Sie ist zweifellos eine der exklusivsten Hoteladressen von Lugano: Riva Antonio Caccia 7. Mit einem stolzen Alter von 134 Jahren gehört das Hotel Splendide Royal am Seeufer von Lugano zu den wenigen Überbleibseln aus den Pionierzeiten des Tourismus im Tessin. Das eindrucksvolle Gebäude im Palace-Stil dominiert die Skyline der Stadt am Ceresio, wie der Luganersee auf Italienisch genannt wird. Wer das Hotel betritt, spürt bis heute den Hauch der Geschichte, der dieses Haus umweht. Man schrieb das Jahr 1887, nur fünf Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Scheiteltunnels, als das «Splendide» eröffnet wurde.
«Die Eigentümerschaft glaubt an das touristische Potenzial von Lugano.»
Giuseppe Rossi, General Manager des Hotel Splendide Royal, Lugano
Natürlich wurde das Hotel in all diesen Jahren wiederholt erneuert und geliftet. Der 2019 eröffnete neue Spa-Bereich mitsamt Bankettsaal und Aussenterrasse ist die jüngste Errungenschaft. Doch die bisherigen Eingriffe erscheinen geradezu als Retuschen im Vergleich zur geplanten Erneuerung beziehungsweise Erweiterung. Der als Nebengebäude erstellte Hoteltrakt, der 1983 eingeweihte «Executive-Flügel», wird ganz abgerissen und durch einen luftigeren Neubau ersetzt, in dem Wohnungen mit Hotelservice entstehen sollen. Die Fassade wird etwas nach hinten versetzt, um strassenseitig Platz für Grünanlagen zu schaffen.
Ein Hotel, zwei Eigentümerschaften, fünf Direktoren
Das «Splendide Royal» ist in jeglicher Hinsicht ein aussergewöhnliches Hotel. Es kennt bis heute nur zwei Eigentümerschaften. Nach der Eröffnung 1887/1888 war dies die Familie Fedele, seit 1977 ist es die Familie Naldi. Auch die Zahl der Direktoren blieb bescheiden – gerade mal fünf waren es bisher. Legendär bleibt Aniello Lauro aus Sorrent, der die Direktion 1977 übernahm und bis zu seinem Tod im Jahre 2008 innehatte. Danach folgte Giuseppe Rossi, der das 5-Sterne-Superior-Haus bis heute als General Manager führt. Das «Splendide Royale» ist mehrfach ausgezeichnet worden. Es gehört zu den Marken Swiss Deluxe Hotels und The Leading Hotels of the World. 2016 erhielt Rossi den «Happy Guest Award» von der Vereinigung Leading Hotels. Das Haus ist zudem Teil des Luxusreisenetzwerks Virtuoso sowie des Programms Fine Hotels & Resorts von American Express.
Dazu kommen zwei Gebäude auf der Nordseite des historischen Hotels, mit neuen, grossen Suiten. Ein Gebäude gewährleistet zu 100 Prozent Seeblick, das andere zu 70 Prozent. Hängende Gärten sollen zu einem grün-ökologischen Erscheinungsbild beitragen. Die neuen Gebäude sollen ausreichend Distanz haben, um dem historischen Palace-Gebäude noch mehr Glanz zu verleihen. Ganz wichtig ist auch eine neue Tiefgarage, welche die notorischen Parkplatzprobleme lösen soll, sowie ein vollkommen neuer Eingangsbereich. «Alles ist darauf ausgelegt, den historischen Teil des Hotels aufzuwerten», sagt General Manager Giuseppe Rossi.
Verantwortlich für das Projekt zeichnet das Luganer Architekturbüro Luca Gazzaniga, das schon die Pläne für das Spa gezeichnet hat. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf rund 25 Millionen Franken. Das ist viel Geld in unsicheren Zeiten. «Die Eigentümerschaft glaubt sehr an das touristische Potenzial von Lugano als Destination für einen sehr gehobenen Tourismus», hält Rossi fest. Die hohe Auslastung in Zeiten der Pandemie habe die Attraktivität des Standorts Lugano für diese Klientel bewiesen. Zugleich will das «Palace» ein «Hotel der Luganesi» bleiben, wo Einheimische ein- und ausgehen, lokale Vereine ihre Nachtessen veranstalten oder auch Hochzeiten stattfinden können.
Bei den Eigentümern handelt es sich um die italienische Hotelierfamilie Naldi, die unter der Marke Roberto Naldi Collection weitere Luxushotels betreibt: das Hotel Splendide Royal in Rom, das Hotel-Resort Parco dei Principi und das Hotel Mancino in Rom sowie das Hotel Splendide Royal in Paris. Das «Splendide Royal» in Lugano erwarben sie 1977.
Geplant wäre, die Umbauten bis 2024 oder 2025 durchzuführen, wobei das Haus im Winter einige Monate komplett geschlossen werden müsste. Die reine Bauzeit beträgt circa 18 Monate. Doch das ist optimistisch gerechnet. Denn mit Einsprachen ist zu rechnen. Das haben bereits kritische Reaktionen von Leserbriefschreibenden zum Projekt gezeigt. Die Stadt Lugano stärkt den Hotelplänen allerdings den Rücken. Dank einer Konvention aus dem Jahr 2020 sichert die Stadt den Besitzern eine höhere Ausnützungsziffer für das Grundstück zu – im Gegenzug verpflichtete sich die Familie Naldi, den Hotelbetrieb mindestens 25 Jahre weiterzuführen.
Das Hotel gekrönter Häupter
Die fünf Gästebücher (Libro d’oro) des Hotel Splendide Royal sind wahre Schätze, daher lagern sie auch im Hoteltresor. Sie dokumentieren die Besuche berühmter Gäste. Blaublüter und gekrönte Häupter trugen sich ab 1904 in die Bücher ein: Prinz Leopold von Preussen, der Savoyer Vittorio Emanuele, Prinzen und Prinzessinen aus Dänemark. Es waren so viele, dass das Hotel Splendide 1956 den Beinamen «Royal» bekam.
Später kamen der Schah von Persien, Reza Pahlavi, König Fahd oder Aga Khan, Politgrössen wie Willy Brandt und François Mitterrand, Künstler und Filmstars wie Luciano Pavarotti, Ray Charles, Sophia Loren oder Woody Allen. US-Ex-Präsident George Bush senior war auch schon da. «Feel very much at home», schrieb er ins Buch. 2005 schaute Prinz Philip vorbei, 2011 Stéphanie von Monaco.
Natürlich gibt es auch kuriose Geschichten. Etwa über die Mutter des Barons Heinrich von Thyssen, die verlangte, die Stuckdecke mit Tüchern abzudecken, weil sie keine Fresken und Bilder mehr ertragen konnte. Oder über König Faruk von Ägypten, der angeblich stets einen grossen Diamanten unters Kopfkissen legte, wenn ihn eine Zufallsbekanntschaft aufs Zimmer begleitete. Fand die Dame den Diamanten, durfte sie ihn behalten.
Gerhard Lob