Hotels lassen die Angestellten anderer Hotels vergünstigt bei sich übernachten – nach diesem Konzept funktioniert das von HotellerieSuisse zusammen mit dem Regionalverband Association Romande des Hôteliers (ARH) lancierte Projekt «Staffdeals».

Das Interesse daran war von Anfang an gross. Rund 370 Betriebe meldeten sich nach Angaben von HotellerieSuisse für den sechsmonatigen Testlauf an. Inzwischen hat HotellerieSuisse die teilnehmenden Betriebe zu den gemachten Erfahrungen befragt. An der Umfrage haben sich 177 Betriebe mit ihren Rückmeldungen beteiligt. Auf einer Skala von 1 bis 5 erhielt das Projekt von den Umfrageteilnehmern die Note 4,51. Pascale Schaufelbühl, bei HotellerieSuisse zuständig fürs Projekt, bilanziert: «Die Betriebe haben das Projekt grundsätzlich als sehr positiv bewertet. Grund dafür ist in erster Linie der Mehrwert für die Mitarbeitenden. Auch nach Abschluss der Testphase besteht Interesse zur Teilnahme.»

Wie aus der Umfrage zudem hervorgeht, haben in der Testphase insgesamt 413 Mitarbeitende aus den 177 Betrieben das Angebot genutzt. Das ergab total 733 Buchungsnächte, also im Schnitt vier pro Hotel. Allerdings waren diese Buchungsnächte sehr ungleich verteilt: Während auf 63 Betriebe gar keine Buchungen entfielen, lag das Maximum pro Hotel bei 52 Nächten.

Den Betrieb gegenüber Fachkräften bekannt machen
Eines der teilnehmenden Hotels ist die Kartause Ittingen. Wie Direktor Valentin Bot gegenüber HotellerieSuisse schildert, sieht er für Betriebe mehrere Vorteile: «Wenn Mitarbeitende und wir selbst auf diesem Weg unterschiedliche Betriebe kennenlernen dürfen, ist das pure Inspiration, die zurück in den eigenen Betrieb fliesst.» Zudem biete «Staffdeals» die Möglichkeit, das eigene Hotel den Branchenfachkräften bekannt zu machen, die allenfalls in der Folge sogar den Weg ins Team fänden. Weiter hätten Hotels die Möglichkeit, Anfragen flexibel anzunehmen und die Auslastung dadurch gezielt zu verbessern.

Marketingmaterial und digitale Buchung gewünscht
Aus der HotellerieSuisse-Umfrage geht aber auch hervor, wo es noch Anpassungen braucht: Viele Befragte äusserten den Wunsch nach einer digitalen Buchungsplattform, um das Buchungsverfahren zu optimieren. Ausserdem wünschten die Umfrageteilnehmenden mehr Marketingmaterial, um das Angebot bekannt machen zu können.

Betriebe gaben zudem die Rückmeldung, dass die Hotels im Luxusbereich für die Mitarbeitenden selbst bei einem Rabatt von 50 Prozent immer noch unerschwinglich gewesen seien. Somit stünden diese Häuser de facto den Mitarbeitenden nicht zur Verfügung.

«Wir werden nun daran arbeiten, das Produkt zu optimieren», sagt Schaufelbühl. Hinsichtlich des Wunsches nach einem digitalen Buchungsprozess werde man nach einer geeigneten Lösung suchen. «Die Betriebe werden über die Optimierungen laufend informiert werden.» Ziel sei es zudem, dass immer mehr Hotels aus allen Kategorien und Regionen teilnähmen. «Je mehr Teilnehmer, desto grösser das Angebot und desto eher ist für jeden Anspruch etwas dabei.»

Vergünstigungen in Partnerhotels sind nur eine von vielen Möglichkeiten von sogenannten Fringe Benefits, also Lohnnebenleistungen. Ein Analysereport des Büros Ecoplan im Auftrag von HotellerieSuisse listet weitere Möglichkeiten auf, die in der Hotellerie vorkommen:

  • Vergünstigung des eigenen Angebots: Essen, Mitarbeiterunterkunft, Übernachtungen im eigenen Hotel – eigene Infrastruktur nutzen: Wellness, Fitness, Fahrzeugpark, Kinderhort
  • Vergünstigungen bei lokalen Partnern: Geschäfte, Kino
  • (Mit-)Finanzierung von Weiterbildungen
  • zusätzliche Freitage (Krankheit der Kinder oder bei Vaterschaft)
  • individuelle Flexibilität bei der Arbeits-/Freizeitgestaltung (so etwa Ferien-Lohn-Option)
  • Teamkulturevents

Doch können Fringe Benefits dazu beitragen, im Wettbewerb um Fachkräfte gegenüber anderen Unternehmen einen Vorteil zu haben? HR-Berater Mario Krebs von Swiss HR ist skeptisch. «Ich sehe darin keinen Vorteil. Ein Hotelbetrieb dürfte mit einem höheren Lohn immer den grösseren Anreiz setzen.» Fringe Benefits brächten dabei auch in den meisten Fällen keine steuerlichen Vorteile. Eine Ausnahme bestehe bei den Kosten für die Mitarbeiterverpflegung: bis zu 180 Franken pro Angestelltem dürften monatlich steuerfrei gezahlt werden.

Auch Führungskultur und Arbeitsklima sind wichtig
Positiver sieht es HR-Coach Madeleine Na. Aus ihrer Sicht können Fringe Benefits als Teil eines Gesamtpakets im Wettbewerb um Fachkräfte durchaus eine kleine, aber entscheidende Rolle spielen. «Ein geschenktes GA zum Beispiel führt vielleicht dazu, dass sich eine Person bei mehreren vergleichbaren Stellenmöglichkeiten für das betreffende Hotel entscheidet.» Geschickt gewählte Benefits machten «den Blumenstrauss bunter», wie Na sagt.

Um Mitarbeitende gewinnen und halten zu können, seien aber auch die Führungskultur und das Arbeitsklima wichtig. «Mitarbeitende brauchen Wertschätzung und Anerkennung, eine gute Führungskultur ist die halbe Miete», so Na.

Weitere Infos finden  interessierte Mitgliederbetriebe hier.
 

Das raten Experten
Authentische Benefits: HR-Coach Madeleine Na empfiehlt, die Fringe Benefits auf die Firmenkultur abzustimmen. «Es muss passen – aufs Haus, in die Region und in die Branche –, damit es authentisch wirkt», sagt Na. Dabei könnten Fringe Benefits auch speziell auf bestimmte Altersgruppen ausgerichtet werden. «Der Generation Z ist die Work-Life-Balance sehr wichtig, hier macht die 4-Tage-Woche möglicherweise mehr Sinn, als zehn verschiedene Vergünstigungen zu gewähren.»
Dozentin Anja Feierband von der Universität Luzern empfiehlt, mit einer Befragung herauszufinden, welche Fringe Benefits für die Betroffenen attraktiv wären. Fringe Benefits sollten auch die Unternehmenswerte widerspiegeln. «Bei einem nachhaltigen Hotel passt beispielsweise das GA oder ein Beitrag ans E-Bike besser als ein Gratisparkplatz», sagt Feierabend.
Hohe Verfügbarkeit: Vergünstigte Hotelübernachtungen fürs Personal sollten konstant verfügbar sein. «Mitarbeitende sollten sie auch wirklich an jenen Tagen buchen können, an denen sie freihaben», sagt Mario Krebs von Swiss HR. «Damit Angestellte einen echten Vorteil haben, müssen die Übernachtungsangebote zudem so günstig sein, dass sie auch für Geringverdiener erschwinglich sind.»
Einfach organisierbar: Organisatorische Hürden sind laut HR-Experte Mario Krebs für die Angestellten umso unbedeutender, je grösser der Benefit ist. Als Beispiel nennt er ein Mitarbeitendenprogramm, bei welchem Angestellte Hotelübernachtungen zum Fixpreis von 50 Franken buchen können. «Bei einem so guten Angebot nehmen Angestellte auch gerne mehr auf sich, um es zu erhalten.»
Individualisieren: Nicht alle Lohnnebenleistungen sind für alle Mitarbeitenden gleich interessant. Ein Analysereport des Büros Ecoplan schlägt vor, die Fringe Benefits für die Mitarbeitenden individuell zusammenzustellen. Denkbar ist laut dem Report auch ein Kiosksystem: Dabei können Mitarbeitende aus definierten Angeboten ihre eigenen Fringe Benefits aussuchen. «Auch die richtige Kommunikation der Zusatzleistungen ist wichtig und ermöglicht erst, dass die Angebote wahrgenommen und als exklusiv und attraktiv empfunden werden», heisst es in dem Bericht weiter. ua


Nachgefragt

Frau Feierabend, wie gut nutzen Unternehmen die Möglichkeit, sich mit Fringe Benefits im Wettbewerb um Fachkräfte zu profilieren?
Fringe Benefits sind ein wichtiges Mittel, um die Arbeitgeberattraktivität zu steigern: Damit kann man Mitarbeitende gewinnen und sich von anderen Arbeitgebern abheben. Allerdings setzt bislang nur ein Teil der Arbeitgeber auf Fringe Benefits: Aus unserer repräsentativen Arbeitnehmerbefragung «Schweizer HR-Barometer» der Universitäten Luzern und Zürich sowie der ETH Zürich geht hervor, dass nur 22 Prozent der Beschäftigten in der Schweiz Fringe Benefits erhalten.

[IMG 2]Zahlen sich Fringe Benefits denn auch aus?
Unsere Umfrage zeigt, dass die Beschäftigten in der Schweiz ihre Erwartungen an die Arbeitgeber zunehmend erhöhen. Aufgrund des Fachkräftemangels können sie vermehrt wählen, wo sie arbeiten wollen. Damit Talente langfristig im Unternehmen bleiben, sollten die Fringe Benefits ihren aktuellen Bedürfnissen entsprechen. Dabei dürften zunehmend auch nichtmonetäre Benefits eine Rolle spielen: sinnhafte Tätigkeiten und Unternehmenswerte wie etwa Nachhaltigkeit, aber auch soziale Events wie eine Firmenreise oder ein topmoderner Arbeitsplatz.

Worauf sollte man in der Kommunikation achten?
Wichtig ist, dass man hält, was man verspricht. Man sollte sich somit vorab überlegen, was man kommuniziert, um nicht Enttäuschungen zu provozieren.

Können Fringe Benefits auch kontraproduktiv sein?
Wenn man sie einmal eingeführt hat, ist es schwierig, sie wieder zu entziehen. Denn die Mitarbeitenden betrachten sie als gesetzt. Deshalb ist es wichtig, sich vorab zu überlegen, welche Benefits man langfristig aufrechterhalten kann. ua

Ueli Abt