Das Umfeld, in dem heute gebaut wird, hat sich stark verändert. Das gilt auch für die Hotellerie und die Gastronomie, sowohl für Neu- und Umbauten als auch für Sanierungen. Einerseits haben sich die Lebenszyklen einer Ausstattung, eines Interieurs verkürzt, andererseits hat sich die Art der Herangehensweise verändert. Die Planungsteams sind heute aufgrund der grösseren Komplexität breit und interdisziplinär aufgestellt, und der Austausch zwischen Bauherren und Planern ist rege. Dies trat auch ganz klar im Rahmen des Tischgespräches zutage, zu dem die htr hotelrevue Ende Februar eingeladen hatte, noch weit entfernt von der aktuellen Corona-Krise.

Mit am Tisch sassen Guido Henzmann, Innenarchitekt und Gründer von Ligno in-Raum, Kim Grenacher, Brandentwicklerin bei der Agentur Pointbreak, Giusep Arpagaus, Inhaber der Arpagaus Innenausbau und Möbeldesign AG, Peter Hummel, Innenarchitekt und Inhaber von Hunikat, René Koch, Inhaber und Gastgeber Seminar- und Wellnesshotel Stoos, sowie Martin Küttel, Partner der Katag & Partners AG.

Mit dem htr-Tischgespräch bietet die htr hotel revue Lieferanten, Hoteliers und Vertretern der Branche die Möglichkeit, relevante Themen gemeinsam zu diskutieren und zu vertiefen. 2019 lud die htr hotel revue bereits viermal zur Diskussionsrunde nach Bern zu den Themen: Food – Das Buffet; Table Top – Tischkultur; Interior Design – Lobby und Empfang; Wellness, Sauna und Spa.
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Wie unterscheidet sich ein Trend von einer Marktentwicklung?
Schon nach kürzester Zeit steckte die Runde mitten in der Erörterung der Definition des Begriffes Trend. Es stellte sich rasch heraus, dass die Runde damit sehr unterschiedlich umgeht. Einerseits ist ein Trend ein wichtiger Treiber, andererseits wird er mit Bedacht behandelt. So arbeitet die Agentur Pointbreak ganz nahe am Puls von Trends, um ihre Betriebe entsprechend auszurichten, die sich mehrheitlich an ein junges und urbanes Publikum wenden. «Bei Trends liegt die Schwierigkeit darin, zu spüren, wo es sich lohnt aufzuspringen. Denn ein Trend kann sich etablieren oder wieder vom Markt verschwinden», sagt Kim Grenacher. Das Team der Agentur durchstreift den internationalen Markt sehr genau nach neuen Gastrokonzepten, eruiert, was funktioniert und was nicht und was auf die Schweiz adaptiert werden könnte. Ist ein Entscheid für ein Projekt gefallen, realisieren es dieses so rasch wie möglich, um damit am Schweizer Markt der erste Anbieter zu sein.

René Koch ist in Bezug auf Trends hingegen vorsichtig. Als Hotelier geht es für ihn vielmehr darum, Marktentwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu deuten. Wenn es ihm gelungen sei, eine Marktentwicklung richtig vorauszusehen, dann habe er nachhaltig investiert. Wie etwa 2005 / 2006, als es darum ging die Positionierung eines seiner Hotels auszuarbeiten: «Als klar wurde, dass Wellness eine Möglichkeit sein könnte, habe ich natürlich schon hinterfragt, ob dies nun ein Trend ist oder eine Marktentwicklung. Es hat damals auch Stimmen gegeben, die meinten, dass der Trend nur ein, zwei Jahre anhalten würde. Andere wähnten ihn damals schon am Abflauen.» René Koch hatte jedoch den richtigen Riecher, Wellness ist heute nicht mehr wegzudenken.

Der Gast von heute kann es sich erlauben, wählerisch zu sein
Wo sich nun die Grenze ziehen lässt zwischen Trend und Marktentwicklung, scheint also schwierig zu sein festzulegen. Oftmals vermischen sich die Tendenzen, oder ein kurzfristiger Trend geht in einen langfristigen über und wird zu einer Marktentwicklung. Nichtsdestotrotz haben Trends einen grossen Einfluss auf die Hotellerie, sei es nun in der Stadt oder in den Bergen, im Leisure- oder im Business-Bereich.

So erinnert etwa Martin Küttel von der Katag & Partners AG, die vor zehn Jahren das ganze 25hours-Hotel-Konzept in Zürich begleiten durfte, daran, dass diese Art von Hotels damals ganz neu war. Mittlerweile werde Europa mit ähnlichen Konzepten geflutet. «Diese Hotels ziehen eine bestimmte Community an, die bereit ist, einen bestimmten Preis dafür zu bezahlen», so Martin Küttel. Doch sei es nicht nur ein Trend, sondern auch ein Differenzierungsmerkmal, eine Positionierung mit viel Ausstrahlungskraft. Und hier hakt René Koch ein, der die ganze Entwicklung der Budget-Design-Hotels als klare Marktentwicklung sieht: «Wir nehmen natürlich Elemente davon auf und adaptieren das Konzept auch für unsere Betriebe.» So wird eines der neuen Projekte von René Koch – die Stoos Lodge – viel dienstleistungsreduzierter sein und in den öffentlichen Räumlichkeiten mehr Kommunikationsmöglichkeiten bieten. Er ist überzeugt, dass diese Hotelkonzepte allgemein auf die Ferienhotellerie einen grossen Einfluss haben und die Angebote verändern werden.

Doch nicht nur die Konzepte verändern sich, sondern auch die Bedürfnisse des Gastes, auch in Bezug aufs Interieur; darüber sind sich alle Teilnehmenden der Runde einig. Der Gast von heute ist tendenziell viel gereist, hat bessere Vergleichsmöglichkeiten und dementsprechend höhere Ansprüche. Zudem hat der Gast heute die Möglichkeit, aus unterschiedlichsten Angeboten auszuwählen. Er kann es sich also erlauben, wählerisch zu sein.

Das Produkt gemeinsam mit dem Kunden entwickeln
Sowohl Kim Grenacher als auch René Koch unterstreichen zudem, dass die Gäste heute ein Erlebnis wollen. «Man geht nicht mehr nur für eine Übernachtung ins Hotel oder nur zum Essen ins Restaurant. Der Gast sucht, gerade auch, weil das Angebot so gross ist, ein ganzheitliches Erlebnis», so Kim Grenacher. Umso wichtiger werden da eine klare Positionierung und eine eigene Identität, die sich auch in der Ausstattung spiegelt. «Wenn man heute ein Designkonzept für ein Hotel entwickelt, braucht es eine klare Identität und Aussage», ist auch Guido Henzmann, der mehrheitlich Konzepte für private Hoteliers entwickelt, überzeugt. Dies gelinge nur mit einem starken, breit abgestützten Team, wie auch Peter Hummel, Inhaber der Firma Hunikat, bestätigt. Zusammen mit seinem Team entwickelt er für seine Kunden massgeschneiderte Lösungen, die auf vielen Besprechungen sowie zahlreichen Koordinationsgesprächen beruhen. Martin Küttel stellt da ebenfalls eine grosse Veränderung fest: «Im Gegensatz zu früher entwickeln wir heute ein Produkt zusammen mit dem Kunden. Er ist stark in den Entstehungsprozess eingebunden.» Kim Grenacher stellt Ähnliches fest. «Wir als Konzeptler sind heute auch viel stärker in den Bauprozess unserer Projekte involviert. Und ich glaube, es ist aufgrund der gestiegenen Komplexität für alle viel anspruchsvoller geworden.»

Dass Kim Grenacher stärker in den Bauprozess integriert ist, nutzt sie nun auch direkt fürs Storytelling auf Social Media und lässt ihre Kunden und Gäste daran teilhaben, was auf den jeweiligen Baustellen gerade läuft.

Machbarkeitsanalyse oder Projektschätzung
Und wie soll nun ein Hotelier vorgehen, der einen Um- oder Neubau plant? Da gibt es zwei Möglichkeiten, wie Martin Küttel anführt. Entweder er beauftragt einen Generalunternehmer mit dem Projekt, der von A bis Z alle Leistungen erbringt, oder er tritt selber als Bauherr auf. Und da stellt sich nach der Erstellung eines Konzeptes und der Erarbeitung eines Businessplanes schon rasch die Frage nach der Finanzierung, die René Koch als erprobter Bauherr als eine der grösseren Herausforderungen bezeichnet.

Im Falle eines Neubaus empfiehlt Martin Küttel eine Machbarkeitsanalyse, die nachweist, dass der generierte Ertragswert die Investitionskosten nicht übersteigen wird. Ist dies der Fall, ist der Grundstein für die klassische Bankfinanzierung gelegt. Bei einem Umbau oder einer Renovation hingegen ist es laut Martin Küttel sinnvoll, eine Projektschatzung erstellen zu lassen. Dadurch kann der Wert der Immobilie allenfalls gesteigert werden. Neben den 30 Prozent Eigenkapital und der klassischen Bankfinanzierung ist die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit ein starker Partner. Daneben gibt es weitere Möglichkeiten wie Teilhaber, Aktionäre und Institutionen,

Ist die Frage der Finanzierung erst einmal geklärt, geht es an die Planung. Und auch da spielt das Finanzielle natürlich immer mit. «Wir haben in Bezug auf die Kostenberechnung eine grosse Verantwortung, da meist kein grosser Spielraum da ist», weiss Peter Hummel. Dies bestätigt auch Giusep Arpagaus: Man muss sich nach dem Budget und den vorhandenen Begebenheiten richten.»

Gerade bei einem Umbau ist es gemäss Guido Henzmann jedoch wichtig, dass der Bauherr eine gewisse finanzielle Reserve einplant. Denn Unvorhergesehenes trete oft auf. Trotzdem seien dank viel Erfahrung relativ genaue Kalkulationen machbar. Alle drei Planer am Tisch sind denn auch überzeugt, dass es sich ausbezahlt, wenn man sich genügend Zeit nimmt, ein Projekt auszuarbeiten, Berechnungen fundiert auszuführen, Materialien und Konstruktionen zu definieren und Spezialisten beizuziehen.

Klimaanlagen sind bald schon ein Must-have
Ein zusätzliches Element, das bedacht werden sollte, sind Klimaanlagen. Im Gegensatz zur Schweiz sind diese in vielen Ländern bereits Standard. Doch auch hierzulande steigt die Nachfrage. So hat sich René Koch dazu entschieden, sogar auf dem Stoos auf 1300 Meter über Meer Klimaanlagen in die Zimmer einzubauen. «Wenn man heute ein neues Hotel ohne Klimaanlagen baut, dann hat man den Markt nicht studiert», so der Hotelier. Wolle man internationale Gäste ansprechen, müsse man über kurz oder lang Klimaanlagen einbauen. Dies beobachtet auch Peter Hummel, insbesondere in der Stadthotellerie. «Doch gerade in alten Häusern ist es sehr aufwendig und kostenintensiv, Klimaanlagen einzubauen.» Die Herausforderungen beim Bauen werden also definitiv nicht kleiner.


Soll man selber als Bauherr auftreten?

Bauen ist eine komplexe Sache. Stehen die Inhaber von privat geführten Hotels heute vor der Frage, in welcher Form ein Um- oder Neubau gestemmt werden soll, bieten sich zwei Möglichkeiten an. Entweder man wählt das Generalunternehmermodell, oder man entscheidet sich dafür, selber als Bauherr aufzutreten und sich passende Partner zu suchen.

Bei der erstgenannten Vorgehensweise übernimmt ein Generalunternehmer sämtliche Aufgaben und Leistungen, vertritt den Hotelier als Bauherrn und übergibt das Objekt auf einen vereinbarten Termin schlüsselfertig. Tritt man jedoch selber als Bauherr auf, eignet sich ein Pitch, um den am besten passenden Partner für die Erarbeitung des Projektes zu finden. Dies bedingt jedoch eine sehr grosse Bereitschaft, sich selber intensiv mit dem Thema Bauen auseinanderzusetzen.

René Koch, Inhaber des Seminar- und Wellnesshotels Stoos, ist in seiner rund 20-jährigen Tätigkeit als Hotelier und Unternehmer stets selber als Bauherr aufgetreten. Für sein neustes Projekt auf dem Stoos hatte er für die Innenausstattung einen Projektwettbewerb auf Einladung lanciert. «Wir haben die Vorgaben des Wettbewerbes für die Stoos Lodge sehr offen formuliert, um den Fächer an Ideen möglichst weit zu öffnen», erläutert René Koch das Auswahlverfahren. Zudem war der Pitch für den Hotelier eine gute Gelegenheit, um zu überprüfen, ob sie bei ihren Überlegungen alle Details bedacht hatten. Schlussendlich bekam der Partner, der schon einmal für René Koch gearbeitet hatte, den Zuschlag. «Das Zürcher Büro IDA14 hat das Produkt am besten verstanden.»

Die Stoos Lodge, für deren Ausführung das Architekturbüro Germann & Achermann aus Altdorf verantwortlich zeichnet, wird unmittelbar bei der Bergstation der neuen Stoosbahn entstehen, auf dem Grundstück des ehemaligen Hotels Klingenstock. Das Mittelklassehotel wird 99 Zimmer mit 250 Betten umfassen. Im Neubau soll ein Restaurant mit 300 Sitzplätzen und Sonnenterrasse realisiert werden, das sich auch an Tagesgäste richtet. Weiter sind ein Wellness- mit grossem Fitnessbereich, Tagungs- und Eventcenter sowie eine grosse Indoorspielhalle mit Kita vorgesehen.


«Die Definition eines Trends ist schwierig.»
Martin Küttel ist seit 2008 in der Unternehmens- und Betriebsberatung der Katag & Partners AG tätig, seit 2018 als Partner. Als Hotelier SHL kann er auf langjährige Erfahrung in der Führung verschiedener Hotels im In- und Ausland zurückblicken. Der Mitinitiant von Swiss Historic Hotels ist Delegierter des VR der Swiss Luxury Apartments in Genf. [IMG 5]
katag.ch


«Trends spielen bei uns eine marginale Rolle.»
René Koch übernahm 2001 das Sporthotel Stoos von seinem Vater Albert Koch. Trotz einer branchenfremden Ausbildung (Dipl. Ing. Masch. HTL) führte er das Hotel und die Gastronomiebetriebe acht Jahre selber. Das erste grössere Bauwerk war der Bau des Gipfelrestaurants Fronalpstock 2004. Seither beschäftigt ihn das Thema Bauen kontinuierlich. [IMG 6]
hotel-stoos.ch


«Trends stossen neue Hotelkonzepte an.»
Peter Hummel ist seit über 20 Jahren als Hotelarchitekt tätig. In dieser Zeit hat er Hotels, Restaurants und Businessräume gestaltet und umgesetzt. Seine berufliche Karriere begann er mit einer Schreinerlehre. Das prägt sein Schaffen bis heute. Er ist Praktiker geblieben und weiss, wie eine Baustelle funktioniert. Daneben ist er auch Ästhet, der Wert aufs Detail legt. [IMG 7]
hunikat.ch


«Tradition ist bei uns massgebender als ein Trend.»
Giusep Arpagaus hat die Firma Arpagaus AG 1987 gegründet. 2004 kam die Arpagaus Hotel-Concept AG dazu. Damit bietet der eidgenössisch diplomierte Schreinermeister und Brandschutzexperte VSSM mit seinem Team Hotelberatungen, -planungen und -ausführungen an. Mit der Arpagaus AG setzt Giusep Arpagaus Innenausbauten und Möblierungen um. [IMG 8]
arpagaus.ch


«Trends sind für unseren Betrieb sehr wichtig.»
Kim Grenacher ist seit fünf Jahren für die Kommunikation der Agentur Pointbreak zuständig. Dabei ist sie mittlerweile öfter auf Baustellen und an Projektbesprechungen anzutreffen als in ihrem Office. Die Agentur ist auf gastronomische Zwischennutzungen spezialisiert und tritt dabei selber als Bauherrin und Betreiberin der Projekte auf. [IMG 9]
pointbreakevents.ch


«Entscheidend ist die Identität eines Hauses.»
Guido Henzmann gründete 1996 die Ligno in-Raum AG. Nach 23 Jahren übergab er die Leitung des Unternehmens per April 2019 an seine Tochter Sara Henzmann und Peter Kunz. Die Ligno in-Raum hat sich mehrheitlich auf Projekte in Hotellerie und Gastronomie spezialisiert und begleitet Bauvorhaben von der ersten Vision bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe. [IMG 10]
ligno.ch

Bernadette bissig