Was haben eine Lodge, ein Co-Working Space, eine Spielgruppe, eine Gruppenunterkunft und ein Bed & Breakfast gemein? Sie alle sind in einem ehemaligen Schulhaus untergebracht. Und alle haben neue Impulse in eine Berggemeinde gebracht.
Gadmen am Sustenpass: Im Restaurant der «Gadmen Lodge» sitzen die Einheimischen beim Kaffee, während an der Rezeption ein junges Paar aus dem Unterland eincheckt. In der Küche laufen derweil die Vorbereitungen für das Mittagessen auf Hochtouren. Vor zehn Jahren herrschte hier Kindergeschrei. Die heutige Lodge wurde in den 1960er-Jahren als Schulhaus gebaut und auch lange so genutzt.
Doch mit der Abwanderung, die Gadmen besonders hart traf, fehlten die Familien. Im Jahr 2013 musste die Schule aufgegeben werden. Die Gadmer Kinder gehen seither in Innertkirchen in den Unterricht. Im Schulhaus wurden noch die Lehrerwohnungen vermietet, ab und zu fand in einem der Klassenzimmer eine Sitzung statt. Sonst stand es leer. Dass das Gebäude saniert werden und als Lodge samt Restaurant einen neuen Frühling erleben konnte, ist der Verdienst einer neu gegründeten Genossenschaft, bei der fast das ganze Dorf dabei ist – und der Schweizer Berghilfe, die mit ihrer Unterstützung den Umbau ermöglichte.
Die Schweizer Berghilfe ist eine ausschliesslich durch Spenden finanzierte Stiftung mit dem Ziel, die Existenzgrundlagen und Lebensbedingungen der Schweizer Berg- bevölkerung zu verbessern. Die Unterstützung trägt dazu bei, der Abwanderung aus dem Berggebiet entgegenzuwirken. Die Unterstützung der Schweizer Berghilfe löst ein Mehrfa- ches an Investitionen aus, die primär beim lokalen Gewerbe Wertschöpfung und Arbeits- plätze schaffen. Die Schweizer Berghilfe trägt das Gütesiegel der Stiftung Zewo.
«Wir unterstützen solche Umnutzungsprojekte besonders gerne», sagt Kurt Zgraggen, Geschäftsführer der Schweizer Berghilfe. Sie zeigten, dass nicht alles Alte wertlos sei und dass gute Ideen und Improvisationstalent manchmal mehr bewirkten als ein riesiges Baubudget.
Es gehe auch ein bisschen um Psychologie: «Wenn ein für eine Gemeinde so bedeutsames Gebäude wie das Schulhaus leer steht, kann das eine Abwärtsspirale auslösen. Darum ist es ist wichtig, dass darin möglichst bald etwas Neues entsteht.»
Die Beispiele von durch die Berghilfe unterstützten Projekten findet man in der ganzen Schweiz: Im Tessiner Bergdorf Scudellate im Valle di Muggio entsteht zurzeit ein «Albergo Diffuso», also eine Art dezentrales Hotel. Dabei werden im ganzen Dorf verstreute, nicht mehr benutzte Gebäude zu Hotelzimmern – und das ehemalige Schulhaus wurde zum «Ostello», also zur Gruppenunterkunft.
Im Goms, genauer in Ernen, ist im ehemaligen Schulhaus ein Co-Working Space entstanden. Wo früher die Kindergärtler bastelten und Lieder sangen, sitzen heute digitale Nomaden an ihren Bildschirmen. Und in Pinsec im Val d’Anniviers entstand aus dem ehemaligen Dorfschulhaus ein schmuckes, kleines Bed & Breakfast.
In all diesen Gemeinden hat sich nicht nur das Schulhaus wieder mit Leben gefüllt. Das ganze Dorf konnte die Abwärtsspirale durchbrechen. Insgesamt hat die Schweizer Berghilfe im vergangenen Jahr 2021 mit 27.7 Millionen Franken über 800 Projekte unterstützt. (htr/bbe)