Die Sessionen sind wichtige Fixpunkte für unsere politische Arbeit. Während dieser Zeit trifft das Parlament Entscheide, auf die wir manchmal jahrelang hinarbeiten. Ist ein Geschäft angenommen, ist die Freude gross. Doch auch Niederlagen gehören dazu, wie es dieses Mal bei einer Vorlage leider der Fall war. Doch von vorne.
Beim Lesen der Wortmeldungen zur Debatte über die Titel «Master Professional» und «Bachelor Professional» habe nicht nur ich mir verwundert die Augen gerieben. Organisationen und Verbände der Berufsbildung sind konsterniert. Bildungsexperte Rudolf Strahm spricht im «Tages-Anzeiger» Klartext, wenn er sagt, der Entscheid zeuge von einer völligen Unkenntnis der Fachkräfteproblematik. Dies kann ich nur unterstreichen. Die kleine Kammer schützt mit ihrem Entscheid die Privilegien der Hochschulen, statt hoch qualifizierten Berufsleuten faire Wettbewerbschancen einzuräumen. Nach einer ungewöhnlich turbulenten Diskussion sagte sie Nein zu einem Geschäft, das die vorbereitende Kommission zuvor einstimmig angenommen hatte. Das ist sehr ungewöhnlich.
HotellerieSuisse kämpft weiter für attraktivere Titel.
Der Kampf ist zum Glück noch nicht verloren. Wir nehmen den Bundesrat beim Wort, wenn er sagt, dass er die Einführung der neuen Titel in einem Gesetzesentwurf aufnehmen wird. Bei den kommenden Diskussionen werden wir uns weiterhin vehement für attraktivere Titel starkmachen. Dabei werden wir uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Player der Berufsbildung der Hochschullobby vereint die Stirn bieten.
Wir sind überzeugt, dass es pragmatische Lösungen für mehr Personal braucht. Deshalb setzen wir uns seit längerem für eine erleichterte Zulassung von in der Schweiz ausgebildeten Fachspezialistinnen und -spezialisten aus Drittstaaten ein. Auch der Nationalrat will dieses Potenzial voll ausschöpfen. So verabschiedete er eine Änderung im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG), damit Fachkräfte aus Drittstaaten nach einer höheren Ausbildung in der Schweiz weiter-beschäftigt werden können. Der Bundesrat hatte in seiner Anpassung des AIG nur Erleichterungen für Schweizer Hochschulabsolvierende (Tertiär A) vorgesehen, nicht aber für Absolvierende der höheren Berufsbildung (Tertiär B). Wir haben uns in der Folge dafür eingesetzt, dass auch für uns wichtige Fachkräfte berücksichtigt werden. Als Nächstes wird das Geschäft im Ständerat behandelt.
Es braucht pragmatische Lösungen für mehr Personal.
Beherbergungsbetriebe wissen am besten, wie wichtig gute Arbeitsbedingungen bei der Suche nach geeignetem Personal sind. So sind etwa zur Verfügung gestellte Unterkünfte ein entscheidendes Argument für potenzielle Arbeitnehmende. Nur sind diese vielerorts Mangelware. Der Ständerat will hier Abhilfe schaffen. Neu sollen internationale Investoren Personalhäuser bauen oder vermieten dürfen, was hoffentlich schon bald zu mehr Wohnraum für Angestellte führt. Die entsprechende Motion von Ständerat Martin Schmid hat die kleine Kammer klar angenommen. Nun muss auch noch der Nationalrat Ja sagen, damit die Wohnungsknappheit für Angestellte in Tourismusorten kleiner wird.
Und zuletzt haben beide Räte mehr Fördergeldern für Innotour-Projekte zugestimmt. Damit ist es beschlossene Sache, dass der Bund diese von 2023 bis 2026 neu mit bis zu 70 Prozent der Kosten unterstützt statt wie bis anhin mit maximal 50 Prozent. Davon profitieren vor allem Projekte in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Mit der Erhöhung der Mittel anerkennt das Parlament, dass sich der Tourismus nach der Pandemie in vielen Bereichen neu ausrichten muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Nicole Brändle Schlegel ist Leiterin Arbeit, Bildung, Politik bei HotellerieSuisse.