehr. Das sind 14 Prozent mehr als 2019. Insbesondere die touristischen Panoramazüge und andere freizeitorientierte Bahnverbindungen trugen zu dieser Entwicklung bei. Gegenüber 2022 explodierten etwa die Passagierzahlen des Bernina Express um 43 Prozent auf 350'000 Personen.

Entsprechend positiv fiel die Ertragsentwicklung aus. Der Verkehrsertrag lag 18 Prozent über demjenigen von 2019 und erreichte 118 Millionen Franken. Es resultierte beim Personenverkehr, dem mit Abstand wichtigsten Unternehmenssegment, ein vergleichsweise hoher Gewinn von 9,4 Millionen Franken.

Zudem transportierte die RhB am Autoverlad Vereina mit 535'000 Fahrzeugen so viele wie noch nie. Defizitär war jedoch der Güterverkehr. Unter dem Strich weist die RhB-Gruppe einen Gewinn von insgesamt 13 Millionen Franken aus.

Die Bahn investiere jeden Tag fast eine Million Franken in die Infrastruktur und das Rollmaterial, so Mario Cavigelli, RhB-Verwaltungspräsident. «Dass dennoch schwarze Zahlen resultieren, erfüllt uns mit Genugtuung.»

Weltrekordzug als PR-Zugpferd
RhB-Direktor Renato Fasciati sieht neben einem Corona-Nachholeffekt weitere Gründe für das starke Passagierwachstum. Ein Erfolgsfaktor sei die Modernisierung des Rollmaterials. Die neuen Züge seien etwa dank WLAN attraktiv für Menschen, die während der Fahrt arbeiten wollen. Weiter habe die RhB auf mehreren Strecken das Angebot ausgebaut.

Der gelungene Weltrekordversuch 2022 mit dem längsten Passagierzug der Welt sei von 600 Millionen Menschen bemerkt worden.

«Wachstumsschmerzen»
Bei den erzielten Wachstumszahlen gebe es selbstverständlich «Wachstumsschmerzen», so  Fasciati. Die Belastung des Personals sei gestiegen. Zudem lief die Rhätische Bahn letztes Jahr in einen akuten Mangel an Lokführerinnen und Lokführern hinein, der ihr voraussichtlich noch bis Ende diesen Jahres zu schaffen machen wird.

Neben dem Geschäftswachstum waren eine erhöhte Fluktuation und häufigere Absenzen die Ursachen für den Personalmangel. Die bereits letztes Jahr lancierte Ausbildungsoffensive werde laut RhB erst gegen Ende des Jahres Früchte tragen, wenn 40 bis 50 neue Lokführerinnen und Lokführer zu den aktuell etwa 250 dazustossen.

Dennoch seien die Aussichten für das laufende Jahr positiv. Das Passagierwachstum sei zwar abgeflacht, setze sich aber fort. RhB-Verwaltungsratspräsident Cavigelli: «Wir gehen davon aus, dass die Erträge über den Erwartungen sein werden.» (keystone-sda)