Pricing? Pricing!
Florian Bauer referiert am Hospitality Summit zum Thema Pricing. Wie wirkt die Verhaltensökonomie auf die Preisgestaltung? Wie kann man unterschiedliche Preisakzeptanzen ausschöpfen? Welchen Einfluss hat der Preis auf das Kaufverhalten? Wie lässt sich durch strategische Preisoptimierung der Umsatz steigern? Der international gefragte Preisexperte begründet in seinem Referat die innovativen Ansätze der Preisforschung.
Hier gehts zur Video-Zusammenfassung des Referates
Die htr hotelrevue hat im Vorfeld zum Hospitality Summit mit Florian Bauer, Vorstandsmitglied des Beratungsunternehmen Vocatus AG, Honorarprofessor an der TU München und Dozent TUM School of Management «Behavioral Pricing & Selling», ein Interview geführt.
Florian Bauer, was dürfen wir von Ihrem Auftritt am Hospitality Summit erwarten?
Ich werde zeigen, wie man sich das eigentliche Problem der Erarbeitung einer Preisstrategie vorstellen kann. Welche Glaubenssätze sind vielleicht falsch? Wo liegt das Potenzial, wenn Menschen nicht so rational entscheiden, wie das im Lehrbuch steht. Worauf muss man bei der Preisstrategie achten?
Worauf muss man achten?
Leider glauben viele Unternehmen, dass alle Kunden perfekt informiert sind und immer rational entscheiden. Weil sie sich die Gäste falsch vorstellen, ergreifen sie oft falsche strategische Massnahmen. Ich erkläre, wie die Gäste Buchungsentscheide treffen und wie Unternehmer durch die Gestaltung der Strategie die Preisakzeptanz steigern können.
Welchen Fehler machen die Hoteliers?
Viele beschäftigen sich unprofessionell mit dem Preismanagement. Sie arbeiten unregelmässig am Thema und setzen selten Preiserhöhungen durch. Viele gehen nicht segementspezifisch genug vor und geben zu schnell unnötige Rabatte. Die meisten entwickeln die Preise aus den Kosten. Das ist falsch.
Weshalb sollte man die Preise nicht aus den Kosten entwickeln?
Weil den Kunden die Kosten egal sind! In vielen europäischen Ländern sind in den vergangenen Jahren die Kosten drastisch gestiegen. Das nahmen viele als Grund, die Preise zu steigern. Das hat zwar oft gut geklappt, war aber eigentlich der falsche Anlass! Man kann die Preise nur steigern, wenn die Kunden bereit sind, mehr zu bezahlen. Die Kunden zahlen nicht für die Kosten, sondern für einen Wert, den sie erhalten. Das heisst, eigentlich sollte die Frage der Preissteigerung zu jedem Zeitpunkt auf der Tagesordnung stehen und nicht nur, wenn die Kosten steigen.
Wie schätzen Sie die Schweizer Hotellerie in Bezug auf Pricing ein?
Die Hotellerie und der Tourismus sind sich stark schwankende Preise gewöhnt. Die Branche weiss schon, wie mit diesem Hebel umzugehen ist. Ich glaube aber, dass manchmal etwas gar übertrieben wird: Über den Preis nur kurzfristig die Auslastung zu optimieren, verkennt die langfristig negativen Folgen. Aus Kundensicht sind schwankende Preise nicht immer nachvollziehbar.
Sie sprechen das Yield-Management an.
Der reine Yield-Fokus ist ein Problem für die Preisakzeptanz. Die Algorithmen des klassischen Yield-Managements optimieren kurzfristig und vernachlässigen dabei die langfristigen Auswirkungen auf die allgemeine Preisakzeptanz. Menschen mögen Gewohnheiten. Wenn mein Lieblingshotel ein bisschen mehr kostet als alle anderen, habe ich mich daran gewöhnt. Wenn dieses Hotel aber plötzlich anfängt, die Zimmer zu verramschen, gewöhne ich mich als Gast auch wieder daran und bin nicht mehr bereit, den höheren Preis zu bezahlen. Die Preise erodieren langsam und langfristig.
Kann die Hotellerie von den dynamischen Preisen der Bergbahnen lernen?
Man darf es nicht von der technischen Seite her betrachten, sondern man muss wissen, woran Kunden in einer Branche gewöhnt sind und was sie dementsprechend akzeptieren: Preisakzeptanz hat mehr mit Gewohnheit und Fairness als mit harter Logik und Zahlungsbereitschaft zu tun. Es geht also weniger um Logik als um Psycho-Logik. Da kann man viel falsch machen. Die Deutsche Bahn hat beispielsweise einmal ein neues Preissystem eingeführt, das lediglich die Ideen übernahm, die bei Fluggesellschaften schon lange üblich waren. Die enorm negativen Kundenreaktionen haben nicht nur dazu geführt, dass sich Mitglieder des Managements verändert haben, sondern auch, dass die Bahn das Preismodell wieder weitgehend zurückgenommen hat.
Was ist die Grundlage guten Pricings?
Sie müssen die Rolle des Preises im Entscheidungsprozess wirklich verstehen. Wer entscheidet, wer bezahlt und welche Rolle spielt der Preis? Ist es der Trigger oder die letzte Hürde? Bepreisen wir gegen Budget, Preisakzeptanz, Wettbewerber oder Fairness? All das sind Fragen, deren Beantwortung uns bei der Entwicklung besserer Preisstrategien hilft. Diese Fragen können Algorithmen alleine nicht beantworten. Je mehr ich mich davor drücke, diese Fragen zu beantworten, je mehr ich sie an Glaubenssätze oder ans Bauchgefühl delegiere, desto höher wird das Risiko, Potenziale zu verpassen.
Gibt es im Referat Überraschungen?
Sie werden staunen, dass Menschen auf Preise in vorhersagbarer Art irrational reagieren und welche Chancen sich dahinter verbergen.
Zur Person
Florian Bauer studierte Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an der TU Darmstadt, am MIT und an der Harvard University. Nach seiner Promotion über die «Psychologie der Preisstruktur» gründete er 1999 mit zwei Kollegen das Beratungsunternehmen Vocatus AG in München, wo er heute als Vorstandsmitglied tätig ist. Er ist zudem Honorarprofessor an der TU München und lehrt an der TUM School of Management «Behavioral Pricing & Selling».