Die Flugticketabgabe lehnte der Rat mit 93 zu 88 Stimmen bei 8 Enthaltungen ab. Er folgte damit der Mehrheit seiner Kommission und dem Bundesrat. Gegen eine Abgabe hatten sich die SVP und die FDP gestellt, die CVP war gespalten.
Zur Diskussion standen Abgaben zwischen 12 und 30 Franken für Flüge in EU-Länder sowie zwischen 30 und 50 Franken für Flüge in andere Länder. Die Höhe sollte von der Flugdistanz und der Anzahl der beförderten Passagiere abhängen.
Lenkungsabgabe für Airlines
Die Gegnerinnen und Gegner befanden, das Fliegen dürfe nicht zu einem Privileg für Reiche werden. Sie warnten auch davor, dass Passagiere auf andere Flughäfen ausweichen würden. Ausserdem werde der Flugverkehr neu dem Emissionshandel unterstellt.
Das komme einer Lenkungsabgabe gleich, sagte Kommissionssprecher Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO) – nicht für die Passagiere, sondern für die Betreiber. Auch Umweltministerin Doris Leuthard befand, eine Abgabe auf Flugtickets sei nicht zielführend.
Auch in anderen Ländern
Die Befürworterinnen und Befürworter argumentierten, der Flugverkehr dürfe nicht verschont werden. Die Fliegerei trage wesentlich zum Ausstoss von Treibhausgasen bei. Ein Flug von Zürich nach New York verursache 4 Tonnen CO2-Ausstoss pro Passagier, sagte Eric Nussbaumer (SP/BL). Durchschnittlich fliege ein Schweizer einmal im Jahr auf die Kanarischen Inseln und zurück. «Dann muss wenigstens der Preis stimmen.»
Karl Vogler (CSP/OW) wies darauf hin, dass sämtliche Nachbarländer mit Ausnahme von Liechtenstein und viele weitere Länder in irgendeiner Form eine solche Abgabe erhöben. Dass die Passagiere auf andere Flughäfen ausweichen würden, sei damit ausgeschlossen.
Ohne Flugticketabgabe stehe die Schweiz isoliert da. Lisa Mazzone (Grüne/GE) stellte fest, das Fliegen sei in den letzten Jahren immer billiger geworden. «Das ist nicht mehr vernünftig.»
Massnahmen im Strassenverkehr
Der Nationalrat hat am Montag auch über Massnahmen im Strassenverkehr entschieden. Die Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe sind seit 2013 verpflichtet, einen zunehmenden Anteil der CO2-Emissionen aus dem Verkehr zu kompensieren.
Bisher war dieses Instrument auf die Kompensation im Inland ausgerichtet. Ab 2020 soll die zu kompensierende Emissionsmenge erhöht werden. Im Gegenzug könnten auch im Ausland erbrachte Reduktionsleistungen angerechnet werden.
Kostenzuschlag deckeln
Der Anteil der CO2-Emissionen, der kompensiert werden muss, kann bis auf 90 Prozent erhöht werden. Nach dem Willen des Bundesrates sollen mindestens 15 Prozent in der Schweiz kompensiert werden, der Nationalrat will den Inlandanteil bis 2030 allmählich auf 20 Prozent ansteigen lassen.
Die Massnahme verteuert die Treibstoffe. Gleichzeitig will der Nationalrat deshalb den Kostenzuschlag deckeln, und zwar bei 8 Rappen pro Liter. Dies vor allem aus politischen Gründen: Ohne Deckelung werde es in einer möglichen Referendumsabstimmung schwierig, hiess es im Rat.
Nicht kohärent
Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass es nicht aufgehe, den Kostenzuschlag bei 8 Rappen zu deckeln und gleichzeitig zu verlangen, dass 20 Prozent im Inland kompensiert werden müssten. Das hätte nämlich etwa die Wirkung von 13 oder 14 Rappen, stellte Peter Schilliger (FDP/LU) fest. Müller-Altermatt widersprach: Bei einem allmählichen Anstieg auf 20 Prozent im Inland seien die 8 Rappen realistisch.
Der Rat lehnte einen Antrag ab, den Aufschlag bei 13 Rappen zu deckeln. Auch eine Deckelung bei 5 Rappen mit gleichzeitiger Beschränkung der Inlandkompensation auf 10 Prozent verwarf er.
«Denken Sie an die Gelbwesten»
Christian Imark (SVP/SO) plädierte für die 5-Rappen-Variante. Er rief dazu auf, das Fuder nicht zu überladen. Wenn das Benzin zu teuer werde, sei mit einem Referendum und einem Nein des Stimmvolkes zu rechnen. «Denken Sie an die Gelbwesten in Frankreich», sagte Imark.
Wer seine Kompensationspflicht nicht erfüllt, soll dem Bund pro nicht kompensierte Tonne CO2 einen Betrag von 160 Franken entrichten müssen. Das beschloss der Rat mit 95 zu 93 Stimmen.
Der Bundesrat möchte den Betrag bei 320 Franken festsetzen. Auch im Emissionshandel sollen Betreiber für Emissionen, die nicht durch Emissionsrechte gedeckt sind, weniger zahlen als der Bundesrat vorschlägt, nämlich 125 Franken pro Tonne CO2-Äquivalente statt 220 Franken.
Ablehnung angedroht
Am Dienstag wird der Nationalrat das CO2-Gesetz zu Ende beraten. Unter anderem hat er noch über die Höhe der CO2-Abgabe und deren Verwendung zu entscheiden. Die Ratslinke und auch die Mitteparteien zeigten sich am Montag enttäuscht von den bisherigen Entscheiden.
Die GLP und die BDP kündigten an, das Gesetz abzulehnen, wenn der eingeschlagene Weg nicht noch korrigiert werde. Der Sprecher der SP sagte, es werde sicher Nein-Stimmen aus der SP-Fraktion geben in der Gesamtabstimmung, aber man wolle die Ergebnisse der Beratungen in beiden Räten abwarten. Die SVP hatte gar nicht erst auf die Vorlage eintreten wollen. Ob sie nach den Entscheiden das Rates das Gesetz nun annimmt, ist offen. (sda)