Im Betrieb der Familie Montereale liegt der Fokus seit rund 30 Jahren auf Gastronomie und Wein. Die 17 Zimmer, die bis anhin meist von Businessgästen gebucht wurden, waren eher ein Nebenzweig. Entsprechend tief war die Auslastung mit gerade mal knapp 30 Prozent. So stand für Michele Montereale, der das 3-Sterne-Hotel seit 2012 zusammen mit seiner Mutter Ruth Montereale führt, schon lange im Raum, eine neue Ausrichtung in Angriff zu nehmen.
Im Zuge der Corona-Krise absolvierte Michele Montereale an der Pop-up Academy von Ticino Turismo und der SHS Academy von Swiss Hospitality Solutions diverse Weiterbildungen, um sich entsprechendes Rüstzeug zu holen. So lernte er Gianluca Marongiu von SHS kennen, der ihn auf das Programm Hotelboost Ticino aufmerksam machte. [RELATED]
Das von SHS initiierte Sanierungsprogramm, das der Kanton Tessin teilweise unterstützt, zielt darauf ab, Tessiner Hotels durch Marktanalysen, Neupositionierungen, Marketing- und Vertriebskonzepte und die Optimierung der digitalen Prozesse fit zu machen.
Was hebt das Hotel von anderen Hotels ab?
«Mithilfe des Hotelboost konnten wir das Potenzial und die Marktbedingungen unseres Hauses umfassend analysieren lassen», sagt der 36-jährige Hotelier. Bei dieser Analyse ging es auch darum, herauszuschälen, was das Haus einzigartig macht. Und wie es in Zukunft positioniert werden sollte.
Die Eltern Ruth und Rocco Montereale hatten über Jahre auf eine ambitionierte Küche mit Sternen und Punkten fokussiert und die «Conca Bella» zu einem Gourmetlokal gemacht. Nun, mit der zweiten Generation, weht ein etwas anderer, modernerer Wind. Seit drei Jahren setzen Sohn Michele und Mutter Ruth auf eine einfachere – immer noch mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete – Bistroküche, die lokale Produkte ins Zentrum stellt.
«Mithilfe des Hotelboost konnten wir das Potenzial und die Marktbedingungen unseres Hauses umfassend analysieren lassen.»
Michele Montereale, Gastgeber
Von unverändert grosser Bedeutung ist der Wein. Da ist einerseits die Weinhandlung, die über 4000 Flaschen und 1100 Etiketten umfasst und bereits zu Zeiten von Rocco Montereale mit einem «Award of Excellence» der Zeitschrift «Wine Spectator» ausgezeichnet wurde. Auf der anderen Seite sind die Beziehungen zu den zahlreichen Winzern im Mendrisiotto – ein Gebiet, das eine überdurchschnittlich hohe Dichte an Weinbergen pro Quadratmeter aufweist.
So war für Gianluca Marongiu und Michele Montereale rasch klar, dass es darum ging, das Haus als Weinhotel zu positionieren und das Thema Wein wie einen roten Faden durchs Haus zu ziehen. «Eine klare Positionierung hilft dabei, alles in Einklang zu bringen. Das geht vom Interieur übers Angebot bis hin zu den Mitarbeitenden», erläutert Gianluca Marongiu von SHS seine Sicht.
Um die Investition anzugehen, aber auch um die lokale Bevölkerung und am neuen Angebot interessierte Kunden einzubinden, lancierte die «Conca Bella» im April dieses Jahres ein Crowdfunding-Projekt. Mit Erfolg. Die Eigentümer konnten damit in 30 Tagen die Summe von 11 2270 Franken aufbringen.
Die Finanzierung hing vom erfolgreichen Crowdfunding ab
«Dass das Crowdfunding so gut funktioniert hat, haben wir auch der Unterstützung von SHS, der lokalen Tourismusorganisation Mendrisiotto und einem GaultMillau-Newsletter zu verdanken», sagt Michele Montereale. «Nur mit unserem Netzwerk hätten wir in der Deutschschweiz kein so grosses Publikum erreichen können.» Denn vom Erfolg des Crowdfundings hing die komplette Finanzierung ab: jene der Bank, der A-fonds-perdu-Betrag des Kantons Tessin, das Darlehen der SGH. [IMG 3]
Kooperationen sollen gestärkt werden
«In Zukunft wollen wir stark auf Kooperationen setzen, denn das Mendrisiotto, das als Tourismusdestination noch wenig bekannt ist, hat viel Potenzial», erzählt Michele Montereale. So will er eng mit Winzerinnen und Winzern und befreundeten Gastronomen zusammenarbeiten, um den Gästen ein möglichst variantenreiches Programm zu bieten.
Nur zwei Kilometer von der «Conca Bella» entfernt, in Morbio Inferiore, befindet sich zudem die «Casa del Vino», der Sitz von Ticino Wine. Neben Wein und Gastronomie hat Vacallo auch landschaftlich viel zu bieten. Etwa den Monte San Giorgio, ein Unesco-Weltkulturerbe.
Wein als Gästemagnet
Wenn der Rebensaft im Zentrum steht
International haben sich Weinhotels in vielen Regionen zu einem erfolgreichen Wirtschaftszweig entwickelt. Auch in der Schweiz setzen diverse Hotels auf diese Positionierung. Mit 6 Weinbauregionen und rund 250 Rebsorten bietet die Schweiz denn auch eine gute Ausgangslage.
Silvana und Albi von Felten vom Landhotel Hirschen in Obererlinsbach AG etwa führen neben ihrem angestammten Betrieb seit vier Jahren das «Weinhaus am Bach». Das Weinhotel bietet 22 Winzerzimmer – alle von Winzerinnen und Winzern aus Schweizer Weinregionen geprägt –, 2 Junior-Suiten und 2 Wein-Suiten. Die Weinkarte des Hauses umfasst mehr als 600 Positionen, davon alleine 280 aus der Schweiz.
Die «Domaine de Châteauvieux» in Satigny, ein malerisches Weingut und Hotel vor den Toren Genfs, bietet nicht nur eine hochdotierte Küche (19 Gault-Millau-Punkte), Chefkoch und Inhaber Philippe Chevrier besitzt auch eine eigene Weinlinie und führt mehr als 800 Weine auf der Karte. [IMG 2]
Im Chalet Hotel Schönegg in Zermatt VS werden Gästen hoteleigene Weine der Familie Metry kredenzt, die Fendant und Pinot noir in Varen bei Salgesch VS produziert. Im Restaurant Uncorked steht ein Sortiment von gut 80 Weinen aus dem Wallis und Top-Weinen aus dem Bordeaux im Angebot, Deckenbilder in Form von Weinsujets sowie Flaschenleuchten schaffen eine vinophile Atmosphäre. bbe