Frage: Unser Treuhänder hat uns mitgeteilt, dass das Jahresergebnis unserer Gesellschaft sehr gut sei und entsprechend mit einer hohen Gewinnsteuerbelastung zu rechnen sei. Ein befreundeter Hotelier hat uns nun gesagt, sein Treuhänder empfehle bei «zu guten Ergebnissen» die Bildung von Rückstellungen. Können Sie mir sagen, ob dies Sinn macht und steuerlich erlaubt ist?

Antwort: Rückstellungen sind ein ideales Instrument in der Steuerplanung. Mit Rückstellungen kann ohne Einsatz finanzieller Mittel und auch weit nach dem Bilanzstichtag Einfluss auf den steuerbaren Gewinn genommen werden. Da die Höhe und die Wahrscheinlichkeit von Rückstellungen von Natur aus ungewiss sind, ergibt dies einen willkommenen grossen Ermessensspielraum. Kommt hinzu, dass das Rechnungslegungsrecht vom Vorsichtsprinzip geleitet ist und damit rein handelsrechtlich viel Spielraum besteht. Nachfolgend soll die Thematik aus der Sicht der Praxis beleuchtet werden. [IMG 2]

Definitionen von Rückstellungen
Eine Rückstellung dient der periodengerechten Erfassung von Aufwendungen und Verlusten. Der Eintritt des Ereignisses, welches den Aufwand auslöst, ist zum Bilanzstichtag wahrscheinlich, und die Höhe der Aufwendung ist noch nicht exakt ermittelbar. Eine Schuld der Gesellschaft, die am Bilanzstichtag Bestand hat, deren Höhe aber noch nicht genau feststeht, berechtigt zur Bildung einer Rückstellung. Rückstellungen sind Fremdkapital und damit zu unterscheiden von den Wertberichtigungen, welche Korrekturposten darstellen und der Berücksichtigung von Verlustrisiken auf bestimmten Aktiven des Umlaufvermögens dienen (z. B. Delkredere).

Steuerliche Behandlung
Gemäss dem Prinzip der Massgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz sind die handelsrechtlich notwendigen Rückstellungen auch für das Steuerrecht anzuerkennen. Die Unternehmung muss die Berechnungsgrundlagen offenlegen. Die steuerliche Berücksichtigung setzt grundsätzlich auch voraus, dass die Rückstellung verbucht ist. Wenn das Handelsrecht eine Rückstellung zwingend verlangt, so ist sie für die Ermittlung des steuerrechtlich massgebenden Reingewinnes grundsätzlich zu berücksichtigen.

Wird eine Rückstellung gebildet, die nicht geschäftsmässig begründet ist, besteht das Risiko, dass eine Aufrechnung als Gewinn und Kapital seitens der Steuerverwaltung erfolgt. Dasselbe Risiko besteht, wenn eine Rückstellung mit einem überhöhten Betrag gebildet wird. Geschäftsmässig nicht begründet sind Aufwendungen, wenn sie nicht zur Erzielung des Ertrages dienen. Da die Rückstellung einen provisorischen Charakter hat, ist bei Nichteintreten des erwarteten Ereignisses eine erfolgswirksame Auflösung vorzunehmen. Effektive Kosten sind der Rückstellung zu belasten und führen zu deren Auflösung.

Kantonale Unterschiede
Je nach Kanton ist die Praxis der steuerlichen Akzeptanz von Rückstellungen sehr unterschiedlich und kann im Einzelfall stark abweichen. Rückstellungen für Ersatzbeschaffungen sowie auch für Forschungs- und Entwicklungskosten sind grundsätzlich in allen kantonalen Gesetzgebungen auffindbar.

Werden Rückstellungen für Garantieverpflichtungen zugelassen, handelt es sich meistens um Pauschalbeträge. Je nach Kanton ist jedoch die Bemessungsgrundlage und/oder der zulässige Prozentsatz vom Umsatzvolumen unterschiedlich. Grossreparaturen werden entweder als jährliche pauschale Rückstellungen verbucht (bis zu einem maximalen Rückstellungsbestand), oder es müssen die genauen Projektunterlagen vorliegen und teilweise auch eingereicht werden. Rückstellungen für Prozessrisiken müssen grundsätzlich auf einem bevorstehenden oder andauernden Prozess beruhen. Diesbezüglich reicht die Androhung eines Prozesses nicht aus.

Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bildung von Rückstellungen ein interessantes Tool für die Steuerplanung ist. Die Akzeptanz der kantonalen Steuerbehörden ist jedoch sehr unterschiedlich und muss im Einzelfall im Detail geprüft werden. Für alle Kantone gilt: Der Nachweis muss verlässlich sein, eine geschäftliche Begründetheit aufweisen und entsprechend korrekt verbucht und ausgewiesen werden.

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