Das Hotelzimmer ist das eigentliche Kernprodukt eines jeden Hotels. Hier werden die Logiernächte generiert, hier erzielt der Hotelier im Idealfall auch seinen Profit. Dass es aber gerade um dieses Kernprodukt in der Schweizer Hotellerie nicht bestens bestellt ist, zeigt ein Blick in die Trust-you-Bewertungsstatistik: In allen Sternekategorien liegt die Note fürs Zimmer unter der Gesamtnote, und das meist sehr deutlich: 25 Prozent waren es im März bei den 2-Sterne-Betrieben, 20 Prozent bei den 3-Sterne-Hotels. Aber auch bei den 5-Sterne-Hotels bewertete der Gast das Zimmer unterm Strich noch um 15 Prozent schlechter als das Gesamthaus. Gastronomie und Service geben die Gäste dagegen in allen Kategorien bessere Noten. Die Zuteilung der Bewertungen erfolgte mithilfe semantischer Sprachanalyse-Software.
Grund genug, sich mit dem Thema «Hotelzimmer» intensiver zu befassen. Die htr hotel revue lud namhafte Vertreter aus der Branche deshalb zum Tischgespräch: Einrichter, Ausstatter, Innenarchitekten und einen Lead-Auditor von hotelleriesuisse. Gemeinsam ging man der Frage nach, wie es um das Produkt «Hotelzimmer» nun wirklich steht: Wie sollte man investieren? Was muss ein gutes Hotelzimmer bieten, auf was kann man verzichten?[IMG 2]
Schweizer Produkte sind auch bei der Einrichtung im Trend
Dass man auch bei der Einrichtung auf Swissness setzen kann, zeigte schon die Auswahl der Gesprächspartner: Mit Stephan Hirt, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schwob AG, Roland Walker, Geschäftsleiter und Mitinhaber der Beck Konzept AG, und Marcel Flury, Leiter Key Account Management bei der Wilhelm Schmidlin AG, waren drei Firmen präsent, welche Hotelausstattung für Schweizer Hotels auch in der Schweiz produzieren. Swissness sei bei der Einrichtung ein neuer Trend, betonte Stephan Hirt: «Der Gast will wieder wissen, was er isst, was auf den Teller kommt, aber eben auch, woher die Textilien im Hotel kommen oder auch, wer dieses Zimmer mitgestaltet hat.» Viele Gäste bestellten die Bett- und Frotteewäsche aufgrund der guten Erfahrung dann über das Hotel auch für zu Hause. «Dies ist für mich ein klares Zeichen, dass der Gast die Schweizer Qualität definitiv wahrnimmt.»[IMG 2]
Swissness sei bei den Hoteliers wieder mehr gefragt, beobachtet auch hotelleriesuisse-Lead-Auditor Roland Mattman – vor allem bei kleineren, familiengeführten Betrieben. Denn ein Schweizer Hersteller kann individueller auf die Bedürfnisse seiner Kunden eingehen. So biete man bei der Beck Konzept AG eine «industrielle Einzelstückfertigung», erklärt Roland Walker: Also ein individuell designtes Zimmer in Serie hergestellt, was zudem die Kosten entsprechend senkt.
Vorteil eins: Schweizer Hersteller bieten kürzere Lieferzeiten
Die immer kürzere Zeit zwischen behördlicher Baubewilligung und Eröffnungszeit drückt auf die Lieferfristen. Inwieweit dabei Schweizer Hersteller von Vorteil sind oder nicht, darüber gingen die Meinungen auseinander: «Müssen grosse Investitionen in kurzer Zeit gemacht werden, vermögen Schweizer Unternehmen dies oft nicht zu leisten», so der Eindruck von Roland Mattmann. Stephan Hirt macht die gegenteilige Erfahrung: «In China beträgt die Lieferfrist vielleicht sechs Monate, in Indien ist es ähnlich. Wir in der Schweiz produzieren in acht bis neun Wochen.»
[IMG 3]Vorteil zwei: am Ende nicht teurer
Welche Produzenten zum Zuge kommen, entscheiden meistens der Investor und der Preis. «Man muss hierbei zwischen Investoren aus der Schweiz und internationalen Investoren unterscheiden», verdeutlichte Guido Henzmann, Geschäftsleitung und Inhaber der Ligno in-Raum AG. Ausländische Investoren würden Schweizer Produzenten zum einen gar nicht kennen. Zum anderen hätten internationalen Ketten ein so straffes Budget, dass Schweizer Player gar nicht mithalten könnten. Roland Walker: «Für einen Investor, besonders im 4- und 5-Sterne Bereich, geht es primär um den Preis.»
Doch auch das wollte Stephan Hirt so nicht stehen lassen: «Wenn man das Gesamtpaket anschaut, ist ein Schweizer Produkt nicht teurer.» Hirt spielte dabei insbesondere auf die Langlebigkeit der Materialien an: Wird der spätere Unterhalt mit budgetiert, was bei inhabergeführten Betrieben eher der Fall ist, sehe die Kalkulation nämlich ganz anders aus. Zudem besteht bei Schweizer Produktion immer die Möglichkeit auch kleiner Nachbestellungen.
Soft-Lifting oder lieber gleich Neugestaltung aus einem Guss?
Neue Hotelzimmer sind kostspielig; je länger eine Investition hinausgezögert werden kann, umso besser. Für Marcel Flury, Wilhelm Schmidlin AG, wird der Renovationszeitpunkt bereits beim Bau bestimmt. Ein kritischer Punkt für den Key Account Manager des Schweizer Bad-Herstellers sind die Fugen der Nasszellen. Er empfiehlt Duschwannen ohne Silikonfugen. «Dadurch gibt es weniger zu putzen und keine Fugen, die schimmeln. Langfristig zahlt sich der höhere Preis aus.»[IMG 4]
Auch mit zwischenzeitlichen «Faceliftings» lässt sich der Renovationszyklus verlängern. Zum Beispiel mit neuer Bett- oder Frottierwäsche. So könne man alle drei bis fünf Jahre das Hotelzimmer auffrischen: Die Massnahme koste praktisch nichts, der Gast nehme sie aber sofort wahr, so der Schwob-CEO. Eine andere Möglichkeit, so André Brun, Business Development Manager bei Samsung Electronics Switzerland: Bevor man das ganze Zimmer renoviert, den Fernseher austauschen und zum Beispiel durch einen grösseren ersetzen. Roland Mattman sieht das jedoch etwas anders: «Um einen Gast zu überzeugen, braucht es mehr als ein Soft-Lifting.» Guido Henzmann warnt generell vor einer «Pflästerli-Politik» bei der Renovation, und auch Roland Walker empfiehlt einen Umbau aus einem Guss. Ersetze ein Hotelier zum Beispiel alle Sessel in den Zimmern, müsse er diese nach fünf Jahren eventuell wieder wegwerfen, weil sie nicht mehr zum restlichen Zimmer passen.
Sinnvoll: Umbau in Etappen
Von Vorteil kann dagegen ein Umbau in Etappen sein, in dem Sinne, dass immer nur ein Teil der Zimmer renoviert wird. «Dies kostet im Endeffekt vielleicht schon ein bisschen mehr», so Flury, «dafür muss das Hotel nicht geschlossen werden, für den Umbau reicht eine Zwischensaison.» Vor allem könne der Hotelier bei den frisch renovierten Zimmern einen anderen Preis realisieren, meint Roland Walker. «Dadurch kann er dann die Renovierung der weiteren Zimmer finanzieren.» Anders sieht das Roland Mattmann: Renovationen und Investitionen dienen seiner Meinung nach nicht unbedingt dazu, einen höheren Preis zu erzielen. Sondern eher dazu, wiederkehrende Gäste zu halten.
[IMG 5]Was ist nun das Wichtigste für den Gast: das grosszügige Bad, der perfekte Schlaf, der grosse TV?
Schlafqualität ist und bleibt das A und O
Selbst der Key Account Manager des Schweizer Bad-Herstellers, Marcel Flury, meinte: «Für mich ist in einem Hotel das Bett am wichtigsten. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn das Bett nicht gut ist.» Guido Henzmann wand diesbezüglich Schweizer Hotels ein Kränzchen: «Schweizer Hotels bieten im Vergleich zum Ausland einen sehr guten Qualitätsstandard.»
Tipps fürs Hotelzimmer-Design
▶ Alles steht und fällt mit dem Konzept: Ein Umbau oder eine Renovation erfordern professionelle Beratung. Bei der Auswahl der Partner sollte man auf deren Referenzen achten. Wichtig sind Berater mit Schweiz-Kenntnissen, welche die Kostensituation auch beim Unterhalt kennen. Eine Hilfestellung kann das Beraternetzwerk (auf der Homepage) von hotelleriesuisse sein. Man muss nicht unbedingt immer alles neu machen, aber auch kleinere Anpassungen im Design brauchen System.
▶ So kann bei einer veralteten Nasszelle ein Spiegelschrank den Raum grösser erscheinen lassen, mehr Ablageflächen können Komfort vermitteln, neue Armaturen das Duscherleben steigern.
▶ Eine Auswahl an Kissen mit verschiedenen Grössen und Füllmengen vermitteln dem Gast ein Gefühl der Individualität.
▶ Der Fernseher zählt noch immer zur Grundausstattung eines Hotelzimmers. Grösse: mindestens 40 Zoll. Der Gast will seinen Content vom Handy auf den TV bringen und die Möglichkeit eines grösseren Bildschirms nutzen.
▶ Die IT sollte mit dem ganzen Zimmer verschmelzen. Das Design des Zimmers muss im Mittelpunkt stehen, nicht der Fernseher.Im Businesshotel mit Gästen, welche auch tagsüber im Zimmer schlafen, ist es ratsam, Vorhänge ziehen zu können, welche wirklich verdunkeln.
▶ Störend für den Gast sind kleine Lichter am Fernseher oder an den Lichtschaltern. Ebenso wie Lärm, von aussen und vom Korridor.
Die Teilnehmer: Sechs Branchenprofis für die Zimmereinrichtung
[IMG 6]Guido Henzmann
«Keine Pflästerli-Politik beim Umbau.» Guido Henzmann gründete 1996 die Ligno in-Raum AG in Emmen. Die Firma ist ein Gesamtdienstleister für Raumkonzepte. Der Geschäftsleiter ist u.a. gelernter Möbelschreiner.
Stephan Hirt
«Gast will wissen, woher die Wäsche ist.»
Stephan Hirt studierte Betriebswirtschaft und ist seit 2012 Geschäftsführer Schwob AG. Schwob produziert Bett- und Tischwäsche und bietet Mietwäschekomplettservice.[IMG 7]
[IMG 8]Roland Mattmann
«Swissness ist bei Hoteliers wieder gefragt.»
Roland Mattmann ist Lead Auditor der Schweizer Hotelklassifikation bei hotelleriesuisse. Der gelernte Koch leitete zuvor verschiedene Hotels, zuletzt das Belvedere Locarno.
Roland Walker
«Umbau aus einem Guss, aber in Etappen.»
Roland Walker ist seit 2013 Geschäftsleiter der Beck Konzept AG und ist auch Mitinhaber. Walker ist diplomierter Hotelier und schloss noch ein executive MBA ab.[IMG 9]
[IMG 10]André Brun
«Als Soft-Lifting den Fernseher tauschen.»
André Brun ist Business Development Manager bei der Samsung Electronics Switzerland GmbH. Das Unternehmen bietet verschiedene Technologie-Lösungen für Hotels an.
Marcel Flury
«Im Hotel ist mir das Bett am wichtigsten.»
Marcel Flury ist Sanitär-Installateur und seit 2000 bei der Wilhelm Schmidlin AG – Schweizer Hersteller von Duschwannen, Waschtischen etc. – im Aussendienst tätig.[IMG 11]